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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

ist – wie dies ja bei Börsendepeschen der Fall ist – so schreibt man zwischen Adresse und Text den Zusatz: „Empfangsanzeige bezahlt.“ Dafür entrichtet man die Gebühr für eine einfache, das heißt bis zwanzig Worte enthaltende Depesche zwischen dem Ausgangs- und dem Adreßorte der Empfangsanzeige. Man depeschirt z. B. von Dresden nach Berlin und bezahlt für die einfache Depesche zehn Groschen. Für die Empfangsanzeige zahlt man nochmals zehn Groschen, in Summa zwanzig Groschen. Dafür meldet einem nun die Station Berlin nach Dresden zurück: „Depesche Nr. 302 dem Kaufmanne Friedrich Wilhelm Schulze, Auguststraße 21, II. rechts, zugestellt den 12/4. 3 Uhr 45 Minuten Nachmittags.“ Nun weiß man bestimmt, der Freund hat das Telegramm richtig und rechtzeitig enthalten, und diese Gewißheit ist sehr oft mit den wenigen Groschen nicht zu theuer erkauft.

Man kann sich aber solche Empfangsanzeige auch nach irgend einem anderen Orte senden lassen. Gesetzt den Fall, man giebt eine Depesche nach Hamburg in dem Moment der Abreise von Dresden nach Berlin auf, und es liegt einem daran, vor der Weiterreise von Berlin nach Hamburg Gewißheit über das Schicksal der Depesche zu erhalten, so sagt man dem Annahmebeamten: „Ich bitte, die Empfangsanzeige nach Berlin zu dirigiren,“ und bezahlt in diesem Falle nur zehn Groschen für dieselbe, weil eine einfache Depesche zwischen Hamburg und Berlin nur zehn Groschen kostet.

Giebt man nun vielleicht einen telegraphischen Auftrag zu irgend einem Kaufe oder Verkaufe und will sich gegen jede etwaige Verstümmelung, das heißt unrichtige Uebermittelung der Depesche sicher stellen, so bietet Einem die Verwaltung hierzu die Möglichkeit dadurch, daß man gegen Mehrzahlung der Hälfte der auf die eigentliche Depesche entfallenden Gebühr die vollständige Collationirung derselben verlangen kann. Man telegraphirt z. B. von Breslau nach Hamburg; die Depesche enthält vierzig Worte und kostet einen Thaler. Die richtige Uebermittelung derselben ist Einem sehr wichtig; daher begehrt man deren Collationirung und entrichtet hierfür noch fünfzehn Groschen. Den Vermerk „Collation bezahlt“ setzt man gleichfalls zwischen Adresse und Text der Depesche. Dieselbe wird dann von dem gebenden wie von dem nehmenden Beamten Wort für Wort collationirt, also zweimal gegeben, so daß sich irgend welcher Fehler nur sehr schwer verbergen könnte. Kommt ein solcher aber dennoch vor und kann man nachweisen, daß in Folge dessen die Depesche ihren Zweck nicht hat erfüllen können, so zahlt auf Wunsch die Verwaltung die für die Depesche entrichtete Gebühr zurück.

Es wird z. B. etwas für den 16. dieses Monats bestellt; die Collation ist bezahlt, trotzdem schreibt aber der aufnehmende Beamte 26. statt 16. In Folge dessen wird die Bestellung am 16. nicht effectuirt, und die Depesche hat dadurch ihren Zweck verfehlt. In diesem Falle werden die bezahlten Gebühren auf diesbezüglichen Antrag restituirt. Dasselbe kann geschehen, wenn gewöhnliche Depeschen durch Schuld der Telegraphenverwaltung gar nicht oder mit bedeutender Verzögerung dem Adressaten zugehen.

Alle derartigen Reclamationen sind bei der Aufgabestation einzureichen und zwar innerhalb zwei Monaten, vom Tage der Aufgabe der Depesche an gerechnet (bei Depeschen nach außereuropäische Ländern, so wie bei solchen, für welche die Antwort, die Collation oder die Empfangsanzeige bezahlt ist, innerhalb sechs Monaten). Als Beweisstücke sind beizufügen: in dem Falle der Nichtankunft einer Depesche eine schriftliche Erklärung der Adreßstation oder des Adressaten, daß dieselbe wirklich nicht angekommen ist, in dem Falle einer Verstümmelung der Depesche aber die dem Adressaten zugestellte Ausfertigung.

Es wurden eben Depeschen mit bezahlter Antwort erwähnt: der Aufgeber kann nämlich die von dem Adressaten verlangte Antwort frankiren. Wird eine Antwort von nicht mehr als zwanzig Worten gewünscht und zwar nach demselben Orte, wo die erste Depesche aufgegeben wird, so ist einfach zwischen Adresse und Text zu setzen: „Antwort bezahlt“, und es ist der Betrag für eine einfache Depesche zwischen beiden Stationen zu entrichten. Die Antwort von Berlin nach Dresden kann aber auch mehr als zwanzig, z. B. dreißig Worte enthalten sollen, dann ist zu schreiben: „Antwort bezahlt 15 Gr.“; bei nach außerdeutschen Stationen gerichteten Depeschen ist der Betrag in Franken und Centimes anzugeben.

Die Antwort kann man sich nach jedem beliebige Orte senden lassen. Depeschirt man z. B. von Köln nach Danzig und wünscht, da man sich auf der Reise nach Paris befindet, die von Danzig verlangte Antwort in Paris zu erhalten, so bezahlt man außer der Gebühr für die Depesche von Köln nach Danzig noch für die Antwort die Gebühr für eine Depesche von Danzig nach Paris, welche sich wieder nach der Länge der verlangten Antwort richten wird. In keinem Falle aber darf der für die Antwort zu zahlende Betrag die für die Ursprungsdepesche entrichteten Gebühren um mehr als das Zweifache übersteigen.

Dem Adressaten wird zugleich mit der betreffenden Depesche ein Antwortformular zugestellt, auf dessen Rückseite die Höhe der von dem Aufgeber hinterlegten Summe vermerkt ist. Dieses Formular vertritt die Stelle einer Anweisung an die Casse der Adreßstation, und gegen Rückgabe desselben wird dem Vorzeiger der vermerkte Betrag ausgezahlt bis sechs Wochen nach dem Tage der Ausfertigung. Der Adressat kann also keineswegs gezwungen werden, dieses Formular eben zu der verlangten Antwort zu benutzen, und ebenso wenig findet eine Restituirung der Antwortgebühren an den Aufgeber statt, wenn er die begehrte Antwort nicht erhält.

Jede Depesche muß eine Unterschrift haben, und jeder Aufgeber einer Privatdepesche ist verpflichtet, auf diesfälliges Verlangen die Echtheit der Unterschrift nachzuweisen. Depeschen ohne Unterschrift sollen zwar auch zur Beförderung angenommen werden, der Aufgeber ist jedoch auf die aus der Weglassung der Unterschrift möglicher Weise entstehenden Nachtheile aufmerksam zu machen. In der That werden Depeschen ohne Unterschrift auch nur selten aufgegeben und dann meist in Folge von Vergeßlichkeit des Aufgebers; eine stricte Verweigerung der Unterschrift dürfte nur in den seltensten Fällen vorkommen.

Umgekehrt aber liegt sehr Vielen daran, daß der Adressat von der Echtheit ihrer Unterschrift überzeugt sein möge, und zu diesem Zwecke können sie sich dieselbe nach vorgängiger Legitimation von der Aufgabestation beglaubigen lassen. Der betreffende Zusatz ist dem Texte zuzuzählen und bei Berechnung der Gebühren mit in Ansatz zu bringen.

Hat man z. B. der Post einen Brief oder ein Packet zur Beförderung übergeben und faßt nachträglich den Entschluß, dasselbe dem Adressaten nicht aushändigen zu lassen, so läßt man sich von der Aufgabepoststation die Identität der Person bescheinigen und telegraphirt nun an die Adreßpoststation, sie solle den betreffenden Gegenstand zurückhalten. Gegen Vorzeigung der Postbescheinigung wird dann die Telegraphenstation die Unterschrift gern mit den Worten beglaubigen: „Aufgeber durch Postbescheinigung legitimirt.“

Solche Fälle waren sehr häufig in der Krachperiode des vorigen Jahres. Ein Bankhaus übersendet dem andern, welches noch für ganz solid gilt, eine bedeutende Geldsumme durch die Post; nach Abgang derselben erhält es die Nachricht von dem unmittelbar bevorstehenden Sturze dieses Hauses; die Geldsumme wäre verloren, wenn nicht der Telegraph rettend einträte und durch denselben das Adreßpostamt zur Zurückhaltung der Sendung aufgefordert werden könnte. Wir haben hier einen Fall, wo Post und Telegraphie Hand in Hand gehen; es kommt dies sehr oft vor; abgesehen davon, daß die Post Depeschen, welche nach Orten ohne Telegraphenstation gerichtet sind, zur Weiterbeförderung übernimmt, ist besonders im nachstehenden Falle das Zusammenwirken von Post und Telegraphie sehr angenehm und sicher schon von Vielen mit Dank anerkannt worden.

Man denke sich, man hätte einen Wechsel einzulösen, ohne im Besitze des nöthigen Geldes zu sein – wovor uns übrigens der Himmel in Gnaden bewahren möge! Lautet der Wechsel nur über fünfzig Thaler, so würden Einem selbst in dem günstigen Falle, daß man wenige Stunden vor Ablauf des letzten Termins die benöthigte Summe erhielte, dennoch viele Unannehmlichkeiten und Kosten erwachsen, böten sich Einem nicht Post und Telegraphie als rettende Engel dar, welche den Fünfzigthalerschein dem drängenden Gläubiger noch zur rechten Zeit in die Hände spielen, vorausgesetzt, daß sowohl an des Aufgebers wie des Gläubigers Wohnort eine dem öffentlichen Verkehre dienende Telegraphenstation sich befindet.

Man lasse sich nun in Kürze erklären, was man zu thun hat, um die fünfzig Thaler rechtzeitig an ihre Adresse gelangen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_419.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)