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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

durch das lebhafteste Menschengewühl nach den Schlachthäusern trieben, ganz riesige Exemplare von dänischen Doggen als Gehülfen bei sich; es war aber keinem einzigen das Ohr verstümmelt. Ob dergleichen Thierquälerei gesetzlich untersagt war, oder ob man glücklicher Weise dort keinen Geschmack an zu Krüppeln gemachten Thieren findet, ich weiß es nicht, lobenswerth ist es aber in jedem Falle, daß man dem Thiere gesunde Organe nicht verkümmert, Organe, die gerade beim Hunde in ihrem natürlichen Zustande von wesentlich günstigem Einflusse sind. Nase, Auge und Ohr sind ja Factoren, die in ihrer Wechselwirkung den Werth eines guten Hundes erst bestimmen.

Dänische Doggen mit coupirten und uncoupirten Ohren.
Originalzeichnung von H. Leutemann.


Legt man durch Abschneiden, Abhacken oder Ausdrehen des angeblich zu kurzen und in Folge dessen unschönen äußeren Ohrlappens oder Behanges das innere Ohr derartig bloß, daß jeder Witterungswechsel Einfluß darauf, Schmutz und Staub, allerlei Insecten freien Eintritt in dasselbe haben, so liegen die nachtheiligen Folgen zwar auf der Hand, werden von vielen Liebhabern aber doch nicht genugsam gekannt. Das äußere Ohr, es mag noch so unbedeutend erscheinen, dient unbedingt dem inneren Organe als Schutz, ist aber hauptsächlich auch, in Folge seiner Beweglichkeit, durch Vor- oder Hinterlegen, durch Spitzen und Stutzen recht wohl befähigt, bei angestrengtem Hören die Schallwellen voller und sicherer aufzufangen und somit das Gehör zu verschärfen. Nimmt man also dem Hunde dieses Hülfsmittel, so nimmt man ihm sehr, sehr viel; der Grund zu zeitiger Schwerhörigkeit des Thieres, zu Ohrenzwang, Ohrensausen, Ohrenfluß etc. wird entschieden gelegt, abgesehen von allen den Einflüssen, die durch das bestialische Ausdrehen der Ohren auf das Gehirn und die Augenpartieen ausgeübt werden; öfteres Kopfweh, Triefaugen, Augenzucken, Augenlidervorfall, zeitige Augentrübung oder Erblindung – das sind die Folgen, welche menschliches Raffinement und menschliche

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 825. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_825.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)