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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)

Platz zum Schreiben, halbverhungert und durstig, ermüdet von körperlichen Strapazen, kann die elastische Natur nicht immer ihren Humor und ihre Gemüthlichkeit bewahren. – Ob Ihnen genügen wird, was ich Ihnen geben kann, weiß ich nicht. Ich halte es für das Beste, wenn ich Ihnen ruhig erzähle, was mir passirte, wobei es an Schilderungen, Charakteristiken etc. nicht fehlen wird; allein ich kann das nicht Alles sondern und in sich selbst abgerundete Artikel daraus machen. –

Letzte Woche war es mir absolut unmöglich, Ihnen einen Brief zu rechter Zeit zuzusenden. Bedenken Sie, daß wir im fremden Lande, die Posten noch nicht hergestellt und die Feldpostbeamten nicht immer so gefällig sind Briefe zu besorgen. –

Transport französischer Gefangener.
Nach der Natur aufgenommen von W. Schaal.

Ich hatte mich in Saarbrücken zu meiner Excursion ausgerüstet. Ich kaufte das einzige Pferd, welches feil war. Es war dies ein fünfthalbjähriger Brauner, der noch nicht geritten war und die schauderhafte Eigenschaft hatte zu „kleben“, das heißt sich stets an Pferde und Wagen anzudrängen, was auf einer mit Geschützen und Militärfuhrwerken aller Art erfüllten Straße äußerst fatal und gefährlich ist. Ein ganz kleines Päckchen, in welchem meine Schreibmappe den größten Platz einnahm, war in Wachstuch eingeschlagen hinten an den Sattel geschnallt und vor demselben lag mein Regenmantel. Und was für einer! Eben angekommen bei Herrn Süßkind in Saarbrücken, gefüttert mit Seide, weit und leicht und bezahlt mit sechszehn Thalern. Reitstiefeln gab es nicht mehr; aber derselbe süße hebräische Deutsche verkaufte mir ein Paar bis über die Kniee reichende Reitgamaschen, die noch jetzt meine Wonne und ein Gegenstand allgemeinen Neides sind. Hätte ich diese nicht, wäre ich längst als Strauchdieb festgehalten worden.

Haben Sie sich je mit einem Vierjährigen gequält? wenn nicht, so verzichten Sie auf die Erfahrung. In Schweiß gebadet kam ich in Forbach an, und als ich den kostbaren Seidengefütterten vom Sattel nahm, glich er dem Kleidungsstücke einer Mumie. Die ganze Pastete war zusammengeklebt und beim Entblättern schälte sich der Gummi ab. Ich ließ also das nutzlose Ding in Forbach und verließ mich auf eine ebenfalls gekaufte rothe wollene Decke. Außerdem besaß ich drei wollene Hemden, einige Paar Strümpfe und Schnupftücher und einen ungefütterten blauen Tuchpaletot. Eine Feldflasche war in ganz Saarbrücken nicht zu haben.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 597. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_597.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)