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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

Wilhelm Camphausen.
Nach einer Photographie gezeichnet von Adolf Neumann.


Siege zu zeigen, während hinter dem Kurfürsten der tapfere General Derfflinger auf seinem Rappen nach einem Reiterregiment ausschaut, das eben im Sturme vorübersaust und dem der Trompeter sein schmetterndes Signal giebt. Der feste, sichere Blick, das Energische, Selbstbewußte, das in Haltung und Geberde des Kurfürsten so deutlichen Ausdruck findet, charakterisirt meisterhaft den immer auf klare Ziele gerichteten, ehrgeizigen und stets erfolgreich nach Ruhm und Größe strebenden Sinn des großen Kurfürsten. Friedrich Wilhelm war jedoch, wie wir hier beifügen wollen, nicht nur der Gründer der preußischen Militärmacht, er war auch der wirklichen Förderung des allgemeinen Wohlstandes, des Handels, der Künste, der Wissenschaften zugethan, wenngleich andererseits nicht verschwiegen werden soll, daß er vor Allem jenen Waffenstillstand mit Frankreich verschuldete, vermöge dessen der räuberische Ludwig der Vierzehnte in dem Besitze alles Dessen blieb, was er sich bis zum 1. August 1681 angeeignet hatte, das nun wiedergewonnene Straßburg und die Kehler Schanze mit eingeschlossen.

In besserem Sinne hat Friedrich der Große die Interessen Deutschlands gegen Frankreich vertreten. Wir haben keinen Anlaß hier auf die Heldenlaufbahn des genannten Königs zurückzukommen; jeder Schuljunge allüberall in Deutschland weiß von seinen Kriegen und Siegen zu erzählen. Camphausen hat seinen Helden, wie er auf dem galoppirenden Schimmel dahinsprengt, vortrefflich aufgefaßt, in der knappen strammen Haltung, den historischen Krückenstock in der Hand, das blitzende Auge in die Ferne gerichtet. Unmittelbar hinter ihm stürmt der alte Haudegen Ziethen auf unbändigem Rosse daher, während wir auf der andern Seite den tapfern General v. Seydlitz erkennen, den verwegenen und vielleicht besten Reiterführer aller Zeiten.

Wie sämmtliche Bilder Camphausen’s, so zeigen auch diese ihn wieder als einen Meister in der Darstellung des Pferdes, das er mit allen seinen Eigenthümlichkeiten und Schönheiten zum Ersten wohl studirt haben mag, als er nach vorausgegangenen vierjährigen Kunststudien seiner Militärpflicht als Freiwilliger im 8. Husarenregiment genügte. Camphausen ist vornehmlich Schlachtenmaler, pflegte sich aber in der Wahl seiner Stoffe niemals an eine bestimmte Geschichtsperiode zu binden, wenngleich er in seinen Arbeiten, deren einzelne aufzuführen hier unmöglich ist, mit entschiedener Vorliebe die Kampf- und Schlachtscenen des 17. und 18. Jahrhunderts dargestellt hat, Gefechte aus der Zeit Cromwell’s, des dreißigjährigen Krieges und der drei schlesischen Kriege. Costümtreue, Richtigkeit der Zeichnung, ein unmittelbar wirkender und doch künstlerisch durchgebildeter Realismus, geistige Frische und Lebendigkeit charakterisiren seine Schöpfungen, unter denen die schon erwähnten Arbeiten aus der friedericianischen Zeit und den Befreiungskriegen, dann „Blücher’s Rheinübergang bei Caub“ wohl die populärsten geworden sind. Der Künstler, der als Professor an der Akademie seiner Geburtsstadt Düsseldorf lebt, steht erst im Anfang der fünfziger Jahre – es ist also mit Sicherheit anzunehmen, daß wir von seiner Meisterhand noch viel Schönes und Bedeutendes erwarten dürfen.




Eismeer und Tintenfaß. Die Gartenlaube hat vor drei Jahren die Bildnisse der „Gründer und Führer der ersten deutschen Nordpolexpedition“ – Capitain Koldewey, Geograph Petermann, Obersteuermann Hildebrandtmitgetheilt. Die dort dargestellte Dreieinigkeit ist leider keine Wahrheit mehr; Petermann hat gegen die beiden Anderen einen öffentlichen Angriff ausgeführt, gegen welchen diese sich zur

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 857. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_857.jpg&oldid=- (Version vom 19.12.2020)