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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

daran, daß der Wein schon im classischen Alterthum das schöne Symbol von Glück, Naturkraft und Natufreude war. Darum fand ich es schön und sinnvoll, auch den Kleinen unter den Worten:

„Einst werde zu Theil dir im Ueberfluß
Des Daseins hochherrlicher Vollgenuß!“

damit überströmen zu lassen. Wird doch auch die Schiffstaufe mit glückbedeutendem Weine vollzogen. Nur das Christenthum hat den Kelch mit Wein zum schauerlichen Symbol des Bluttrunks gemacht.

Fern vor allem war mir der auch nur leiseste Gedanke einer frivolen Verspottung der christlichen Taufe, wie mich deren Einige beschuldigen möchten. Ich bin wahrlich der Allerletzte, welcher den Stab bricht über irgend eine Religionshandlung, sie gehöre dem Heiden-, dem Juden-, dem Christenthum, dem Islam oder dem Buddhaismus an, wenn sie nur nicht durch Unsittlichkeit oder Unschönheit mein Gefühl verletzt. Solchen Hochmuth haben allein die Orthodoxen jener verschiedenen Religionen, die da glauben, daß nur sie in der Wahrheit wandeln, während unsere große Partei in allererster Linie die volle Gleichberechtigung jeder ehrlichen Religionsäußerung auf ihre Fahne schreibt.

In Bezug auf die Anfangsverse meines Gedichtes schelten mich Einige jener lichtscheuen Schaar geradezu einen Sonnenanbeter. Es heißt dort:

„Das ist die Sonne, die hohe, die helle,
Des Lichts und der Wärme erhabene Quelle etc.

Freue Dich ihrer, strebe zum Licht,
Sonst verdienst Du sie nicht.“

Freilich, wenn das schon Sonnenanbetung ist, dann treibe ich allerdings solche, denn ich freue mich ihrer wirklich und strebe zum Licht.

Andere sahen in der ganzen Dichtung sogar den „crassesten Götzendienst“. Für diese habe ich gar keine Antwort. Wieder Andere finden nur eine Gotteslästerung in dem Worte „Allmutter Erde“. Diesen sage ich einfach: Wenn Ihr keine dichterische Sprache verstehen könnt, müßt Ihr auch keine Gedichte lesen und noch weniger sie beurtheilen. Nach Einem soll ich dem Christenthume feind sein aus purem Schönheitsfanatismus. Da ich nun unter Schönheit nicht blos die äußere, die der Formen, Farben und Verhältnisse verstehe, sondern auch die innere, die sittliche und geistige Schönheit, so danke ich diesem Herrn auf’s Wärmste für solch schmeichelhaftes Compliment, das ich mit stolzer Freude annehmen würde, wenn ich es schon dürfte. Wie aber aus solchem Schönheitsfanatismus eine Feindschaft mit dem Christenthume gefolgert werden kann, verstehe ich nicht. Das ewig Wahre und Herrliche des Christenthums, sein ethischer Kern nämlich, wird jedem Schönheitsfanatiker heilig sein, auch wenn das Unschöne und Widersinnige mancher Dogmen ihn abstoßen sollte.

Am meisten habe ich wohl das Herz eines Herrn E. Sulze empört, dessen Organ, „Die Leuchte“, in Chemnitz erscheint, und dem mein Gedicht Anlaß giebt, eine ganze Nummer jenes Blattes mit Taufbetrachtungen zu füllen. Es ist geradezu unbegreiflich, wie ein vernünftiger Mensch die so einfache und klare Sprache meiner Dichtung so gänzlich mißverstehen kann. Wo ist Natur- und Menschenvergötterung darin, wie er mich deren beschuldigt? – Wo sieht es aus, als ob „das Kind der Sonne übergeben würde“? – Wo ist ein Leser, der bei meinen Worten in Bezug auf die Erde:

„Sie sollst Du erforschen, sie sollst Du erschließen,
Strebe und streife,
Schwelge und schweife,
Dringe hinein,
Sie sei Dein, sie sei Dein –“

nicht sofort ebenso an die geistige Beherrschung wie an die materielle gedacht hat? – Wo endlich ist Jemand, der da glaubt, ich habe bei den Worten:

„Einst werde zu Theil Dir in Ueberfluß
Des Daseins hochherrlicher Vollgenuß“

in frivoler Weise nur an materielle Genüsse gedacht, wie mir Herr Sulze zutraut? Doch genug von Diesem! Daß solche Kirchenlichter eine Tageshelle, wie die sonnenfreudige Gartenlaube sie liebt, nicht gut vertragen können, ist ja bekannt, denn schön und feierlich strahlen sie nur, wenn rings eine mystische Dämmerung herrscht. –

Daß man von verschiedenen Seiten das Gedicht selbst fade, unschön und langweilig gefunden hat, berührt mich noch weniger. Das ist eben Geschmackssache. Auch ich habe jede orthodoxe Predigt und jedes fromme Gedicht nicht immer übermäßig interessant und geistvoll finden können.

Zuschriften und Zustimmungen von nah und fern, von bekannter und unbekannter, genannter und ungenannter Hand beruhigen mich über meine Dichtung vollkommen und sagen mir sogar zu meiner hohen Herzensfreude, wie Vielen ich damit aus tiefster Seele ein wahrhaft lösendes Wort gesprochen habe.

Meine Dichtung stellt als unser Aller Aufgabe und Ziel „der Menschheit Vollendung“ hin. Giebt es ein höheres für uns, so nenne man mir’s; ich werde dankbar dafür sein.

Eines aber rufe ich hiermit dem ganzen orthodoxen Clerus und seinem Anhange zu: So Jemand in meiner Dichtung auch nur einen einzigen Gedanken nachweist, der mit dem Geiste des Christenthums im Widerspruche steht, bin ich sofort bereit, Alles zu widerrufen.

Rechtenfleth, im März 1874.

Hermann Allmers.     




Ein nothgedrungener Protest. Kaum ist die neueste Marlitt’sche Novelle „Die zweite Frau“ in unserem Blatte bis zur Hälfte zum Abdrucke gekommen, und schon lassen drei fingerfertige Dramatiker, Karl Viereck, Hugo Busse und Paul Blumenreich, Personen und Handlung dieser Erzählung über ebenso viele Berliner Bühnen, über die Bretter des Vorstädtischen, des Réunion- und des Belle-Alliance-Theaters gehen. Wenn wir uns schon früher gegen ähnliche Gewaltstreiche, welche theilweise von denselben Dramatiseurs an den Novellen unseres Blattes verübt wurden, auflehnten, so müssen wir gegen dieses neueste dreifache Attentat, auch im Namen der Verfasserin der Erzählung, um so eindringlicher protestiren, als es sich gegen das noch völlig unabgeschlossene Geisteswerk einer allbeliebten Schriftstellerin richtet. „Die zweite Frau“ wird den Lesern der Gartenlaube erst Ende Mai oder Anfang Juni vollendet vorliegen, und bis jetzt sind der Fortgang der Handlung der Novelle und die Entwickelung der in ihr geschilderten Charaktere lediglich unserer Redaction bekannt; nichts destoweniger haben die genannten Herren die Stirn, die ganz unfertige Erzählung aus höchsteigener Phantasie dramatisch zu Ende zu führen, während die noch ungedruckte Hälfte derselben in Handlung und Charakteren eine Entwickelung aufweist, die mit den willkürlichen Abschlüssen der Dramatiseurs nichts gemein hat. Da ein Gesetz, welches die deutschen Schriftsteller gegen die Uebergriffe der dramatischen Speculation schützt, leider noch immer nicht vorhanden, so bleibt uns nichts weiter übrig, als an den öffentlichen Gerechtigkeitssinn zu appelliren und die moralische Entrüstung aller rechtlich Denkenden gegen ein derartiges dramatisches Brigantenthum wach zu rufen.

Die Redaction der Gartenlaube.     




Erklärung. Wie ich mehrseits erfahre, wird die Beilage zu Nr. 10 der „Gartenlaube“, überschrieben „Ein Werk redlichen deutschen Fleißes“, dem Bibliographischen Institute in Hildburghausen zugeschoben und als ein anonymer Ausfall gegen das Spaarmann-Pierer’sche Conversationslexikon zum Vorwurf gemacht. Alledem entgegen erkläre ich hiermit, daß ich der Verfasser und alleinige Herausgeber dieser Beilage bin und die Verantwortlichkeit für deren Inhalt trage. Ich füge Dem noch hinzu, daß das Bibliographische Institut erst nachträglich von mir davon unterrichtet worden ist, daß diese „Beilage“ nicht von der Redaction der „Gartenlaube“, sondern ausschließlich von mir ausgegangen sei. – Ob meine Besprechung des betreffenden Werks eine gerechtfertigte war und ihren Zweck erreicht hat, mag das Publicum nach der Thatsache beurtheilen, daß nunmehr Herr Spaarmann selbst den ersten, kaum vollendeten Band seines „Pierer“ – trotz der vielen „brillanten Recensionen“ – für Maculatur erklärt, indem er in einem geschäftlichen Circular denselben neu bearbeiten, drucken und gegen den alten umtauschen zu wollen verspricht. Gewiß: „ein literarisches Ereigniß“!

Dr. Friedrich Hofmann in Leipzig.     




Kleiner Briefkasten.

F. S. in Berlin. Daß die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn-Direction von einem ihr zustehenden Rechte rücksichtslosen Gebrauch macht, indem sie einen dreiundachtzigjährigen Greis, welcher siebenundzwanzig Jahre ihr als Maschinenputzer gedient und aus Altersschwäche dienstuntauglich geworden, mit einem einmaligen „Gnadengeschenk von fünfundzwanzig Thalern“ pensionslos entläßt, ist ebenso traurig, wie die Thatsache, daß derselbe Greis als Kämpfer der Kriege von 1813 bis 1815 nur eine monatliche Militärpension von zwei Thalern bezieht; – aber es sollte diesem Veteranen Sündermann zu Sorau doch von seiner Heimathprovinz geholfen werden können, ohne alle Deutschen der Welt wieder durch die Gartenlauben-Posaune in Bewegung zu setzen. Die Adresse ist genannt; thue Jeder auf eigene Faust, wozu das Herz ihn treibt! – Für Ihre anderen Beilagen besten Dank! Zu gebrauchen sind sie nicht mehr.

Akademische Preisfrage: „Wie, wann und wo ist die Studentensitte des Salamanderreibens als Ehrenbezeigung entstanden?“ Erst zu Anfang der vierziger Jahre kam sie von Heidelberg her nach Jena; der Erfinder derselben kann demnach noch gar wohl selbst am Leben und im Stande sein, Licht in das Dunkel dieses akademischen Brauchs zu bringen.

Eine Beamtenwittwe sieht sich gezwungen, wenn auch mit schwerem Herzen, die selbst gesammelten, schön gebundenen und gut gehaltenen zwanzig Jahrgänge der Gartenlaube von 1853 an, also auch die in der Verlagshandlung gänzlich vergriffenen Bände, zu veräußern. Wir bitten Kaufliebhaber, uns ihre Angebote zu thun.

K. in Berlin. Wenn Sie in den Frühjahrsmonaten nach Dresden übersiedeln, können Sie sich selbst überzeugen. Der von Ihnen so liebenswürdig belobte Künstler Herbert König, unser langjähriger Mitarbeiter, wird dort im Monat Mai die vierte seiner Ausstellungen von Aquarellskizzen eröffnen und somit Ihnen Gelegenheit geben, mit eigenen Augen zu sehen und zu prüfen.

C. J. in Gutschina. Für Uebersetzungen hat unser Blatt keine Verwendung. Senden Sie uns gefälligst ein Couvert mit Ihrer russischen Adresse, damit wir Ihnen darin das Manuscript wieder zugehen lassen können!

Die Pommeranzen von H. Wenn man so liebenswürdig und eindringlich zugleich bittet, wie die beiden Briefstellerinnen aus dem Jerichow’schen Kreise, ist Widerstand unmöglich. Wie Sie sehen, sind wir in den letzten Nummern Ihrem Wunsche nachgekommen.

Frau P. L. in Bischofswerda. Ihr Manuscript, welches zum Drucke nicht geeignet ist, wurde uns als unbestellbar von der Post in Bischofswerda retournirt. Verfügen Sie gefälligst über dasselbe!

P. v. M. in H. Eine Charakteristik und ein Bild Bock’s erscheinen in einer der nächsten Nummern.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_234.jpg&oldid=- (Version vom 7.11.2016)