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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

Dr. Güßfeldt selbst zeichnete sechstausend und Bankdirector G. H. W. Bergmann fünftausend Thaler; von den Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin, aus Bremen, Hamburg, Dresden, Leipzig und anderen Orten gingen größere Beiträge ein, auch die Huld des Kaisers Wilhelm, des Königs von Sachsen wurde dem Unternehmen zugewandt, das außerdem durch allerhöchste Bestimmung aus dem kaiserlichen Dispositionsfond unterstützt wurde und von dem Auswärtigen Amte in verschiedener Weise schätzbarste Förderung erhielt.

Nachdem Alles auf das Beste hergerichtet, verließen die Mitglieder der Expedition im Mai 1873 Europa. Der unermüdliche und für die Wissenschaft keine Opfer scheuende Professor Bastian, der Vater und zunächst die Seele der Expedition, eilte unaufgefordert aus eigenem Drange und aus eigenen Mitteln über Lissabon nach der Westküste Afrikas.

Das Zelt der „Afrikanischen Gesellschaft“.
Nach einer photographischen Aufnahme.

Dr. Güßfeldt, der mit seinem Begleiter, Lieutenant von Hattorf, über Liverpool mit dem englischen Postdampfer „Nigritia“, auf welchem er seine gesammte Ausrüstung eingeschifft hatte, die Reise antrat, hatte bekanntlich das Unglück, im Juni bei Sierra Leone zu scheitern, bei welcher Gelegenheit er den größten Theil seiner Ausrüstung einbüßte. Doch durch das thätige und schnelle Eingreifen des Vorstandes der „Afrikanischen Gesellschaft“, damals unter der Leitung des Herrn Professor Neumayer, Vorstand des hydrographischen Amtes der kaiserlichen Marine, wurde rasche Abhülfe geschaffen und der Verlust gedeckt.

Am 2. Juli erreichte Professor Bastian die holländische Factorei Kabinda, nach Dr. Güßfeldt’s Beobachtung unter 5° 33′ 21,5″ südlicher Breite gelegen. Bastian war nicht wenig überrascht, von Dr. Güßfeldt hier noch nichts zu hören; er mußte ja zu dieser Zeit, wenn ihm kein Unfall zugestoßen war, bereits gelandet sein, und nicht ohne Besorgniß ging Bastian nach Banana, der Hauptstation der holländischen Factoreien. Letzteres liegt an der Mündung des Zaïre oder Congo, nach Güßfeldt’s Beobachtung unter 6° 1′ 25,4″ südlicher Breite. Hier erfuhr Bastian die Hiobspost von dem gestrandeten Schiff; er begann nun sofort eine Recognoscirungsreise durch die Küstenländer Kabinda, Tschiluango und Loango, die uns bis dahin vollständig unbekannt waren. Am Quillu mußte er Halt machen, da er inzwischen von der Ankunft Güßfeldt’s unterrichtet war.

Am 25. Juli 1873 erreichten Güßfeldt und von Hattorf Banana, von wo aus Güßfeldt alsbald nach Landana in der Landschaft Loango aufbrach, und der 5. August führte diesen mit Bastian zusammen.

Es lag von vornherein im Plane des ganzen Unternehmens, an einem geeigneten Punkte an der Küste eine Station zu errichten, in welcher die Personen Standquartiere nehmen sollten, welchen einestheils die Pflicht oblag, die Verbindung zwischen der nach dem Innern vorgehenden Expedition und dem Vorstand, respective der Gesellschaft, im Vaterlande zu unterhalten, und anderntheils wissenschaftliche Beobachtungen und Sammlungen zu machen. Es war nun auch die erste Sorge der beiden Führer der Expedition, ich sage, der beiden Führer der Expedition, weil Bastian als der geistige Führer und Güßfeldt als der factische Führer auf afrikanischem Boden zu betrachten, den geeigneten Platz für die Station zu ermitteln. Anderthalb Meilen nördlich von Landana, unter fünf Grad neun Minuten südlicher Breite (nach Güßfeldt’s Messung), fand man diesen Ort, der sich Chinchoxo nennt.

Chinchoxo oder Chinchoncho war eine verfallene Factorei, die nun zu einer wohnlichen Stätte umgeschaffen ist. Ja, aus der vor wenigen Wochen abgegebenen Nr. 8 des Correspondenzblattes

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 614. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_614.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)