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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869)


– Du bist in der guten Zeit bei uns gewesen, wirst uns in der bösen wohl nit davonlaufen!“

Susi, sich getroffen fühlend, zögerte einen Augenblick, bald aber überwog in ihrem leichtsinnigen Gemüth der Reiz der zu erwartenden Abenteuer über die flüchtige Regung des Bessern – sie eilte den Uebrigen nach.

Die untergehende Sonne goß ihren vollen Goldglanz über den verödeten, wieder einsam gewordenen Platz; es dunkelte stärker – Christel warf noch einen letzten Blick in das Abendroth, das sie umstrahlte, wie eine im Erlöschen begriffene schöne Erinnerung; sie machte noch einen Rundgang durch den Nothstall, wo das gerettete Vieh untergebracht war, und verschwand dann in dem Zubauhause, dessen Thür fest hinter sich verriegelnd.


Aus Auerbach’s „Barfüßele“.

 . . . Amrei stand auf und sagte: „Ich habe aber jetzt noch eine Bitte: lasset mich ein paar Minuten reden, ganz frei. Darf ich?“

 „Ja, warum nicht?“

 „Schaut, Euer Johannes hat mich mitnehmen wollen und zu Euch bringen als Magd, und ich hätt’ auch gern bei Euch gedient zu anderen Zeiten, lieber als sonstwo, jetzt wär’s unehrlich gewesen, und gegen wen ich mein Leben lang ehrlich sein will, dem will ich nicht zum ersten Mal unehrlich mit einer Lüge kommen sein. Jetzt muß Alles sonnenklar sein. Mit einem Wort: der Johannes und ich, wir haben uns von Grund des Herzens gern, und er will mich zur Frau haben …“

 „Oho!“ schrie der Bauer …




Als sie die kleinen Geschäfte des neuen ordnungslosen Haushaltes verrichtet hatte und nach einem Blick auf den in tiefem Schlafe liegenden Vater in die Dachkammer trat, war es fast vollständig Nacht geworden. In dem engen und niedrigen Gemache, dessen Balkendecke mit der Hand zu erreichen war, standen an den beiden Seitenwänden zwei Bettstellen aus unangestrichenem Tannenholz, deren schlichte Einfachheit vollkommen übereinstimmte mit dem ärmlichen Strohsack und der Decke, die das dürftige Lager bildeten; die Mittelwand dazwischen war ganz durch einen großen buntbemalten Kleiderkasten verdeckt, gegenüber an der vierten Seite öffnete ein kleines, mit einem Eisenkreuz verwahrtes Fenster unter dem vorspringenden Hausgiebel hinweg die Aussicht auf den Abhang, an welchem das Gehöfte lag, über die niedrigern Hügel und Waldhäupter in den Nachthimmel hinaus, an dessen westlichem Rande noch ein rother Steifen verglomm, wie als letzte Kohle des erloschenen Sonnenbrands. Trotz der widersprechenden bittern Gefühle, die in den letzten Stunden auf sie eingestürmt, trotz der furchtbaren durchwachten Nacht und des in Leid vergangenen Tages fühlte Christel kein Verlangen nach Ruhe und Schlaf; nachdem sie die kleine Oellampe in der schwarzgerauchten Mauernische niedergestellt, setzte sie sich an’s Fenster und sah, die

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1869). Leipzig: Ernst Keil, 1869, Seite 791. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1869)_791.jpg&oldid=- (Version vom 4.8.2020)