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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

mich wandte, „das habe ich mir erlaubt meinem Bruder durch einen Extraboten bekannt werden zu lassen. Sie erwähnten – verzeihen Sie, daß ich das Ihnen so sage – der Kreuzabnahme, dieses berühmten Kunstwerks, in so eigenthümlicher und angelegentlicher Weise, daß ich daraus schloß, die Preußen hätten es auf das Werk abgesehen, und wollten es nach Berlin bringen, weil es wirklich etwas Außerordentliches ist, und Ihre Landsleute so etwas wohl zu würdigen wissen.“

„Schnell war ich entschlossen,“ nahm der Geistliche das Wort auf, „dem Rathe meines Bruders zu folgen und es in Sicherheit zu bringen. Der beste Ort war in Mitte der Preußen, hier in Sens. Ich ließ erst die heilige Mutter, die unten am Kreuze stand, dann die römischen Kriegsknechte mit Helm, Schwert und Waffenröcken und zuletzt den Körper des Heilands selbst auseinandernehmen, was ganz gut ging, die einzelnen Stücke dann in Säcke packen, auf einen Wagen laden, mit Heu und Stroh überdecken und so gestern hierherfahren. Bei Einbruch der Nacht kamen wir hier an und die Nacht selbst benutzten wir, um diese höchste Zierde unseres Dorfes auf dem Boden des Schuppenanbaues zu verbergen. Wenn ich Ihnen, mein Herr, noch hinzufüge, daß dieses Bildwerk das Wahrzeichen, das Heiligthum unseres Ortes ist und einen großen Theil des Jahres über die Erwerbsquelle meiner armen Campagnards bildet, so werden Sie wohl begreifen, warum ich es vor den Ihrigen zu retten suchte, und diese meine That nicht mehr als eine ruchlose That, als ein Verbrechen bezeichnen.“

„Allerdings nicht,“ war meine Antwort, „und ich muß gestehen, daß ich einen zu harten Ausdruck gebraucht habe, das kommt aber davon her, daß ich das Französische nicht gut spreche.“

„O doch – doch, mein Herr,“ versetzte der Geistliche artig, „aber vielleicht haben Sie in der fremden Sprache nicht gleich das richtige Wort gefunden.“

„Das ist’s, mein Herr Pfarrer – ich habe nicht gleich das richtige Wort gefunden.“

„Sie können sich an dem betreffenden Ort,“ bemerkte der Geistliche, „jeden Augenblick von der Wahrheit meiner Angaben überzeugen. Steigen Sie die Leiter hinauf und Sie werden Alles so finden, wie ich gesagt habe.“

„O! das ist durchaus nicht nöthig,“ versetzte ich, „ich glaube Ihnen vollkommen. Ich habe mich in der Nacht ja selbst überzeugt, indem ich sah, wie Sie Ihrem Bruder die einzelnen Holzglieder des heiligen Leibes hinaufreichten.“

„Und Sie werden nichts sagen, Sie werden keine Anzeige machen?“ frug in ängstlicher Bekümmerniß der Bruder des Greffiers.

„Fällt mir nicht ein, mein Herr. Lassen Sie das Werk des alten Elsässer Künstlers so lange in seiner Verborgenheit, als Sie es zu seiner Sicherheit nöthig glauben, und holen Sie es dann wieder heim auf Ihr Dorf, zur Erbauung und Andacht Ihrer Gläubigen, und möge durch die Gefahr, der Ihr Heiligthum ausgesetzt war, der Glaube an dessen Wunderthätigkeit sich erhöhen und den Wohlstand Ihrer Gemeinde vermehren.“

So glaube ich, mich mit guter Manier aus einer Affaire gezogen zu haben, in der mich meine Phantasie zu weit geführt hatte. Mein Wirth in Sens hat wahrscheinlich heute noch keine Ahnung, welchen Grad der Bluterhitzung der unschuldige Vorfall in mir bewirkt hatte. Ich sagte ihm natürlich auch nichts davon; aber froh war ich, als der Befehl zum Abmarsch kam und ich das Haus des unheimlichen Greffiers hinter mir hatte.

Georg Horn.




Blätter und Blüthen.

Neuer Schwindel. Von einem Freude der Gartenlaube, einem Gutsbesitzer, geht uns folgender Brief zu, den er vor einigen Tagen empfing:

„Darmstadt, den 27. November 1871.

Ew. Hochwohlgeboren erlaube ich mir eine Mittheilung zu machen, deren Benutzung für Sie, für Ihr Gut und für die ganze Umgegend von größter Wichtigkeit werden müßte. Anonymen Mittheilungen ist allerdings zu mißtrauen, doch giebt es keine Regel ohne Ausnahme, und so zwingt auch mich die nothwendige strenge Geheimhaltung der Angelegenheit, welche ich Ihnen vortragen will, bis zu weiterer Verständigung anonym zu bleiben. Ich erlaube mir zur Sache überzugehen.

Ich habe eine Erfindung gemacht, welche es ermöglicht, auf einem Gute, welches so geeignet gelegen ist, wie das Ihrige, das daselbst befindliche Trink-, Quell- oder Flußwasser an einer geeigneten Stelle des Gutes in Gestalt einer natürlichen Mineralquelle hervortreten zu lassen.

Die Verwandlung des gewöhnlichen Wassers in Mineralwasser kann und soll auf eine solche Weise geheim geschehen und geheim gehalten werden, daß die künstliche Mineralquelle von jedem nicht in das Geheimniß Eingeweihten für eine natürliche gehalten werden muß, für welche sie auch ausgegeben und zum Trinken, Versenden und Baden gebraucht werden soll und kann.

Die künstliche Mineralquelle muß wie eine natürliche Mineralquelle, ohne irgend beim Publicum Aufsehen zu erregen, zu Tage treten, sehr heilkräftig sein, zum Trinken, Versenden und Baden benutzt werden können, also im Stande sein, Ihr Gut in kürzester Zeit in einen Curort ersten Ranges zu verwandeln. Den Grad des höheren Ertrages Ihres Gutes, wenn Sie dasselbe auf diese Weise in einen Curort umwandeln, werden Sie selbst bemessen können und die ungeheure Tragweite dieser Erfindung einsehen.

Die erste Einrichtung und die jährlichen Unterhaltungskosten der künstlichen, für eine natürliche auszugebenden und zu benutzenden Mineralquelle belaufen sich nur auf einige hundert Gulden. Arbeit ist fast keine damit verbunden. Mitwisser des Geheimnisses sind unnöthig. Man kann es einrichten, daß man nur alle vier bis sechs Wochen einmal nachsehen muß.

Die Erfindung ist im Kleinen wie im Großen hinlänglich erprobt! Ich habe sie in einem Manuscript niedergelegt und demselben die genauesten Zeichnungen, Berechnungen und Nachweise beigefügt, so daß dies Manuscript Jeden ohne alle Vorkenntnisse in den Stand setzt, innerhalb zwei Tagen die Erfindung selbstständig auszubeuten. Wenn Sie diese Erfindung interessirt, so kann sie Ihnen gegen eine Abfindungssumme von tausend Gulden überlassen werden (sage Ein Tausend Gulden rheinisch).

Ich erkläre mich bereit, Ihnen das Manuscript franco einzusenden, wenn Sie mir vorher Ihr Ehrenwort verpfänden, es entweder längstens innerhalb acht Tagen nach Empfang unter dem Versprechen strengster Discretion zurückzusenden, oder, wenn Sie es behalten und benutzen wollen, mir innerhalb acht Tagen tausend Gulden rheinisch einzusenden.

Zu jeder weiteren Erläuterung, deren Sie aber nach dem umfassenden, deutlich abgefaßten Manuscript schwerlich bedürfen, würde ich stets bereit sein, und die Anonymität, welche Ihnen nun sehr verzeihlich erscheinen möchte, fallen lassen. Schließlich bemerke ich, daß gerade die Winterszeit die beste Jahreszeit ist, die Etablirung einer künstlichen Mineralquelle zu bewerkstelligen, welche dann im kommenden Frühjahr sich schon verwerthen würde.

Ihre gefällige Entschließung wird mir sicher zukommen unter der Adresse A. Z. 24. Herrn Langweiler, Kirchstraße 21, Darmstadt.“


Für alle Kriegsleute und Kriegsfreunde dürfte kaum ein prachtvolleres und gediegeneres Festgeschenk auf den Weihnachtstisch kommen als die nunmehr complet gewordene Weber’sche „Illustrirte Kriegs-Chronik“. Sowohl die Anschaulichkeit und Lebendigkeit der Darstellung des weltbewegenden Krieges wie die ganz vortrefflichen Schlachtenbilder, Pläne, Karten und Portraits, die fast jede Seite des großen Foliobandes zieren, machen dieses Buch zu einer wirklichen Chronik, die uns in schönster Form die gewaltigen Ereignisse der jüngstvergangenen Jahre vergegenwärtigt und durch Wort und Bild zu erläutern und zu erklären versteht. Die Kriegsbilder namentlich erhalten dadurch einen erhöhten authentischen Werth, daß sie fast sämmtlich an Ort und Stelle und zwar von tüchtigen und anerkannten Künstlern und nach den besten Quellen aufgenommen wurden.




Ueber Michael Pohl haben wir eine bestimmte Nachricht durch die Güte des Herrn Dr. med. Wilhelm Schulze in Jena, welcher denselben noch Ende Juni 1870 in New-York sah. Er ist dort verheirathet, hat mehrere Kinder und eine so tüchtige Frau, daß sie ihn, der sein Schmiedehandwerk nur mit Selbstschonung betreibt, mit ernährt. Dies und seine Adresse haben wir dem alten Vater mitgetheilt. Uebrigens macht die Gartenlaube da wieder die wahrhaft empörende Erfahrung, ihre Leser wegen eines Menschen beunruhigt zu haben, dem es zwölf Jahre lang eben nur nicht einfällt, eine Zeile an die alten Eltern zu schreiben. Gehört denn etwa gar solche Herzensverhärtung zum deutschen Amerikanerthum?


Kleiner Briefkasten.

A. B. in Berlin. Ein Schriftsteller dieses Namens ist uns nicht bekannt. Der Verfasser des von Ihnen angeführten Gedichts ist, wenn wir nicht irren, im vorigen Jahre gestorben.

E. in Ch. Nein.

Nr. 4 in Jeßnitz. Wir sollen auch noch dafür Sorge tragen, daß Ihnen die Gartenlaube ohne Tintenflecke zukommt? Sie meinen, wir haben wohl gar nichts Dringenderes zu thun, Sie sonderbarer Schwärmer? Warum wenden Sie sich nicht an die Buchhandlung, welche Ihnen das Exemplar liefert?

H. L. Was in unseren Kräften steht, haben wir immer gern gethan; aber Sie müssen uns doch erst Näheres mittheilen.

M. L. Die Erzählung „Meine Tante Therese“ ist von Temme und im Jahrgang 1863 abgedruckt.

S. S. in Prag. Wir haben Ihren Brief an Levin Schücking selbst geschickt.

Zwei Schwestern in Dresden. Die Quittung über die eingegangenen Schmucksachen erfolgt in einer der nächsten Nummern.

Kr. in S–rg. Allerdings. Der Uebersetzer, Herr C. van der Laue, hat dem Verfasser von „Ein Held der Feder“, E. Werner, bereits ein Exemplar seiner Arbeit zugeschickt, die im Holländischen den Titel führt „Ein Held van de Pen“. Das Buch ist bei van Münster und Sohn in Amsterdam erschienen und bildet einen stattlichen Band. Die englische und die italienische Uebersetzung des rasch so beliebt gewordenen Romans ist uns noch nicht zu Gesicht gekommen.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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