Seite:Die Gartenlaube (1863) 444.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)

dem neuen Markte war ein Schaffot errichtet, welches die Drei bestiegen. Der Richter las Jedem sein Urtheil insbesondere vor. Heidekam ward zuerst gerichtet. Sein Urtheil lautete auf ewige Gefängnisstrafe, Verlust seines Adels und sonstiger Rechte. Demzufolge riß der Henker ihm den Degen ab und zerbrach denselben, dessen Stücke er dem Delinquenten vor die Füße warf. Dasselbe geschah mit dem Wappenschilde. Heidekam erhielt vom Henker zwei Ohrfeigen und ward dann mit Fußtritten die Treppe des Blutgerüstes hinabgestoßen. Unten erwartete ihn ein Wagen, der ihn nach Spandau führte. Dort lebte er noch zwei Jahre nach der Schändung, mit seinem erbärmlichen Schicksale ganz zufrieden.

Nach Heidekam’s Aburtheilung wurden Clement und Lehmann mit glühenden Zangen gerissen. Hierauf bewegte sich der Zug wieder durch die Stadt bis zum Hochgerichte vor dem Spandauer Thore. Lehmann ward hier enthauptet und sein Körper geviertheilt. Obgleich Clement der Anstifter der ganzen Scheußlichkeiten war, fiel sein Urtheil dennoch verhältnißmäßig gelinde aus. Er ward nur gehenkt, sein Körper noch an demselben Tage herabgenommen und anständig begraben. – Vielfach ist die Schuld Clement’s angezweifelt worden, allein es läßt sich auch nicht der geringste Beweis beibringen, daß wirklich gegen den König ein hochverrätherisches Unternehmen beabsichtigt worden sei.

Gewiß ist jedoch, daß Friedrich Wilhelm selbst bis zum letzten Augenblicke nicht vollkommen davon überzeugt war, Clement sei ein Betrüger. Er sprach es später offen aus, daß er ihm das Leben geschenkt haben würde, wenn er dem Andringen der beleidigten Höfe, die den Tod des Betrügers verlangten, hätte widerstehen können. Dieses Andringen mag wohl auch der Grund gewesen sein, Clement für ein Opfer der Cabinete zu halten, die sich des unhequemen Spions entledigen wollten, der jedenfalls nur den verdienten Lohn empfing für so manches Elend und Herzeleid, welches sein verruchtes Handwerk über viele Unglückliche gebracht hatte, die wohl noch in der Nacht ihrer Kerker seufzten, als der Betrüger unter dem Stricke des Henkers endete.

Daß der König gegen seine Beamten besonders streng verfuhr, ist erklärlich, und er schenkte dem Heidekam das Leben nur deshalb, weil, wie er sich ausdrückte, für diesen der Tod eine zu gelinde Strafe gewesen wäre. Wie oben bereits angeführt, täuschte sich Friedrich Wilhelm darin aber gänzlich. Heidekam war ganz zufrieden, mit dem Leben davongekommen zu sein. Clement’s Tod machte übrigens allen ferneren Untersuchungen ein Ende. Sämmtliche inhaftirte Personen wurden sofort in Freiheit gesetzt, und bald war die traurige Begebenheit in der Nacht der Vergessenheit begraben.




Die Aufsuchung unterirdischer Quellen.[1]
Von G. Henoch, Bergingenieur.

Mehrere wissenschaftliche Zeitschriften, darunter bergmännische Fachblätter, haben vor noch nicht langer Zeit eine Schwindelei aufzudecken vermeint, als sie gegen das Wirken des Verfassers dieses Aufsatzes auftraten, und ihm und jedem anderen Menschen die Fähigkeit absprachen, den Wasserlauf unter der Erdoberfläche verfolgen, in das Innere der Erde, wie sie sich ausdrückten, sehen zu können. – Mit solchen Angriffen wird nichts bewiesen.

Der Geologe macht bei Aufstellung seiner Schöpfungstheorien wohl gewagtere Schlüsse, als ich bei Bestimmung meiner Brunnenpunkte, und der Bergmann schließt in Folge äußerer Anzeichen auf die Beschaffenheit größerer Tiefen, als solche, in denen der Quellenfinder sein Wasser sucht, beide aber – Geologe und Bergmann – würden es, und gewiß mit Recht, sehr übel nehmen, wollte Jemand ihnen die Fähigkeit absprechen, nach oberirdischen Anzeichen auf unterirdische Verhältnisse mit Anspruch auf Richtigkeit schließen, also gewissermaßen auch in das Erdinnere sehen zu können.

Beleuchten wir vor Allem die Entstehungsart der Quellen etwas näher. Der Lauf der Gewässer auf der Erde ist eine so bekannte Erscheinung, daß wenige Worte hinreichen, sie in allgemeinen Umrissen zu bezeichnen. Aus allen Gewässern der Erdoberfläche, aus dem Meere, aus den Flüssen, aus den Seeen etc. steigen ununterbrochen Wasserdünste in die Atmosphäre, um so mehr, je wärmer oder trockener die Luft, um so weniger, je kälter und feuchter sie ist, verdichten sich dort zu Wolken und kehren als Regen, Schnee, Hagel und Thau wieder auf die Erde zurück. Hier fließen sie von höheren Stellen nach niederen, bilden Bäche, Flüsse etc. und sammeln sich endlich im Meere, den ewigen Kreislauf zu erneuern.

Da aber die Erdoberfläche nicht vollkommen wasserdicht ist, sondern mehr oder weniger Wasser durchläßt, so dringt stets ein Theil der wässerigen Niederschläge in die Erde ein und nimmt einen unterirdischen Lauf. Das bis zu gewissen Tiefen gedrungene Wasser kommt entweder an tieferen Stellen der Erdoberfläche wieder zum Vorschein, oder es setzt seinen unterirdischen Lauf bis zu benachbarten Bächen, Flüssen oder Meeren fort. – Die Meteorwasser also: der Regen, Schnee, Thau etc., das Wasser der Bäche, Flüsse, der Seeen und des Meeres, das schmelzende Eis der Gletscher sind die Gewässer, aus denen die Quellen entstehen.

Je wasserdurchlassender nun die dem Eindringen der Meteorwässer ausgesetzten Erdschichten sind, desto größere Wasserquantitäten werden sie in sich aufnehmen und desto reicher werden sie auch an Quellwassern sein, während eine wasserdichte oder nahezu wasserdichte Oberlage dem größeren Theile der Meteorwässer Zeit zur Verdunstung läßt oder dieselben in Form von oberirdischen Bächen und Flüssen in die Niederungen ableitet. Je ungleichartiger und poröser eine Oberflächenschichte ist, desto wasserdurchlassender ist sie, und desto mehr begünstigt sie eine ergiebige Quellenbildung, und je gleichartiger und dichter das Oberflächengestein ist, desto wasserdichter ist es, und desto geringer ist seine Production an unterirdischen Wasserläufen.

Konglomerate oder Breccien und lose Gebirgsarten, wie Sand und Dammerde, sind demnach die günstigsten Decken für unterirdische Quellen, und man wird auch allenthalben unter diesen die reichsten Wassermassen aufschließen. Die Gesteine haben in den meisten Fällen entweder eine deutliche regelmäßige Schichtung, oder sie sind durch Höhlen, Klüfte, Risse und Sprünge unregelmäßig und oft bis zu bedeutenden Tiefen durchzogen. Diese Structurverhältnisse der Gesteine bewirken, daß Gebirgsmassen, die ihrer Zusammensetzung nach sehr dicht und undurchlässig sind, in vielen Fällen die Quellenbildung äußerst begünstigen, indem sie durch die Zerklüftungen und Schichtenflächen wasserdurchlassend werden; so sind beispielsweise die Kalkgebirge ihrer Zusammensetzung nach so dicht, daß man, wie bekannt, aus Kalk Gefäße macht (Taufbecken, Badewannen etc.), die bestimmt sind, zur Aufbewahrung von Wasser zu dienen, während gerade das Kalkgebirge, in Folge seiner Zerklüftungen, die reichsten und mächtigsten Quellen bildet. Eine genaue Kenntniß der Durchdringbarkeit der einzelnen Gesteine vom Wasser und ein intenstves Studium ihrer Schichtung und Structurverhältnisse, mit einem Worte geognostisches Wissen ist demnach vor Allem das Vorstudium des Quellenfinders.

Ein zweiter Hauptfactor bei den Studien des Quellenfinders ist die Oberflächenbildung. Wenn das Regenwasser auf wasserdurchlassende Erd- und Gesteinsschichten niederfällt, sinkt es in Folge seiner Schwere und flüssigen Beschaffenheit beständig abwärts. Seine Bewegung ist langsam, unmerklich und richtet sich nach den Zwischenräumen des Bodens, den es unterwegs antrifft. Die einzelnen Wassertheilchen treffen zusammen, verbinden sich mit einander, bilden unzählige und kaum bemerkbare Aederchen, die nach und nach wachsen und zu bemerkbaren Wasserfäden werden. Diese Wasserfäden dringen immer tiefer unter die Erde, nehmen andere in verschiedenen Zwischenräumen in sich auf, treffen auf undurchlässige Schichten, deren Neigung sie folgen, und bilden endlich unterirdische Wasserläufe, deren Volumen mit der Entfernung vom Orte ihres Ursprungs wächst. Wenn man also eine Quelle entspringen sieht, darf man sich nicht vorstellen, daß sie unter der Erde in ihrer ganzen Länge einen einzigen horizontalen Wasserlauf mit stets gleichem Volumen bildet. – Jede Quelle ist das Product einer unendlichen Menge von kleinen Wasseradern und Fäden, die sich in einander ergießen, anwachsen und, indem sie weiter vordringen,

  1. Dieser Gegenstand hat, namentlich seit dem Auftreten des bekannten französischen Quellensuchers, die Presse so lebhaft beschäftigt, daß die Redaction es für ihre Pflicht hielt, ihren Lesern die Ansicht eines deutschen Quellenfinders über diese neue Erscheinung von diesem selbst vorlegen zu lassen.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 444. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_444.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)