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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874)

Alexander Rost.
Nach einer Photographie auf Holz gezeichnet von Adolf Neumann.

Benedict Carpzow, berüchtigten Andenkens, ein Ziel setzte. Und als der siegreiche Held der Freiheit und des Gedankens, vortrefflich von Emil Claar gespielt, mit dem Rectoratspurpur der neugegründeten Hochschule Halle geschmückt, die ergreifenden Schlußworte gesprochen:

„Vater im Himmel, Dir ist Alles offenbar,
Du siehst ins Herz, Du weißt, ich glaub’ an Dich
Aus meiner Seele tiefstem, tiefstem Grunde.
Und wer da liest, was ich gedacht, geschrieben,
Der weiß, daß ich mir immer treu geblieben,
Anbetend ihn, den laut mein Mund bekennt.
Und drum will ich mit frohem Muth es tragen,
Wenn selbst noch in der Enkel spätesten Tagen
Die Welt mich den ‚ungläub’gen Thomas‘ nennt –“

da brach ein wahrhaft tobender Jubel los, der sich in endlosen Hervorrufen des Dichters Luft machte. Der Dichter aber leistete diesen ebenso wenig Folge wie den nicht minder zahlreichen und stürmischen Beifallsbezeigungen während der Aufführung, obschon er auf der Bühne war. Ein gebrochener Mann saß er zwischen der ersten und zweiten Coulisse, Thränen der Freude und des Schmerzes im Auge. Wider den Willen des Arztes hatte er das Siechbett verlassen; er mußte getragen werden und konnte sich seinen Weimaranern, den geliebten Thüringer Landsleuten allen, nicht zeigen; das nahm ihm die schönere Hälfte seines gerechten Triumphes hinweg.

Ueberall hat das Drama die gleiche Begeisterung erweckt, auf dem Nationaltheater in Berlin eine lange Reihe von Aufführungen erlebt und seinen Weg über die deutschen Bühnen noch nicht vollendet. Gegenwärtig bereitet es Dr. Hugo Müller für sein Residenztheater in Dresden mit größter Sorgfalt vor, und auf dem Laube-Theater in Wien steht es für nächsten Winter zu erwarten. –

Alexander Rost ist am 22. März 1816 zu Weimar geboren; sein Vater war großherzoglicher Kammerrevisor, seine Mutter, Therese, eine geborene Trillhof aus Jena. So ist er ein echter Thüringer und in jeder Faser mit seinem schönen Heimathlande verwachsen, das er niemals verlassen hat und dessen Waldluft er nicht gegen den blauen Himmel Italiens vertauschen würde. Seine Jugend fällt in die Ausgänge der großen Zeit Weimars, so daß sein empfängliches Gemüth tiefe Eindrücke und mannigfache Anregung erhielt. Ostern 1836 bezog er die Universität Jena, die Rechte zu studiren. Vor Allem aber fesselten ihn der freimüthige Lehrer der Geschichte Luden und O. L. B. Wolff, der Literarhistoriker und Dichter, hochberühmt zugleich als Improvisator, das glänzendste und eigenartigste Talent, welches Deutschland bis jetzt auf diesem Gebiete hervorgebracht hat. Er wurde bald Rost’s Freund und Berather bei seinen poetischen Versuchen und Arbeiten; denn der Student dichtete auch, nicht so wie beinahe jeder Deutsche unter solchen Verhältnissen, nein,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1874). Leipzig: Ernst Keil, 1874, Seite 623. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1874)_623.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)