Seite:Die Gartenlaube (1875) 413.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

während noch die Schritte des Gefürchteten auf der Treppe hallten. „Glaubst Du, ich sei wehrlos? Meinst Du, ich sei vergeblich so lange in Deinem Hause gewesen? Narr, armer hochmüthiger Narr! Gut, daß Du selbst mich an die Hainröder Erbschaft erinnerst. Ja, der Graf, er soll Alles –“ Die Wuth erstickte seine Stimme.

Der Präsident schritt inzwischen auf dem breiten Mittelwege seines Gartens dem Wohnhause zu, und die armen am Wege stehenden Blumen erfuhren dabei zu ihrem Schaden, wie heftig es noch immer in der Brust dieses gewaltigen Mannes wallte und kochte.

Das Ende der Noth.
Originalzeichnung von Prof. Louis Braun in München.

Der Präsident hatte indessen noch nicht den mittleren Querweg des Gartens erreicht, als sich die auf der Hofseite belegene Gatterthür öffnete und durch dieselbe ein hochgewachsener Mann in der Kleidung der gräflichen Forstbeamten eintrat. Beim Anblicke seines höchsten Vorgesetzten zog der Förster demüthig die Mütze und trat dann in höflich gebeugter Haltung näher.

„Was bringen Sie, Förster?“ rief ihm der Präsident entgegen.

„Der Herr Präsident entsinnen sich wohl des Befehls, den Domänenrath Hartmann sorglich zu überwachen?“ sagte der Förster. „Diesem hohen Befehle unterthänigst zu Folge –“

„Zur Sache! zur Sache!“ unterbrach ihn der Präsident ungeduldig. „Was haben Sie ermittelt?“

„Daß der besagte Domänenrath morgen früh sechs Uhr sein Gut verlassen und den Flecken Brandenfels betreten wird.“

„Sind Sie nur herübergekommen, um mir dies zu melden?“ fragte der Präsident in ungnädigem Tone. „Sie haben für diesen Fall meine Weisungen bereits in Händen und wissen, daß Hartmann durch alle Mannschaften der gräflichen Polizei, welche zur Stelle sind einschließlich der Forstleute, sofort verhaftet und hierher geliefert werden soll.“

Weiß wohl, Herr Präsident,“ entgegnete der Förster bedenklich. „Es ist nur – – ich meine – –. Der Domänenrath kommt nach Brandenfels, um in unserer Kirche zu communiciren.“

„Nun was thut das zur Sache?“ fragte der Präsident verwundert.

Ich meine, der Herr Präsident kennen die Brandenfelser,“ fuhr der Forstbeamte in gleich bedenklichem Tone fort. „Sie sind von grober, ungehorsamer Art und ich fürchte deshalb fast, daß unsere polizeiliche Macht nicht ausreichen wird, wenn es dem Volke darum zu thun ist, den Domänenrath zu befreien. Hartmann ist sehr beliebt, und die Gelegenheit, bei der wir ihn verhaften sollen, könnte die Gemüther besonders leicht reizen.“

Der Präsident schwieg mit gesenktem Haupte eine kurze Zeit.

„Ich werde dafür sorgen,“ fuhr er dann fort, „daß den Brandenfelsern diese ungehorsamen Gedanken gründlich ausgetrieben werden. Kehren Sie ruhig nach Hause zurück, sammeln Sie dort morgen früh Ihre Leute und erwarten Sie das Weitere! Adieu!“

Der Förster verneigte sich tief und verließ dann den Garten.

„Soll ich ihn morgen schon verhaften lassen, oder noch eine günstigere Gelegenheit abwarten?“ fragte sich der Präsident in halblautem Selbstgespäch, sobald die Gatterthür knarrend zugefallen war. „Bedenklich bleibt das Ding immerhin. Vor den Brandenfelsern freilich fürchte ich mich nicht im Geringsten. Im Gegentheil, ein kleiner Aufstand käme mir recht erwünscht. Aber der Graf? Wie wird er die Verhaftung beurtheilen, wenn sie bei einer solchen Veranlassung erfolgt? Erreiche ich am Ende etwas

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_413.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)