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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

Frauen der französischen Revolution.
Von Rudolf Gottschall.
1. Madame Tallien.

Madame Tallien.
Nach einem altfranzösischen Kupferstich.

Eine große Zeit, die alle Kräfte des Handels und Duldens entfaltet, läßt auch die Frauen mehr in den Vordergrund treten. So geschah es vor Allem in der französischen Revolution, in welcher einige von ihnen eine hervorragende Rolle spielten. Mitten in dem Kampfe auf Leben und Tod, in dem die Parteien sich befehdeten, mitten in den Gräueln der Schreckensherrschaft sehen wir die Schönheit und den Geist hochbegabter Frauen sich licht abheben von dem dunkeln Hintergrunde. Es lebte in ihnen etwas, was an die schöne Griechin Aspasia erinnerte; aber die krampfhaften Zuckungen der Zeit ließen ihr innerstes Wesen nicht zu voller Geltung kommen. Alles drängte zur That – und so wurden Frauen zu Heldinnen, welche von der Natur für die Kreise schöner Weiblichkeit bestimmt waren. Manche von ihnen theilten das Loos jener Marie Antoinette, welche in der ersten Epoche der Revolution eine so bedeutsame Rolle spielte; sie verfielen dem Beile der Guillotine; Andere retteten sich in eine ruhigere Zeit hinüber – den Salon einer Roland verschüttete der Krater der Revolution; der Salon einer Tallien war das erste Asyl einer feineren Bildung nach den Schrecknissen des Sansculottenthums.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_223.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)