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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

Johannes Brahms.
Nach einer Photographie auf Holz gezeichnet von Adolf Neumann.

musikalisch, und den Fortschrittlern zu eigenartig musikalisch für ihre billige Begeisterung. So leuchtete der Name Brahms nur eine kurze Kometenzeit; dann war das Verheißungswort Schumann’s vergessen, und der junge Küstler trat für die Menge wieder in die „glückliche Verborgenheit“ zurück. Es war von nun ab für viele Jahre nur eine kleine Schaar sinnesverwandter Musikernaturen, deren Liebling er blieb und die an seine weitere Entwickelung die größten Hoffnungen knüpften. Wenn aber Einer aus dem Kreise dieser Schwärmer ein Heft neuer Lieder von Brahms in die Hände eines singenden Dilettanten zur gefälligen Ansicht gab, so bekam er es in der Regel am achten Tage wieder zurück mit einem verbindlichen Lächeln, aber ohne eigentlichen Dank. Und fragte man einen Dirigenten, dessen künstlerische Ansichten man nicht genau kannte, um die baldige Aufführung eines größeren Instrumentalwerkes von J. Brahms, so that man gut, auf ein Achselzucken und eine ablehnende Bemerkung gefaßt zu sein.

So war für lange Zeit die Durchschnittsmeinung dem Componisten nicht hold, und es muß deshalb mit besonderem Danke Derer gedacht werden, welche sich in jener Periode seiner „undankbaren“ Werke annahmen. Es waren allerdings die Besten aus der musikalischen Künstlerreihe dabei, wie Joachim, Kirchner, Clara Schumann, und nicht zu vergessen Julius Stockhausen, dessen Name mit den Magelonen-Romanzen verflochten bleiben wird. Literarisch suchte der Dessauer Dr. Schubring ihm die Wege zu bahnen. Aber erst, als das erste große Tonwerk von Brahms, das „Deutsche Requiem“ aufgeführt war – das geschah vollständig im Jahre 1868 im Bremer Dome – trat der große Tondichter in den Genuß der allgemeinen „Berühmtheit“

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_221.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)