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verschiedene: Die Gartenlaube (1864)

Friesen bewohnten Küste der Westsee keine besseren Deutschen leben, als nördlich von Tondern und westlich von Christiansfeld, bis hart an die jütische Grenze.

Durch Vermittelung Befreundeter ward alsbald eine Gelegenheit ausgekundschaftet, die unter den gegebenen Verhältnissen nicht besser sein konnte. Zwei Geschäftsreisende wollten, trotz Krieg und Kriegsgefahr, die nämliche Straße ziehen. Sie hatten sich bereits in den Besitz eines Fuhrwerkes gesetzt und warteten nur einen Moment eintretender Ruhe ab, um rascher vorwärts zu kommen und zunächst die nach Bau, dem alten Schlachtfelde von 1848, führende Straße zu erreichen. In Compagnie mit diesen des Landes und der etwas verzwickten Sprache, die im Norden Schleswigs zum Theil das herrschende Idiom bildet, vollkommen kundigen Herren machten wir uns, vier an der Zahl, schließlich auf den Weg. Um unterwegs nicht aufgehalten zu werden, ward für gute Verproviantirung Sorge getragen. Es fehlte uns weder an Brod und Fleisch, noch an Rum und Wein. Mußte also gerastet werden, so war unsere Tafel überall, auch in der jämmerlichsten Hütte unter den „schwarzen Bauern“, ohne Schwierigkeit leicht gedeckt.

Im Sommer oder Herbst ist eine Reise über die endlosen Moore und Haidestrecken der Schleswigschen Geest auf offenem Stuhlwagen interessant und vielfach belehrend. Die Monotonie der Landschaft erhält gerade durch ihre eigenthümliche melancholische Oede, durch das röthliche Braun der Haide und durch die zahllosen tiefen, dunkeln Wassertümpel, zwischen denen hier schwarzer Torf hoch aufgeschichtet liegt, dort die einsamen konischen Hügel alter Heldengräber aufsteigen, einen fesselnden Reiz. Jetzt heulte der Weststurm über verdorrtes, hie und da noch mit Schnee bedecktes Gestrüpp, und Schnee und Regen peitschten uns entgegen. Wir waren aber allesammt guten Muthes und heitersten Humors, und daß wir es blieben, das hatten wir ganz allein dem Kriege zu verdanken. Jeder von uns war ja höchst neugierig, wie sich die Dinge in unmittelbarster Nähe der kämpfenden Heere anlassen würden und mit welchen Augen jenseits der Königsau das Volk harmlose Reisende, die nicht einmal einen versteckten Revolver bei sich führten, ansehen würde.

Einquartierung in der Küche.
Originalzeichnung unsers Specialartisten Otto Günther.

Im westlichen Theile des Amtes Hadersleben geht es auf dem Lande mit der deutschen Sprache großentheils zu Ende, nicht aber mit der deutschen Gesinnung. Es ist ein Irrthum, wenn von vielen Seiten behauptet wird, die Einwohner der Nordhälfte Schleswigs seien dänisch und sprächen dänisch. Ihre Sympathien gehören, soweit es nicht eingewanderte Jüten sind, die sich vor kürzerer oder längerer Zeit überall im Lande seßhaft machten, Deutschland. Alle sprachen mit demselben Enthusiasmus von ihrem Herzoge Friedrich VIII. und beklagten sich eben so bitter über die Tyrannei der dänischen Beamten, deren leider noch eine Unzahl fest auf ihren fetten Pfründen sitzt, wie die Angeliter und Schwansener. Dänisch aber reden diese Leute ebensowenig, wie Deutsch. Auf Plattdeutsch konnte man sich Vielen verständlich machen, obwohl es nicht Allen mehr geläufig ist. Das allgemein gebräuchliche Idiom, das man häufig auch schon in Flensburg hört, ist das Platt- oder Rabendänische, das Manche auch Wasserdänisch nennen. Dieser verdorbene und äußerst schlecht klingende Dialekt, eine Abart des Dänischen, welche der Inseldäne ebensowenig wie der Hochdeutsche versteht, ist hier die Umgangs- oder Verkehrssprache auf dem Lande. Nur glaube man ja nicht, daß Niemand Deutsch verstehe oder

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verschiedene: Die Gartenlaube (1864). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1864, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1864)_237.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)