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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

Letztere habe ich in Orleans von feinem Filz bereitet gefunden. Der Fuß befindet sich in solchen Schuhen außerordentlich wohl, und es wird keinen Unterschied machen, ob man sich dadurch vor den Estrichfußböden der französischen Wohnstuben mit ihren unzulänglichen Heizapparaten, oder vor dem Schnee und Winterschmutz der deutschen Straßen schützt.

Uebrigens werden wir auch hier an die Wahrheit des Dichterwortes gemahnt:

„Warum in die Weite schweifen, sieh’, das Schöne liegt so nah!“ Denn in der Holzschuhfabrikation stellt auch unser Erzgebirge seinen Mann, und namentlich in eleganten Holzschuhen zeigte die Chemnitzer Gewerbeausstellung von 1867 einen im damaligen Bericht der Gartenlaube besonders hervorgehobenen Reichthum.

So können denn Alt- und Neu-Deutschland in diesem Industriezweig sich die Hände reichen, und je Besseres Beide, dort in der Woll- und hier in der Holzschuhfabrikation leisten, desto kräftiger werden sie, durch die immer weitere Ausbreitung der gesunden Fußtracht, sich gegenseitig unterstützen und heben.

Als Fabrikant der Wollsocken für die Holzschuhe ist uns Herr Jakob Amos in Wasselnheim genannt. Die Ausführung selbst nur der vorzüglichsten Holzschuhfabrikanten dies- und jenseits des deutschen Rheins möchte sich doch wohl besser für eine Industriezeitung, als für die Gartenlaube eignen.


Kleiner Briefkasten.

R. G–bold in München. Was Sie wünschen und suchen, finden Sie wohl am besten und gediegensten in der hier erscheinenden Zeitschrift „Signale für die musikalische Welt“. Denn wenn wir auch Ihre Klagen über die Parteilichkeit und Unzuverlässigkeit der meisten jener Journale, welche sich ausschließlich mit Musik oder Theater beschäftigen, leider begründet finden müssen, so sind doch gerade die „Signale“ in der gesammten musikalischen Welt dafür bekannt, daß sie in ihrem Urtheil mitunter scharf und einschneidend, aber immer unbestechlich, unparteiisch und ehrlich sind. Dafür spricht gewiß auch der Umstand, daß das genannte Journal schon demnächst in der glücklichen Lage ist, seinen dreißigsten Jahrgang beginnen zu können, noch immer unter der bewährten Leitung des Herrn Bartholf Senff, der es vor eben jenem Zeitraum gegründet hat. Die bei einem Preise von zwei Thalern jährlich mindestens in zweiundfünfzig Nummern erscheinenden „Signale“ bringen wohl am raschesten und reichhaltigsten unter allen Wochenschriften dieser Art Berichte über Concert und Oper aus allen namhaften Städten, Personalnachrichten aus der gesammten musikalisch-theatralischen Welt, Opernrepertoires aller Theater von Bedeutung, Biographien und Charakteristiken aller namhaften Tonkünstler der Gegenwart, Engagementsanerbietungen, Kritiken der hervorragenderen musikalischen Erscheinungen etc. Für die Tüchtigkeit des Inhalts dürften Ihnen am ersten und sichersten die Namen der Mitarbeiter bürgen, die den „Signalen“ seit nun dreißig Jahren ihre Beiträge zugewendet haben und unter denen Sie Männer finden wie: Fr. Szarvady, Louis Köhler, Theodor Hagen, E. Bernsdorf, C. Lobe, Carl Banck, Joachim Raff, Aug. Reißmann, M. Hauptmann, J. von Wasielewski, W. v. Lenz, H. v. Bülow etc.


Vermißte Soldaten unseres Krieges.
(Fortsetzung von Nr. 31.)
I. Auskunft

Nur über einen einzigen der in der vorigen (2.) Liste aufgeführten Vermißten ist eine Mittheilung eingetroffen. Herr Karl Fiedler, ehemals Füsilier der 10. Comp. des 94. Reg. Großherzog v. Sachsen, jetzt Wirker in Apolda, schreibt uns, daß er am Abend der Schlacht bei Wörth in das Dorf Dürrenbach bei Hagenau als Lazarethgehülfe commandirt worden sei und dort sei unter den Verwundeten ihm ein blasser junger Mann aufgefallen, welchem eine Kugel den rechten Oberschenkel zerschmettert hatte. „Keine Klage kam über seine Lippen, gefaßt ertrug er sein Schicksal. Gebettet war er in dem kleinen Saale der Mädchenschule zwischen zwei Franzosen. Er sagte mir, er sei ein Meininger, bei Hildburghausen zu Hause und gehöre zur 8. Comp. des 95. Reg. Er war ungefähr in meiner Größe (5’ 4“ 3’’’), hatte blonde Haare und ein blasses längliches Gesicht, ohne Bart, sonst war er sehr stark gebaut. Am Morgen des 7. Aug., wo ich ihn wieder aufsuchte, befand er sich ganz wohl, hatte etwas Essen zu sich genommen und wollte an die Seinigen schreiben. Aus Mattigkeit verschob er dies jedoch auf den folgenden Tag. Mein Anerbieten, seine Angehörigen von seiner Verwundung zu benachrichten, wies er dankend zurück, weil er befürchte, daß man sich zu Hause mehr Sorgen um ihn mache, wenn ein Anderer als er den Brief geschrieben habe. Nach Erneuerung seines Verbandes ging ich meinen übrigen Pflichten nach. Am 8. früh eilte ich wieder in das Schulhaus und zu seinem Bette – es war leer! Still war in der Nacht der Todesengel an ihn herangetreten, ein Braver war weniger. Eine Lehrschwester aus Dürrenbach hatte ihm die Augen zugedrückt. Ich war schmerzlich berührt, ich hatte den jungen Mann liebgewonnen. – Die Todtengräber hatten ihn auf dem Kirchhof, der Schule gegenüber, beerdigt. Vergeblich fragte ich jedoch nach seiner Hinterlassenschaft, um sie an das Etappencommando abzuliefern. Nichts war vorhanden, die blutigen Kleider lagen bei anderen auf einem Haufen im Schulhofe, und auch die Blechmarke hatten sie dem Todten nicht abgenommen. Es ist daher nur eine Vermuthung, wenn ich in dem hier Bestatteten den Hans Hoffmann aus Heldburg bei Hildburghausen glaube erkannt zu haben, den die Gartenlaube als Vermißten aufführt. Vielleicht finden die Angehörigen eine Bestätigung dieser Annahme in meiner Schilderung, und dann möge sie ihnen zum lindernden Trost gereichen.“

Diese Bestätigung ist bereits erfolgt. Der Vater des Vermißten, dem wir den Brief des Herrn Fiedler übersandten, theilte diesem seines Sohnes Photographie mit, in welcher derselbe den in Dürrenbach Begrabenen wiedererkannte.

Für die Angehörigen der Vermißten des 95. Regiments ist eine Notiz der Hildburghäuser „Dorfzeitung“ beachtenswerth, nach welcher am 8. August 1870 noch fünf Soldaten desselben als Leichen in der Gunstädter Flur aufgefunden und beerdigt worden sind und zwar: von der 2. Comp. Nr. 112, von der 3. Comp. Nr. 42, von der 5. Comp. Nr. 81 und von der 6. Comp. Nr. 131 und 198. Nähere Auskunft ertheilt der Maire von Gunstädt.

II. Fortsetzung und Schluß der Liste.

18) Gustav Emil am Ende, Sachse, aus Radeburg, beim 5. k. sächs. Inf.-Reg. Nr. 104, 11. Comp.; am 30. Novbr. vor Paris schwer verwundet, anfangs todt gesagt, nach späteren Nachrichten von Cameraden im Pontonschuppenlazareth zu Sainte Marie bei Metz, aber nach der Räumung dieses Lazareths verschollen. Seine den Siebzigen nahen Eltern bitten um ein Lebens- oder Todeszeichen.

19) Gustav Emil Hille, Sachse, aus Sebnitz bei Pirna, beim 3. k. sächs. Inf.-Reg. Nr. 102, 4. Comp., am 1. Sept. 1870 bei Sedan schwer verwundet, eine Zeit lang im Lazareth Donzy, dann nicht mehr zu finden. Er war die einzige Stütze einer armen Weberfamilie. Ist nicht wenigstens ein Todeszeugniß zu beschaffen?

20) Franz Hermann Gerisch, Sachse, aus Auerbach i. B., beim k. sächs. Inf.-Reg. Nr. 104, 12. Comp., 1. Reserve-Ersatzbataillon; am 30. Novbr. vor Paris vermißt und seitdem verschollen. Auch ein armer Weberssohn.

21) Fritz Schlützer, Baier, aus Nürnberg, beim 10. k. bair. Inf.-Reg., 2. Comp.; am 3. Decbr. vor Orleans durch eine Granate am Fuß, Schenkel und Rücken verwundet; am 12. Decbr. wurde ihm in einem Lazareth in Orleans der Fuß amputirt, was er selbst seiner Frau und seinen zwei Kindern schrieb. Seitdem, trotz allen Nachforschungen, verschollen.

22) Friedrich Louis Kaden, Sachse, aus Rübenau, bei dem k. sächs. Leibgrenadier-Reg. Nr. 100, 5. Comp.; bei dem Ueberfall in Exrepagny gefangen, soll er nach der Insel Oléron gebracht worden und dort am Typhus erkrankt sein. Bei der Auswechselung der Gefangenen zwar auf dem Weg der Besserung, aber noch nicht transportabel, blieb er zurück und ist seitdem keine Nachricht über ihn zu erlangen gewesen.

23) Leo Droß, Preuße, aus Stargard, bei dem 2. Niederschlesischen Inf.-Reg. Nr. 47, 3. Comp.; seit dem 6. Aug. 1870 bei Fröschweiler (Schlacht bei Wörth) vermißt und völlig verschollen.

24) Hermann Bischof, Sachse, aus Reinsdorf bei Waldau, bei dem sächs. Schützenregiment Nr. 108, 4. Comp.; seit dem 2. Decbr. 1870 vermißt und vergeblich ersehnt von den alten Eltern, der jungen Gattin, den Kindern und seinen Geschwistern.

25) Karl Otto Schirach, Sachse, aus Dresden, beim k. sächs. Inf.-Reg. Nr. 108, 4. Comp.; seit demselben Ausfall vor Paris vermißt.

26) Ferdinand Rosenthal, Preuße, aus Gardelegen in der Altmark, Musketier beim 3. brandenburgischen Inf.-Reg. Nr. 20, 5. Comp.; bei Vionville am 16. August 1870 verwundet, lag, nach Anfragen von Cameraden, am 17. noch lebend, aber bereits seiner Baarschaft von fünfzehn Thalern, Uhr, Kette, eines Medaillons und der Erkennungsmarke beraubt, auf dem Schlachtfelde. Verlustliste Nr. 40 führt ihn als „verwundet“ auf. Seitdem weder ein Lebenszeichen noch eine Todeskunde.

27) Schettler, Anhaltiner, aus Diebzig bei Aken a. d. Elbe, Sohn des dortigen herzogl. Revierförsters, Einjährig-Freiwilliger im Füsilierbataillon des anhaltischen Inf.-Reg. Nr. 93; angeblich im Gefecht bei Toul durch den Kopf geschossen. Die amtliche Bestätigung seines Todes war bis jetzt nicht zu erlangen.

28) Theobald Terks, Coburger, aus Rosenau bei Coburg, beim Füsilier-Bataillon des thüring. Inf.-Reg. Nr. 95, 11. Comp.; am 6. Aug. 1870 bei Wörth verwundet, angeblich in das Lazareth Sulz v. d. Wald gebracht, aber trotz angestrengtester Nachforschungen nicht aufzufinden.

29) Amand Rimbach, Weimaraner, Sohn des Bürgermeisters von Geisa, Musketier beim thüring. Inf.-Reg. Nr. 94, 4. Comp.; am 2. Decbr. zu Poupry bei Artenay verwundet, Schuß im Unterleib. Seit diesem Augenblick weder Lazareth- noch andere Nachricht.

30) Johann Adam Hörnte, Badenser, aus Helmstadt, Kreis Mosbach, beim großherzogl. badischen Leib-Reg., 3. Bat., 11. Comp.; verwundet bei Courcelles, von wo er am 1. Decbr. 1870 zum letzten Male schrieb. Bald darauf führte ihn die Verlustliste unter den Vermißten auf.

31) Louis Scheibner, Sachse, aus Oelsnitz bei Lichtenstein, Serg. beim 1. sächs. Jäger-Bataillon, 4. Comp.; verwundet am 1. Septbr. bei Sedan, Kugel in die Brust, aber, nach dem Ausspruch der Aerzte und Cameraden, nicht ohne Hoffnung auf Rettung. Seitdem weder Brief noch Todtenschein.

32) Johannes Teubner, Waldecker, aus Odershausen bei Wildungeu, Pflegesohn des Lehrers Ferd. Engelhard zu Dehringhausen, Arolsen, beim 3. hessischen Inf.-Reg. Nr. 83, 9. Comp.; bei Sedan am 1. Septbr. 1870 verwundet, Schuß in die linke Schulter. Weder vom Bataillons-Commando noch vom „Berliner Central-Nachrichts-Bureau“ Nachricht zu erhalten.

33) Ernst Gustav Döhler, Weimaraner, aus Weida, beim thüring. Inf.-Reg. Nr. 94, 4. Comp.; am 4. Decbr. angeblich bei Artenay durch das Kinn geschossen, wie ein Camerad der Mutter mittheilte, einer armen Waschfrau, die noch einen zehnjährigen schwächlichen Knaben zu ernähren hat und deren Stütze der Vermißte war. Der junge Döhler war noch nicht dienstpflichtig, er stellte sich freiwillig unter die Fahne; auf die Abmahnungen seiner Mutter erwiderte er: „Liebe Mutter, ich habe ja im schlimmsten Fall nichts zu verlieren, als die Armuth und Dich!

34) Hermann Endorff, Preuße, aus Aerzen bei Hameln, Provinz Hannover, Füsilier beim Kaiser-Franz-Garde-Grenadier-Regiment Nr. 2, 11. Comp.; seit dem Gefecht bei St. Privat am 18. August 1870 so gänzlich verschollen, daß sogar eine Stellungsordre von Seiten des Regiments an

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