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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

Die Schwimmkörper der Kabelstationen sind nach dem Princip von Bauer’s Taucherkammer, Küstenbrander, Brandtaucher, also überhaupt nach dem seiner unterseeischen Apparate construirt. Der eiserne Körper ist luftdicht verschlossen und auch das auf demselben angebrachte Thürmchen zum luftdichten Verschluss eingerichtet. In Nummer I. sehen wir den Durchschnitt der ganzen Station, wie sie bei ruhigem Meer an der Oberfläche schwimmt. Das Telegraphenkabel mündet zu beiden Seiten in dieselbe (wie auf Nr. II. deutlicher zu sehen), der Telegraphist sitzt an der Arbeit. Die Schraube zur Linken am Schwimmkörper ist eine Steuerschraube. Neben derselben schwimmt an der Oberfläche eine Boye, die bei Nacht ein elektrisches Licht über die Wogen hinwirft und dem Schiffer auf hohem Meer die Lage der Station und des Kabels anzeigt. Auch ist auf dem Lugthürmchen noch eine Vorrichtung für ein Wechsellicht von Weiß, Blau und Roth angebracht. Am untersten Theil des Körpers läuft von der Ankerwinde die Kette in die Tiefe. Neben derselben sind Behältnisse für Ballast. Zwischen dem Fuß des Thürmchens und dem Boden des runden Eisenkörpers sehen wir durch Schraffirung ein Bassin angedeutet, das uns zu unserm zweiten Bilde führt. Tritt nämlich ein Sturm ein, dessen Wogenschlag dem Stationsfahrzeng gefährlich werden könnte, so wird dieses Bassin so weit mit Wasser gefüllt, bis dessen Schwere den ganzen Apparat bis zu einer Tiefe von fünfzig bis sechszig Fuß sinken macht, d. h. also tief genug, um ihn aus dem Bereich der Sturmwellenbewegung zu entfernen. Nur die Boye mit dem elektrischen Licht bleibt am Niveau, um den Stationsort und Kabellauf anzuzeigen. Es versteht sich von selbst, daß eine solche Station gut verproviantirt sein muß; die Luft im Innern kann jederzeit durch eine sehr einfache Vorrichtung erneut werden. Ist der Sturm vorüber, so wird das Wasser mittels Pumpen wieder in’s Meer getrieben, der Apparat steigt wieder an das Licht der Sonne und nur für besondere Fälle (z. B. Unfall an den Pumpen) ist auch der Abwerfballast vom Stationskörper loszulösen, um die Erhebung des letztern zu beschleunigen.

Endlich kommen wir noch zu einem ganz besonderen Vorzug des Bauer’schen Kabellegesystems vor dem bisherigen durch die Verbindung desselben mit der unterseeischen Schifffahrt. Bei einer Kabelballonbahn von zweihundert Fuß durchschnittlicher Tiefe ist es nämlich möglich, daß ein Bauer’sches unterseeisches Schiff, wie er es aus seinem Brandtaucher und Küstenbrander für den friedlichen Gebrauch als Reise- und Naturforscherboot construirt hat, zu bestimmten Zeiten eine Inspectionsfahrt das ganze Kabel entlang vollbringen kann. Wie ein Eisenbahninspector seine Linie begeht, so kann von Station zu Station das Kabelwachtschiff seine Tour machen, um den Zustand der gesammten Apparate zu prüfen und vielleicht manchem kostspieligen Schaden zuvorzukommen. Wird aber eine Verletzung des Kabels wahrgenommen, so geschieht diese Wahrnehmung auf zwei Stationen zugleich, zwischen welchen vom Kabelwachtschiff die Verletzungsstelle zu suchen ist. Es braucht dann nicht das Kabel, wie jetzt, in vielleicht Tausenden von Fußen Tiefe mühsam gesucht und viele Meilen weit an die Oberfläche gerissen und gezerrt zu werden, um gerädert und gedehnt und gebrochen oben anzukommen, jeder Reparatur unfähig, sondern die Taucherkammer setzt sich in Verbindung mit dem Kabelwachtschiff, das sich auf die Oberfläche des Meeres begiebt; es muß Luftpumpen und Schläuche stets bei sich führen; die Taucherkammer übernimmt die Ballonsschrauben mit den an sie befestigten Schläuchen, fährt damit zu den Kabeltrageballons und befestigt sie an diese, worauf eine Reihe von Ballons zu beiden Seiten der beschädigten Kabelstelle vollständig mit Luft gefüllt werden; sie steigen nun ruhig mit dem Kabel an die Oberfläche, wo die Reparatur zu bewerkstelligen ist, worauf aus den Ballons wieder so viel Luft entlassen wird, bis sie ihre alte Stelle in der Tiefe einnehmen.

Bei weiterer Ausbildung dieses Systems wird man sicherlich einst jeder Kabelstation ein Kabelwachtschiff beigeben, das, außer seinem Dienst für die Sicherheit des Kabels auch der Mannschaft in Nothfällen zur Rettung dienen, vor Allem aber manchem Schiffbrüchigen zu Hülfe kommen kann.

Das ist das Bauer’sche unterseeische Kabel[1] im Bunde mit der unterseeischen Schifffahrt. – Es wird, nach der Verwunderung über die Kühnheit der Idee, viel Kopfschüttelns erregen; man wird fragen: wo sollen die Menschen herkommen, die sich zu solchen Dienstleistungen auf Kabelstationen und unterseeischen Schiffen hergeben? man wird sagen: die Kosten einer solchen Einrichtung sind unerschwinglich! – Was das Erstere betrifft, so hat es Bauer bei seinen gleichen Unternehmungen weder in Kiel, noch in Rußland, noch am Bodensee an muthigen Männern gefehlt; es meldeten sich stets mehr, als er verwenden konnte. Und die Kosten? Man berechne die Summen, welche die verlorenen Kabel verschlangen und – nach der Prophezeiung der Kabelautorität Siemens – bei den unergründlichen Gefahren des Meeresbodens noch fort und fort verschlingen werden; man berechne, daß Taucherkammer und unterseeische Fahrtenschiffe zugleich anderweit zu sehr einträglichen industriellen und nutzreichen wissenschaftlichen Unternehmungen (Perlen- und Korallenfischerei, Fischfang im großartigsten Styl, unterseeische Bauten, Naturforschung etc.) zu verwenden sind; man berechne die Einnahme der Stationsdepeschen und die Billigkeit der Kabelreparaturen; man berechne die gesteigerte Einnahme durch die Raschheit und Sicherheit des telegraphischen Verkehrs zwischen der alten und der neuen Welt, – und man wird vor den Millionen, welche die erste Ausführung des großen Gedankens in Anspruch nimmt, nicht mehr zurückschrecken. Wenn Europa und Amerika sich die Hand reichen wollen und wenn dieser Weg als der sicherste, ja vielleicht einzig mögliche dazu erkannt wird, so werden auch die Millionen nicht fehlen, weil sie Nichts wiegen gegen das große Ziel, das die Menschheit durch diese innigste Verbindung der Geister zweier Welttheile erreichen soll.

Friedrich Hofmann.




Blätter und Blüthen.


Geisterhumbug in Paris. Auch in diesem Jahre erbarmte sich der Himmel der in dem modernen Babylon sich langweilenden Sterblichen und sandte den in ihrer Noth nach Neuem und Aufregendem, wie der Ertrinkende nach dem Strohhalm, haschenden Parisern die Gebrüder Davenport, die amerikanischen Geisterbeschwörer, Medien oder wie sie sich sonst nennen mögen. Paris ist gerettet, der ersehnte Stoff zur Unterhaltung ist gefunden. „Haben Sie die Gebrüder Davenport gesehen? Was halten Sie von ihnen? Sind es nur geschickte Taschenspieler oder sollte wirklich etwas Wahres an ihrer Geisterlehre sein?“ so fragt man sich nun seit fast drei Wochen an allen Punkten der Stadt. Wer auf diese Weise in einer Stadt, die sich gern die erste Stadt der Welt nennt, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken im Stande ist, verdient wohl, daß man sich etwas ausführlicher mit ihm beschäftigt.

Die vor einer Reihe von Jahren in Europa spukenden Tischrücker und Geisterklopfer haben bekanntlich in dem gastlichen Amerika eine Zufluchtsstätte gesunden. In einem Lande, wo das Lächerliche sich dreist neben dem Erhabenen zeigt, wo Barnum, der Wundermann, Washington’s Amme für Geld sehen läßt und bei ähnlicher Industrie Reichthümer über Reichthümer erwirbt, da kommt es auf ein paar Excentricitäten mehr oder weniger nicht an. Wir konnten also die Geisterklopfer und Medien unbeachtet lassen, so lange sie ihre Thätigkeit auf ihr neues Vaterland beschränkten. Jetzt aber, da uns Amerika zwei junge und eifrige Apostel herübersendet, um uns von Neuem mit der hier ganz in Vergessenheit gerathenen Geisterklopferei zu beglücken, jetzt ändert sich die Sache.

Charakteristisch ist, daß weder die Brüder Davenport, noch andere sogenannte Medien sich genau über die Art und Weise ihres Verkehrs mit der Geisterwelt aussprechen. „Unsere Lehre ist neu und noch höchst unvollkommen. Wir tappen selbst im Dunkeln. Wir wissen nichts, wir fühlen nur außer uns gewisse uns unbekannte und unerklärliche Kräfte, die wir zu gewissen Zeiten durch unser bloßes Wollen uns unterthänig machen.“ So ungefähr sind die geheimnißvollen Auslassungen dieser neuen Sectirer, die dann der gläubige Chor der Getreuen zu einem trefflichen, vollständig ausgearbeiteten System ergänzt. Man spricht von den Geistern der Abgeschiedenen, man citirt Moses oder Mohammed, um eine Unterhaltung mit ihnen anzuknüpfen, und es fehlt nur noch, daß man die Geister mit eigenen Sinnen sieht und fühlt, um über ihr Dasein und ihre gefällige Bereitwilligkeit außer allem Zweifel zu sein. Die Gebrüder Davenport erklären sich, wie gesagt, in dieser Beziehung selbst vollkommen unwissend und beantworten alle darüber an sie gerichteten Fragen nur mit den Worten: „Kommt und seht.“ Die Vorstellungen, welche zuerst in einem Privatcirkel vor einem den besten Kreisen der Gesellschaft angehörigen kleinen Publicum stattfanden, begannen vor ungefähr drei Wochen in einem der eleganten Landhäuser der Rue de la Pompe in Passy, unweit Paris. Ein sehr achtbarer, vollkommenen Glauben verdienender Augenzeuge berichtet über eine dieser ersten Sitzungen das Folgende:

„Einer erhaltenen Einladung zufolge begab ich mich Montag Abend, begleitet von meinem Freunde O., in das Landhaus des Herrn D., des gastfreundlichen Wirthes der Brüder Davenport. Man führte uns in das zur Vorstellung bestimmte Zimmer und ließ uns unserm Wunsche gemäß allein, um uns, die wir als Skeptiker vom reinsten Wasser bekannt waren,

  1. Ueber Construction und bisherige Legungsart unterseeischer Kabel geben wir, wenn erwünscht, einen besondern instructiven Artikel.
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verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 670. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_670.jpg&oldid=- (Version vom 11.6.2023)