Seite:Die Gartenlaube (1871) 420.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1871)


an Sie schreibe, noch immer ihren ehernen Mund geöffnet halten und zwar diesmal im Dienste des Brudermordes.

Es ist begreiflich, daß wir unter solchen Umständen gleich in den ersten Tagen unseres Hierseins den friedlichen Leichenacker zum Lieblingsziel unserer Ausflüge machten. Und siehe, der Friedhof dort oben bot uns bald ein Moment von noch viel wichtigerem Interesse, als uns die Einwohner von Meulan erzählten, dort oben sei ein vaterländisches Grabmal, das Grabmal eines in den Befreiungskämpfen gefallenen preußischen Officiers; dieser Officier, vor Versailles im Jahre 1815 zum Tode in die Brust verwundet, sei kurz darauf verschieden und seine zuerst auf der Wahlstatt beerdigte Leiche sei später in voller Uniform hierher übergeführt und beigesetzt worden.

Das Grab von Meulan.
Nach der Natur aufgenommen.

Man suchte und fand in dem östlichen, für Protestanten und Nichtkatholiken bestimmten Theile des Friedhofes einen zerfallenen, von der langen Zeit schon arg beschädigten Leichenstein, der wirklich das Grab des Reiterofficiers August von Crayen, Rittmeisters im brandenburgischen Husarenregimente, bedeckte. Die französisch abgefaßten, theilweise erst nach gründlicher Reinigung des Steines von Moos und Unschlitt erkennbaren Inschriften lauteten, wie folgt. Auf der Frontseite des Steins:

Souvenir.
Auguste de Crayen, né à Leipzig le 10 Juin 1783, Capitaine dans le Régiment des Hussards de Brandenbourg, Chevalier de l’ordre pour le mérite et de la croix de fer de Ier et de IIme classe, mort le 3 Août 1815.

Auf der Kehrseite des Steines stand:

A la mémoire.
Son inconsolable mère prie Dieu de bénir son âme et de lui recueillir dans une autre monde le fruit de ses vertus.

Von nun an wurde der stille Winkel des Friedhofs von Meulan zum Wallfahrtsort für deutsche Krieger und ein Jeder von uns beschaute den verwitterten, tief in den Rasen gesunkenen Gedenkstein eines vergessenen Freiheitskämpfers.

Bald genug aber regte sich in dem deutschen Officiercorps der natürliche Wunsch, dem arg verwahrlosten Grabhügel ihres Cameraden eine würdigere Form zu geben, und Premierlieutenant Fahrenkamp, der Führer der zweiten Compagnie, erklärte sich auf Ansuchen bereit, die Leitung des Ganzen zu übernehmen. Am 6. April war die Wiederherstellung des Gedenksteins, die durchaus von Soldaten der vierten Compagnie in die Hände genommen worden war, vollendet, und als gegen Mittag in Anwesenheit des gesammten Officiercorps, zahlreicher Füsiliere und sogar vieler Einwohner von Meulan die Einweihung des Grabmals vor sich ging, stand dieses, mit Blumen geschmückt, in verjüngter Gestalt da; auf den erneuten Aufsätzen der Aschenurne aber war zu lesen: „Renovirt (1871) vom ersten Bataillon des schleswig-holsteinischen Füsilier-Regiments Nr. 86“ und daneben waren die Insignien angebracht, welche die Brust des braven Todten bei seinen Lebzeiten geschmückt hatten. Gesang und Choralmusik begleiteten die ernste Feier der Einweihung – von dem Thurme des französischen Friedhofes aber läuteten dazu die Kirchenglocken, indeß zu gleicher Zeit das dumpfe Rollen der Kanonade von Paris aus der Ferne vernehmbar ward.


Das Berner „Bureau Felicitas“. Unsere in Nr. 22 ergangene Aufforderung zu Erfahrungsberichten über das so geheimnißvoll sich ankündigende „Bureau Felicitas“ in Bern hat uns eine wahre Sturmfluth von Zusendungen zugezogen, so daß wir nunmehr dringend bitten müssen: damit Einhalt zu thun! –

Die Papiere, welche den Bewerbern, nachdem sie ihrem Achtgroschenbriefe noch die vier Risico-Thaler nachgesandt haben, verabfolgt werden, bestehen in

1) den „Statuten des concessionirten Central-Bureau ‚Felicitas‘ für Güter-Ein- und Verkäufe und Heiraths-Vermittelungen in Bern“. Damit ist der Zweck des Unternehmens klar ausgesprochen;
2) einem „Decret“ der Anstellung;
3) Instruction für die Herren Assistenten etc., welche diesen namentlich zusichert, daß sie nach hundert vermittelten und realisirten Verträgen eine Pension von jährlich sechshundert Thaler auf Lebenszeit erhalten sollen. – Die übrigen Papiere sind Geschäfts-Formulare für die beiden Hauptbranchen des Unternehmens.

Nur Einer der Betheiligten ist sofort an die rechte Schmiede gegangen, insofern er sämmtliche Felicitas-Papiere an den Vertreter des deutschen Reichs in Bern einsandte und diesen um Aufschluß über die Sache ersuchte. Auf Veranlassung der kaiserlich deutschen Gesandtschaft gab der Regierungsstatthalter von Bern folgende Erklärung:

„In Beantwortung Ihrer Anfrage vom 14. dieses Monats habe ich die Ehre Ihnen zu berichten, daß gegen die Firma ‚Felicitas‘ resp. Faulmann u. Co. (Sachse u. Co.) eine ausgedehnte Untersuchung wegen Prellerei durch das hiesige Untersuchungs-Richteramt geführt wird, deren Resultat abzuwarten ist.“

Das wollen auch wir in dieser Angelegenheit thun und hoffen unsern Lesern das Endergebniß recht bald mittheilen zu können.



Für die Verwundeten und die Frauen und Kinder unserer unbemittelten Wehrleute

gingen ferner ein: O. V. P., deutsche Gouvernante in Moskau 5 Rubel; Dr. Möbius in Grünberg (Darmstadt) Vergleichsvertrag 2 Thlr. 23 Ngr. 7 Pf.; P. u. H., Sammlung deutscher Handwerker in Gothenburg 98 Thlr.; Schule zu Erder 3 Thlr.;

Vom Nord, vom Süd, vom Ost, vom West
Kein Deutscher von dem Andern läßt.

3 Thlr.; J. S. in S. 1 Thlr.; A. E. in Prag 5 fl.; S. Hochgesang in Ohrdruff 1 Thlr.; eine Hamburgerin in St. Petersburg 10 Rubel; kleine Gesellschaft in Goebitz 1 Thlr.; aus dem goldenen Ring 1 Thlr.; ein Gefreiter, der seinen Civilverhältnissen wiedergegeben, 1 Thlr.; weiterer Reinertrag des Gedichts „Deutschlands Fürbitter von M. Paar“, durch Luckhardt in Leipzig 23 Thlr. 10 Ngr.; H. Weissert in Drontheim 1 Thlr. 15 Ngr.; erste und zweite Mädchenclasse in Dohna 2 Thlr.; Gesangverein „Concordia“ in Guntersblum 14 Thlr. 9 Ngr.; Angeline Frick u. Isabella Müller in Pest, Ertrag einer Lotterie 10 Thlr.; aus Tammick, von W. W. – Mühlhausen – Delles u. Hausen 10 Rubel; von der Landbauerngemeinde Scharosch bei Großschenk (Siebenbürgen) 11 fl. 50 kr., und vom Leseverein in Scharosch 16 fl. 50 kr., durch Pfarrer Capesius; von einem Sachsen in Siebenbürgen 1 Thlr. 24 Ngr.; die deutsche Quartett-Fraternity in London 5 Pfd. Sterling; deutscher Arbeiterverein in Chur (Schweiz) 110 Frcs. oder 29 Thlr 19½ Ngr.; Ueberschuß bei der Friedensfeier in Rochester, durch H. Engler 44 Thlr.; Graf B. v. D. I. in A. 5 Thlr.; vom Ballcomité in Edelény bei Miskólcz (Ungarn) 40 fl.; Sänger des Liederkranzes in Leisnig 15 Thlr.; Lehrer Fink in Kronstadt 5 fl.; für unnütz gesprochene französische Worte von M. K. u. M. W. 1 Thlr.; von einer Frau in Riga 9 Thlr.; F. R. in Schweden 1 Thlr.; Ruick u. Frau in Newark 5 Dollars; Paul Kiusz in Friedrichshafen 20 Ngr.; Föckerer in Laufen 2 Thlr. 26 Ngr. 3 Pf.; G. Höpfner in Kirchdrauf (Ungarn) 5 Thlr.; Ertrag einer Kegelpartie von V. S. und W. C. 5 Rubel u. 1 Thlr.; Turnverein in Birmingham 73 Thlr. 15 Ngr.; Collecte der Unterofficiere der elften Compagnie des 3. schlesischen Infanterieregiments Nr. 83 in Romainville bei Paris 7 Thlr.; evangelische Gemeinde in Scharosch (Siebenbürgen) durch Pfarrer Müller 20 fl.; der deutsche Verein in Amsterdam 475 fl. n. 1 Thlr.; von einigen Deutschen in Zanesville (Ohio) 220 Thlr.; Schlußresultat der Thätigkeit des deutsch-patriotischen Vereins in Lyons u. Umgegend 166 Thlr. 15 Ngr.; Sammlung der Deutschen in Townsville (Süd-Australien) durch Redacteur Eggers in Adelaide 150 Thlr.; vom Präsidenten der Antwerpener Liedertafel: Collecte bei dem Feste der Friedensfeier 302 Thlr. und von einigen Deutschen in Antwerpen bei Gelegenheit eines Abendessens 8 Thlr.; Ertrag einer Kinderlotterie in Mailand, durch Herrn H. Meyer und Comp. dort 290 Francs 70 Cent.; zwölf Deutsche in Chihuahua in Mexico 1033 Thlr. 25 Ngr.


Durch die neuerdings eingesandten reichen Beiträge unserer braven Landsleute hat die Sammlung der Gartenlaube den Gesammtbetrag von

31,242 Thlr. 3 Ngr. 1 Pf.

erreicht, wovon augenblicklich bereits 21,165 Thlr. 18 Ngr. 8 Pf. verausgabt sind. Auf vielfache Anfragen, namentlich aus Amerika, constatire ich ausdrücklich, daß die eingesandten Gaben nur an die Frauen, Wittwen und Waisen unserer braven Soldaten und Unterofficiere und an die Invaliden und Verwundeten vertheilt wurden und noch vertheilt werden.

Ernst Keil.

Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1871, Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_420.jpg&oldid=- (Version vom 5.4.2018)