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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

Raupen zu schützen, zu welchem Zwecke man sich eines auf zwei Rädern liegenden Balkens bedient, dessen eines Ende mit einer Guttaperchaplatte bekleidet ist; an diesem Ende ist ferner ein Schirm befestigt, vorn mit einer Spalte versehen, die es zuläßt, daß der Baum mit dem Ende des Balkens gestoßen werden kann, während der Schirm gleichzeitig den Stamm umgiebt; in Folge der durch die Stöße bewirkten Erschütterung fallen Raupen und Käfer auf den Schirm herab, worauf sie zusammengefegt und dem Feuertode übergeben werden.

Wächst die Frucht, so werden die abfallenden unreifen Früchte täglich aufgelesen und vernichtet, um die darin enthaltene Insectenbrut zu zerstören; durch dieses Verfahren wurde allmählich dem Insectenschaden fast gänzlich vorgebeugt.

Die Pfirsiche an und für sich zerfallen der Farbe nach in rothe, weiße und gelbe, der Beschaffenheit nach in Free Stones, solche, deren Kern bei eintretender Reife sich leicht von dem ihn umgebenden Fleische loslöst, und Cling Stones, solche, deren Kern mit dem Fleische fest verwachsen ist; erstere Sorten werden mehr zum frischen Genuß gezogen, letztere mehr zum Einmachen für den Winter gebraucht; endlich unterscheidet man noch frühe und späte Pfirsiche. Hull cultivirte etwa vierzig verschiedene Sorten, deren früheste er schon zu Ende Juni auf den Markt bringen konnte, während die andern Sorten successive zur Reife gelangten, bis die letzten Ende October zum Verkauf kamen.

Sind die Pfirsiche zur Reife gelangt, so werden die Bäume täglich gemustert und die reifen Früchte abgepflückt. Jeder Arbeiter erhält Marken mit seinem Namen, deren eine er jedem gepflückten Korbe beilegt. Auf diese Weise läßt sich zugleich Dreierlei controlliren: erstens, ob der Arbeiter fleißig war, zweitens, ob er nicht etwa unreife Früchte gepflückt hat, und drittens, ob er vollkommen den Baum abgelesen hat. Sofortige Entlassung trifft den, welcher gegen diese drei Haupterfordernisse des Pflückens fehlt. –

Die nun gepflückten Pfirsiche werden nach dem Verpackhause gebracht; die wurmstichigen nebst den vom Boden aufgelesenen, welche an Destillerien zur Fabrikation des bekannten Peach Brandy verkauft werden, legt man in große Fässer bei Seite, die weniger beschädigten wandern in das Präservirungshaus, von wo sie in hermetisch verschlossenen Blechbüchsen in den Handel kommen, die übriggebliebenen ganz fehlerfreien werden dann nach ihrer Größe wieder in zwei Theile, und endlich jeder dieser Theile nochmals in reifere und noch etwas grüne Pfirsiche geschieden, von denen die ersteren für näher gelegene, die letzteren für entferntere Märkte bestimmt sind.

Jetzt werden die Früchte in Holzkörbe gepackt, deren etwa zehn einen preußischen Scheffel fassen, alsdann hübsch mit Eichenlaub, welches sich lange grün hält, verziert, endlich die rothen Pfirsiche mit rothem, die gelben mit gelbem Flor überzogen, des schöneren Aussehens wie der Insecten wegen. Je zwei solcher Körbe werden durch dünne Latten zusammengehalten und sind dann für den Versand fertig, der alle Abende durch besonders für diesen Zweck von der Eisenbahn gestellte Züge geschieht. Der Preis des Arbeitslohnes für einen guten Pflücker ist etwa fünfviertel Dollar pro Tag, der für ein Paar Körbe erzielte Marktpreis schwankt zwischen anderthalb Dollar und fünfzig Cent, je nach dem Ausfall der Ernte.

Im Allgemeinen werden in Nordamerika die Pfirsiche in Körben von je einem halben Bushel, etwa dreiviertel Scheffel, in ganzen Eisenbahnzügen unsortirt nach den Handelscentren New-York, Philadelphia, Baltimore etc. gesandt, und die Staaten Delaware und Süd-Carolina haben den Markt in guten Jahren schon so überfüllt gehabt, daß Commissionäre aus Furcht, die dafür auszulegende Fracht zu verlieren, die Annahme verweigerten und daß dann die Eisenbahnen ganze Wagenladungen in das Meer oder den Fluß werfen ließen. Jetzt hat der Absender die Fracht zu zahlen, was zur Folge hat, daß er vorsichtiger in der Wahl des Marktes ist und nur bessere Qualität versendet. Trotzdem ist die Anpflanzung des Pfirsichbaumes immer noch sehr lohnend für den, der es richtig anzufangen versteht.




Ein vermißter Schulknabe. Am 23. October ist in Halle an der Saale ein dreizehnjähriger Knabe, aus Schamgefühl vor einer Schulstrafe, nicht in das Vaterhaus zurückgekehrt. Am 24. und 25. October hat man ihn noch in Oberröblingen am See und in Eisleben gesehen; seitdem ist er spurlos verschwunden. Der Knabe, Friedrich Hupe, der Sohn des Kaufmanns Adolph Hupe (Wallstraße 1, in Halle an der Saale) ist von schlanker, schmächtiger, doch seinem Alter entsprechender Figur, hat blasses Gesicht mit Sommersprossen, graue Augen, röthlichblondes Haar, am Kopfe auf dem Wirbel als Ueberbleibsel eines bei der Geburt gehabten Geschwürs eine wenig bemerkbare Erhöhung. Bekleidet war er mit bereits gebrauchtem, jetzt jedenfalls sehr defectem Jacquet, mit Beinkleid und Weste aus gleichem graubraunem Stoff, leinenem Hemd, grau-wollenen Strümpfen, Stiefeln mit langen Schäften, blauer, sogenannter österreichischen Mütze. In der Tasche des Jacquets hat er Bleistift und Federhalter bei sich geführt. Sein Wesen ist ein offenes, zutrauliches, gesprächiges, und sein Benehmen ein über sein Alter hinaus verständiges und ernstes. Wir bitten dringend Jedermann, dem eine Kunde über das Schicksal des vermißten Kindes zukommt, sie uns oder den unglücklichen, trostlosen Eltern sofort mitzutheilen.

D. Red.




Kleiner Briefkasten.

M. Kl. Poststempel Crimmitzschau. Sonderbarer Schwärmer! Sie glauben also wirklich, es gehöre zu den Pflichten einer Redaction, jede Frage zu beantworten, die irgend ein unbekannter X. Y. an sie zu stellen beliebt? Und Sie bilden sich wirklich ein, daß X. Y. ein Recht hat, uns „als Abonnent“ mit brüsken Mahnungen zu belästigen, wenn wir uns nicht bereit gefunden haben, seinem vermeintlichen Anspruche auf einen gemüthlichen Gedankenaustausch mit uns in schuldiger Dienstbeflissenheit zu genügen? Wo in aller Welt haben Sie denn Ihre curiosen Vorstellungen von dem Geschäftskreise einer Redaction sich hergeholt? Allerdings wird bei uns viel Zeit und Kraft auf die Beantwortung von Privatbriefen aus dem Publicum verwendet. Es geschieht dies aber immer nur nach sorgfältiger Prüfung der Gegenstände, und meist nur aus rein humanen Beweggründen in solchen Fällen, wo dem Wohle des Fragenden durch Rath oder Auskunft gedient werden kann. Von einem Zwange aber und einem Rechte auf Erwiderung kann auch hier nicht die Rede sein, geschweige daß wir im Stande wären und uns dazu herbeilassen könnten, auch noch in ernstlicher Correspondenz auf alle die brieflichen Expectorationen, kindischen Einfälle, abgeschmackten Rath- und Vorschläge, kurz auf alle die gänzlich müßigen, zum großen Theil sichtlich aus frivolem Zeitvertreibungsbedürfniß hervorgegangenen Anfragen uns einzulassen, welche die Post im Laufe eines Jahres tausendweise an uns zu befördern hat. Wir haben gegen solche Behelligungen nur ein Schutzmittel, den Papierkorb, und können Ihnen daher für die „Geduldprobe“, die Ihnen unser Stillschweigen auferlegte, nur den Trost geben, daß Sie recht viele Leidensgefährten haben, wenn sie auch nur selten so unbescheiden sind und an so wunderlichen Vorstellungen leiden, wie Sie.

Abonnent in Russland. Das von Ihnen zum Gegenstand einer Anfrage gemachte ärztliche Bureau in Leipzig ist natürlich reiner Humbug ebenso das R.’sche Buch.

Sanin. Die Schlegel-Tieck’sche Uebersetzung.

D. N. in Hersford. Auf Kritik läßt die „Gartenlaube“ sich grundsätzlich nicht ein, weder brieflich noch an dieser Stelle.

Abonnent in B. Ist bei häufiger Reinigung durchaus unschädlich.

Mehreren Fragestellern zur Antwort, daß allerdings das von uns bereits empfohlene Pensionat der Frau Mathilde Beta in Berlin (Schellingsstraße 16) fortbesteht und in recht gedeihlicher Entwickelung begriffen ist.

F. R. Nicht geeignet und daher dem Papierkorbe bereits übergeben.

W. F. N., S. Adlr. in Wien und A. H. Ungeeignet! Verfügen Sie gefälligst über das Manuscript.

Mignon in Dresden. Robert Burns.



Zu Festgeschenken geeignete Artikel aus dem Verlage
von Ernst Keil in Leipzig.

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Die Verfasserin, eine unserer talentvollsten Novellistinnen und durch ihr Erstlingswerk „Erinnerungen meiner alten Freundin“ bereits vortheilhaft bekannt, hat mit obigem in der „Gartenlaube“ veröffentlichten zweiten Romane einen so entschiedenen Erfolg errungen, daß die Herausgabe desselben in Buchform in allen Kreisen lebhaftes Interesse erwecken wird.




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Scherenberg’s Gedichte werden sich auch in dieser neuen Ausgabe durch ihre freisinnige patriotische und religiöse Tendenz ohne Frage eine erhebliche Anzahl neuer Verehrer erwerben. Politik und Vaterlandsliebe, Lenz und Liebe und was sonst das menschliche Herz bewegt – all die alten Themata der Poesie erhalten hier in dem Spiegel einer fein angelegten Dichternatur einen neuen ansprechenden Ausdruck, der nicht verfehlen kann in der deutschen Leserwelt ein starkes Echo zu finden.




Feuerseelen.

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E. Werber.

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Frau E. Werber entrollt in ihren geist- und stimmungsvollen Novelletten „Charlotte Venloo“, „Ein Meteor“ etc. Seelengemälde von packender Schönheit, hinreißender Leidenschaft und tiefer psychologischer Bedeutung. Die Verfasserin überragt durch die Eigenart ihrer Weltanschauung, wie durch das, meist düstere, Colorit ihrer gedankentiefen Prosadichtungen die Mehrzahl der heutigen Novellisten um Haupteslänge.



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