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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863)


Da aber das Licht in seinem ganzen Wesen doch nur ein Bewegungszustand ist, so hört derjenige Theil des Lichtes, welcher in den Ruhezustand tritt, vollständig auf zu sein.

Jeder Ton hat eine bestimmte Anzahl Schwingungen in der Secunde, der tiefste Baßton macht 16 Schwingungen, der höchste Discantton 8000 in dieser Zeit; zwischen diesen beiden Extremen der musikalischen Töne liegen die Schwingungszahlen aller übrigen Töne, jedem dieser Töne entspricht eine bestimmte Spannung der tönenden Saite. Nehmen wir nun drei oder mehrere Saiten und spannen dieselben so, daß die eine 100, die andere 500, die dritte 1000 Schwingungen in einer Secunde macht, so wird jede dieser Saiten bei dieser bestimmten Spannung stets nur den ihr möglichen bestimmten Ton von sich geben können. Schlagen wir nun auf einem anderen musikalischen Instrumente, welches in einer bestimmten Entfernung von den gespannten Saiten steht, einen Accord an, der jene drei Töne dieser Saiten enthält, so werden diese letzteren, ohne berührt worden zu sein, von selbst in Schwingung kommen und jede einzelne den Ton wiederholen, der in dem angeschlagenen Accorde, ihrer Spannung entsprechend, enthalten war.

Ganz ähnlich wie dieses Mitklingen der nicht berührten Saiten durch einen von fern hertönenden Accord, wo jede mitklingende Saite je nach ihrer besonderen Spannung einen bestimmten Ton aufnimmt und wiederklingt, ist auch das Verhalten der in ihrem Innern verschieden angespannten Körper der Außenwelt unter der fortwährenden Einwirkung der mächtigen Lichtaccorde, die von der Sonne mittelbar oder unmittelbar auf sie niederströmen. Alle denkbaren Lichttöne (Farben) sind in diesen der Sonne entströmenden Lichtaccorden enthalten, und jeder Körper nimmt nur den Ton auf, der seiner besonderen Bestimmung (Lichtelasticität) entspricht, und klingt nur diesen Lichtton nach. Durch diese verschiedenartige Lichtspannung der Körper entstehen demnach die so verschiedenartigen Färbungen, die wir im Lichte an diesen Körpern wahrnehmen, und deswegen sehen wir ihre Farbe auch nur im Lichte. Je heller das Licht, desto stärker treten die Farbenunterschiede hervor, und wo kein Licht ist, da kann auch keine Farbe sein; im Finstern sind die Körper also nicht farbig, und es existirt gar kein Farbestoff. – Sowie es nun Körper giebt, welche beim Anschlagen keinen Ton von sich geben, so giebt es auch solche ohne Lichtelasticität, welche gar keinen Lichtton von sich geben können, wie die Kohle und andere schwarze Gegenstände, die also das Licht weder zurückwerfen, noch durch sich hindurchlassen. Diese Körper besitzen häufig jedoch noch einen Elasticitätsgrad, der ausreichend ist, um die weit weniger energischen Schwingungen der Wärme wiedergeben zu können, und der beständige Anprall der Lichtwellen mag die Wärmeschwingungen in ihnen noch steigern, woher es kommt, daß diese Körper, wenn sie den Sonnenstrahlen ausgesetzt werden, sich leichter erhitzen als solche Körper, welche die Lichtstrahlen in einer oder der andern Weise wiederzugeben vermögen. – Noch andere Körper haben eine so starke Lichtelasticität, daß sie die Lichtschwingungen noch lange fortvibriren, nachdem das Licht aufgehört hat, sie durch Bescheinen zur Activität anzuregen. Solche Körper werden noch nach Sonnenuntergang in die Nacht hinein leuchten können, wie die sogenannten phosphorescirenden Körper (faules Holz, Diamant).

Daß die Fähigkeit Licht fortzupflanzen nicht in den chemischen Stoffen oder Elementarstoffen, welche die Körper zusammensetzen, liegt, zeigt am deutlichsten der Kohlenstoff, welcher als Diamant die höchste Lichtelasticität besitzt, während die Kohle das Licht gar nicht fortpflanzt. Aehnliches findet sich bei allen Metallen, welche in gediegener Form für das Licht schon in geringen Dicken undurchdringlich sind, während sie in ihrer Verbindung mit Sauerstoff so lichtelastisch werden, daß sie Lichtwellen mehr oder weniger vollkommen wiederzugeben im Stande sind.




Schwabendichterstreiche.
Eine Jugenderinnerung von Ludwig Storch.

Selbst wenn das Bild bedeutender Menschen historisch und psychologisch schon festgestellt und vom klarsten Licht beleuchtet ist, wird man gern noch einzelne kleine und feine Züge darin nachtragen sehen, die seine Wahrheit bestätigen und seine Treue vervollkommnen. Ich bin im Stande, einen solchen kleinen, aber höchst liebenswürdigen Zug zu Ludwig Uhland’s historischem Portrait zu liefern, welcher zwar keine neuen Aufschlüsse über den vortrefflichen Charakter des als Dichter und Mensch gleich großen Mannes zu geben vermag, den vorhandnen aber vollkommen entspricht.

Ich hatte im Jahre 1826, während eines einjährigen Aufenthaltes in Leipzig, als angehender schüchterner Schriftsteller vorübergehend die Bekanntschaft eines thüringischen Landsmannes von mir gemacht, der zwar mit mir in gleichem Alter stand, auf der Schriftftellerlaufbahn aber – wenigstens wie ich damals glaubte – Riesenschritte vor mir vorausgemacht hatte, und zu dem ich mit einer Art ehrfurchtsvollem Anstaunen emporsah. Dies war der Dichter E.... G...., dessen Namen freilich heutzutage Niemand mehr kennen dürfte, der jedoch zu jener Zeit nichtsdestoweniger einiges Aufsehen machte. Er war aus Mühlhausen in Thüringen gebürtig, von armen Eltern niedern Standes und, ich weiß nicht mehr auf welche Weise, als Knabe auf das Gymnasium nach Hannover und in das Haus eines Consistorialraths gekommen, von dessen Unterstützung er gelebt hatte. Dafür hatte er mit der kleinen hübschen Tochter seines Wohlthäters ein heimliches Verhältniß gepflegt. Die beiden jungen Leute hatten, kaum zwanzig Jahre alt, die Flucht nach Leipzig ergriffen und hier ihre eheliche Verbindung ermöglicht. Herr G. hatte zu jener Zeit schon ein Trauerspiel „Graf Waldemar“ (wenn ich den Titel recht behalten habe) veröffentlicht, in welchem Sachverständige ein nicht unbedeutendes poetisches Talent erkennen wollten.

Zu Leipzig hatte G. die Bekanntschaft H...... S....... gemacht, der kurz vorher von Göttingen gekommen war und im schönsten Liebesfrühling mit seiner nachherigen Gattin stand. S....... war mit G. in gleichem Alter, und die beiden jungen Dichter schlossen einen Freundschaftsbund, dessen schönste Blüthe ein Band „Griechenlieder“ war. Es war die Zeit der Schwärmerei für die junge Hellenenfreiheit, von der man damals nur erst die Lichtseite kannte. Die Gedichte von S....... und G. gaben dieser Schwärmerei einen würdigen schwungvollen Ausdruck und machten deshalb Glück.

Die beiden Dichter hatten nicht unterlassen, ihr Werk an die damaligen Koryphäen der deutschen schöngeistigen Literatur zu schicken, und unternahmen dann eine Vergnügungsreise in das südliche Deutschland, wo sie in Bayreuth von Jean Paul Friedrich Richter und in Stuttgart von Ludwig Uhland auf das Wohlwollendste aufgenommen wurden. Von dieser Reise erfuhr ich sowohl durch S......., der mein Mitschüler und Freund auf dem Gymnasium zu Gotha gewesen war, als auch später von G. interessante Details, namentlich über ihre Aufnahme bei Uhland.

Ohngefähr ein Jahr später machte G. noch mehr von sich reden durch eine vorgebliche Uebersetzung noch unbekannter Gedichte Byron’s, die er im „Gesellschafter“ abdrucken ließ und womit er selbst gute Kenner von Byron’s Muse dergestalt täuschte, daß sie stürmisch nach den Originalen fragten. Da stellte sich heraus, daß G. der glückliche Nachahmer des Briten gewesen war. So etwas hilft. Herr G. war von nun an ein von den Verlegern gesuchter Schriftsteller. Eine bombastisch geschriebene Geschichte oder Legende der heiligen Ida mit dem geführten Beweise, daß die Sprossen des preußischen Königshauses directe Nachkommen dieser Heiligen seien, brachte ihm ein glänzendes Geschenk des Kronprinzen, nachherigen Königs Friedrich Wilhelm IV., ein. Dieses schnelle Glück machte Herrn G., der ohnedies eine starke Anlage zur Selbstüberschätzung hatte, übermüthig und dünkelhaft. Er spielte den kleinen Goethe und aufgeblasenen literarischen Mäcen gegen angehende Schriftsteller und legte es auf eine förmliche Selbstvergötterung an. In dieser Hinsicht waren die köstlichsten Anekdoten von ihm im Schwange. Unvergleichlich komisch war später Karl Herloßsohn in der Erzählung und Darstellung der carikirt vornehmen Art und Weise, mit welcher er, als mittelloser entsprungener Jesuitenzögling nach Leipzig gekommen, von G. von oben nach unten behandelt worden war. Natürlich erwarb sich G. mit diesem Wesen keine Freunde.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1863).Leipzig: Ernst Keil, 1863, Seite 552. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1863)_552.jpg&oldid=- (Version vom 31.3.2018)