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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

wird vorn und hinten mit Ketten an dieselben festgelegt. Dadurch ist das Fahrzeug gezwungen, vorläufig schwimmend, der Bewegung des Wagens zu folgen. Dieser hebt sich mehr und mehr, drückt sich gegen den Boden des Schiffes und hebt dieses endlich ganz aus dem Wasser (wie unser Bild I. darstellt).

Nr. I. Uebergang vom Canal zur Schiffwagenbahn bei Buchwalde.

Bei der gewöhnlich angewandten Kraft von 121/2 Fuß Umfangsgeschwindigkeit des treibenden Wasserrades (vgl. den Grundriß, wo es mit k bezeichnet ist), legt der Wagen in der Secunde dritthalb Fuß zurück, beim Beginn, beim Ueberschreiten des höchsten Punktes und zum Ende (in Summa ca. ein Drittel des ganzen Weges) jedoch nur einen Fuß in der Secunde, so daß die ganze Strecke von 1530 Fuß in 918 Secunden oder 151/4 Minute zurückgelegt wird. Das Auf- und Abschwimmen der Schiffe nimmt weitere fünf Minuten in Anspruch, so daß in zwanzig Minuten der ganze Uebergang bewerkstelligt, eine sechszehntel Meile zurückgelegt und ein Gefälle von 65 F. überwunden ist. – Wenn wir den halben Weg zurückgelegt haben, treffen wir den andern Wagen, der uns auf dem zweiten Geleise, gleichviel ob belastet oder leer, entgegenkommt. Seine Belastung verringert durchaus nicht die Schnelligkeit unserer Fahrt. Nähert sich dieselbe ihrem Ende, so verschwindet der Wagen nach und nach wieder im Wasser, bis nur noch das Geländer über demselben bleibt, wir fühlen wieder Wasser unter uns, lösen die Ketten unseres Fahrzeugs von dem Wagen, und – weiter geht die Reise.

Die Entfernung des Schiffes aus dem Wasser und der daurch aufgehobene Seitendruck des Wassers auf die Wände desselben übt durchaus keinen schädlichen Einfluß auf die Dauerhaftigkeit und Dichtigkeit des Fahrzeugs, wie man anfangs fürchtete, da dieelben nach der Zeichnung des Herrn Baurath Steenke zu diesem Zwecke besonders construirt sind. Sie haben einen acht Fuß breiten, platten Boden, eine obere Breite von 91/2 Fuß und eine Länge von 78 Fuß. Wohl aber würde es den Fahrzeugen schädlich sein, wenn sie mit dem einen Ende früher auflegten, als mit dem anderen, da hierdurch die Schiffe in ihrer ganzen Länge gezogen würden. Um dieses zu vermeiden, ist es nöthig, daß die Wagen so lange, bis das Fahrzeug festliegt, in ihrer Bewegung stets horizontal bleiben, und dies ist durch eine einfache, höchst sinnreiche Construction erlangt.

Je zwei Räderpaare bilden ein System und die Achsen des einen sind um eine Felgenbreite länger, als die des andern. Im Oberwasser (vgl. den Grundriß, wo a das Ober-, b das Unterwasser bedeutet) liegt außerhalb der durchgehenden Schienen, um eine halbe Felgenbreite von diesen entfernt, ein zweites Paar Schienen, die anfangs horizontal fortgehen, während die durchlaufenden sich senken, dann aber fünfzehn Zoll höher als diese mit ihnen parallel laufen. Im Unterwasser befindet sich ein zweites solches Schienenpaar innerhalb der durchgehenden Schienen. Außerhalb des Wassers aber läuft, wie gesagt, nur ein Schienenstrang für jeden Wagen. Die Felgenbreite der Räder ist in drei Theile getheilt. Der mittelste Theil gehört der Bremsvorrichtung. Die Benutzung der äußeren Theile wird sogleich klar werden. Bewegt sich der Wagen außerhalb des Wassers auf den durchlaufenden Schienen, so ruhen die vier Vorderräder auf ihren äußeren Felgentheilen, die vier Hinterräder, deren Achsen länger sind, auf den inneren Felgentheilen. Im Oberwasser dagegen treten die Hinterräder mit ihren äußeren Theilen auf die äußeren, höheren Schienen, während die Vorderräder auf den niedrigeren Schienen bleiben. Dadurch bekommt der Wagen eine horizontale Stellung. Im Unterwasser dagegen treten die Vorderräder mit ihren inneren Theilen auf die inneren, höheren Schienen, während die Hinterräder auf den niederen Schienen bleiben, und wiederum ist eine horizontale Stellung erreicht. Außerhalb des Wassern nimmt aber der Wagen die Neigung der Ebenen (1:12) an.

Die Fortbewegung der Schiffwagen auf der Eisenbahn geschieht mittelst Drahtseilen auf vertikalen Leitrollen, wie der Grundriß und Bild II sie deutlich zeigt. Wenn nun gleich die arbeitenden Drahtseile eine dreifach größere Last aushalten, als ihnen zu befördern zugemuthet wird, so ist doch für den Fall eines Zerreißens eine Bremsvorrichtung nöthig. Um den mittelsten Felgentheil jedes der acht Räder befindet sich lose ein eisernes Band. Durch eine einzige Schraubenvorrichtung ist man aber im Stande, diese Bänder um die Räder festzuziehen und die Rotation derselben zu hindern, so daß der Wagen ohne jeden anderen Halt auf der „geneigten Ebene“ stehen bleibt. – Jetzt noch einen Besuch im Maschinenhause, wozu wir uns den Grundriß und Bild II vor die Augen halten. Dort haben wir zunächst Gelegenheit zu bewundern, welche geringe Wassermasse genügt, so große Lasten zu fördern. Das Maschinenhaus (l) liegt am oberen Ende der „geneigten Ebene“. An seiner Seite befindet sich ein ganz eisernes Wasserrad (k) von 27 Fuß Durchmesser und 10 Fuß lichter Breite. Es ist rückschlächtig, hat 60 Wasserzellen und 68 Pferdekraft. Beim höchsten Wirkungsgrade consumirt es nur 34 Cubikfuß Wasser in der Secunde. Dieses wird ihm aus dem oberen Canal durch eine Röhrenleitung (i) zugeführt. Das benutzte Wasser wird durch einen kleinen gepflasterten Canal (p) der unterhalb liegenden Canalstrecke zugeführt und dient zu deren Speisung. Das Wasserrad setzt eine gußeiserne Trommel (m) in Bewegung. Diese hat eine Länge von 8 Fuß 4 Zoll und einen Durchmesser von 12 Fuß. Je nachdem der eine Wagen hinunter oder hinauf gehen soll, bewegt sie sich vor- oder rückwärts. An jeder Seite ist ein Drahtseil (x und y) von 11/3 Zoll Stärke befestigt; während das eine sich abwickelt, rollt sich das andere auf. Im Moment der Ruhe bedeckt eines der beiden Seile die Trommel (dasjenige, welches zum obenstehenden Wagen (g) geführt ist), während das andere, mit dem untenstehenden Wagen (h) verbundene, abgewickelt ist. Das nicht an der Trommel befestigte Ende des [auf]gewickelten Seils ist zum Maschinenhause hinaus über verschiedene Leitrollen durch größere Seilscheiben (n, vergl. auch Bild II) in die Mitte des einen Schienenstranges (c) geleitet und am hinteren Ende des oberen Wagens befestigt. Vom vorderen Ende desselben

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_028.jpg&oldid=- (Version vom 14.2.2021)