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verschiedene: Die Gartenlaube (1866)

Künstlerneid.
Nach einem Oelgemälde von H. Schaumann in München.

und auf der Eingangsthür links vom Römer liest man noch jetzt: „Zum alten Limpurg“.

Beide Gesellschaften gewannen im Laufe der Zeit großes Ansehen und noch größere politische Macht. Ihre Mitglieder wußten sich der wichtigsten Aemter und einträglichsten Pfründen zu bemächtigen. Bald betrachteten sie sich als geborne Gesetzgeber und den Rath als eine Versorgungsanstalt für ihre Söhne, welche sich schon in der Schule vermaßen: „man dürfe sie als künftige Stadtgötter nicht sauer ansehen.“ Namentlich war dies mit den Limpurgern der Fall, die sich mit dem benachbarten Landadel verschwägerten und sich Junker tituliren ließen. Sie wollten die Frauensteiner nicht mehr als ebenbürtig anerkennen, weil diese noch Handel trieben, und verlangten von den Neuaufzunehmenden eine Ahnenprobe:

Denn wer durch Heurath kommt darein,
Muß achtschildig geboren sein,
Vom Vater und der Mutter her.

Andererseits haben sie sich um das Regiment, Wachsthum und die Geltung der Stadt großes Verdienst erworben. Es waren meist Männer, die zu Padua oder Bologna Rechtsstudien getrieben oder doch sonst ihre Römerzüge und ausgedehnte Reisen in’s Ausland unternommen hatten. Die Reformatoren Luther und Melanchthon fanden auf ihren Reisen nach und von Worms in den Häusern hiesiger Patricier eine ehrenvolle Aufnahme und die neuen Lehren unter Letzteren bald Anhänger. Auch erwiesen sich die Geschlechter, besonders die Familien von Holzhausen und von Glauburg, als geschmackvolle und freigebige Förderer von Künstlern und Gelehrten, unter welchen Frankfurt bis in die neueste Zeit hinein manch bedeutenden Namen aufzuweisen hat.

Dennoch lastete diese Familienherrschaft wie ein Joch auf dem Nacken der übrigen Bürger; Nepotismus und Begönnerung waren in ein förmliches System gebracht und die öffentlichen Gelder und Güter wurden oft ohne Scheu und Scham verpraßt. Daher die ewigen Bewegungen und Unruhen der Zünfte und der Bürgerschaft überhaupt gegen den Rath. Der bedeutendste Aufstand geschah 1614 unter Anführung des Lebküchlers Vincenz Fettmilch und hielt sich fast drei Jahre, endigte aber trotzdem mit der Niederwerfung der Empörer, deren Köpfe man noch zu Anfang

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verschiedene: Die Gartenlaube (1866). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1866, Seite 741. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1866)_741.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)