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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)


Würde ich Ihnen nach unserem Zusammentreffen noch einmal schreiben wollen, dann würde es freilich heißen „cela engagerait à tout“. Werde ich aber wohl finden, daß Sie das verdienen, Ritter Emil?

Diane“ 

Was ich beim Lesen dieses Briefes empfunden, was mich nun beim Gedanken an das bevorstehende Zusammentreffen mit Diane bewegt, das vertraue ich diesen Blättern nicht an. – Ich vermag’s nicht. Aber Eines muß ich doch sagen: Diesmal tausche ich um zwei Millionen mit keinem Menschen.

Gestern, als ich Saalfeld’s Einladungskarte zur Jagd erhielt, schob ich dieselbe gleichgültig bei Seite und dachte: „Nun, das wird eine kleine Zerstreuung werden, da ich ja doch nicht recht aufgelegt bin an meinem Werke zu arbeiten“ – aber ich ahnte nicht, zu welch einem Zauberfeste mich die unscheinbare Karte ruft. Sie liegt jetzt hier neben Dianens „letztem Briefe“ auf dem Schreibtische, und ich betrachte sie zärtlich. Es sind ein paar Rehe, Jagdtaschen und Flinten darauf gezeichnet. Statt dessen sollten es allegorische Figuren: Engel, Spitzenmasken und Paradiesschlüssel sein.

Die Spannung, die Erwartung einer sicheren Ueberraschung gehört doch zu den höchsten menschlichen Freude-Empfindungen. Man frage das Kind, welches des Glockenzeichens harrt, das es zur Christbescheerung ruft, oder den Theaterliebhaber, der, auf das Erscheinen einer Kunstgröße gespannt, den aufrollenden Vorhang fixirt, oder den Jüngling, der zum ersten Stelldichein die beflügelten Schritte lenkt – und ich, der ich zugleich neugierig, kindisch und verliebt bin, empfinde diese Erwartungswonnen im Quadrat.

O, wenn ich denke, daß auf den losen weißen Blättern, die hier in meiner Mappe liegen, nächstens die Entwickelung des ganzen kleinen Romans stehen wird! Denn ich verspreche mir heilig, die Ereignisse der Saalfelder denkwürdigen Jagd hier einzutragen.

Ich nehme Sie, Geehrtester, welchem ich zuerst an dieser Stelle meine schönen Theorien in das gütig willige Ohr träufelte, zum Zeugen, daß ich mich verpflichtete, die begonnene Kette von Gedanken- und Ereignißmittheilungen nicht plötzlich abzubrechen, sondern alles, was nun mit Bezug auf diese Geschichten vorfallen wird – und wenn es die ärgste Enttäuschung wäre – hier gewissenhaft und haarklein niederzuschreiben.

„Nur planmäßig vorgehen,“ wie ich schon einmal betont habe. –

Wenn Sie mich auslachen wollen, so ist mir das ganz angenehm. Ich bin so intensiv vergnügt, daß ich mich wirklich über gar nichts zu ärgern vermag, und ihn ganz willig Ihrem Spotte überlasse, den famosen, jetzt so beneidenswerthen, armen Kettenphilosophen.

(Fortsetzung folgt.)




Blätter und Blüthen.


Goethe’s Adelswappen. Ersucht, über Goethe’s Wappen einiges Nähere mitzutheilen, geben wir anläßlich der fünfzigsten Wiederkehr vom Todestage des Dichters folgenden Angaben darüber hier Platz. Bekanntlich wurde Goethe im Jahre 1782 auf Ersuchen des Herzogs Karl August durch ein Diplom des Kaisers Joseph’s des Zweiten in den Adelstand erhoben. Die Herzogin-Mutter Anna Amalie hatte dem Dichter und Minister schon einige Zeit vorher mitgetheilt, daß ihr Sohn ihn wegen seiner nahen Stellung zum Hofe adeln müsse und wolle, und Goethe hatte hierüber an Frau von Stein berichtet, „er habe sehr einfach seine Meinung gesagt und einiges nicht verhehlt“.

Als er das Adelsdiplom empfangen hatte, schickte er es im Juni 1782 seiner eben genannten Freundin mit dem Bemerken, daß er sich bei demselben gar nichts denken könne, und that die charakteristische Aeußerung: „wie viel wohler wäre mir’s, wenn ich, von dem Streit der politischen Elemente abgewandt, in Deiner Nähe, meine Liebste, den Wissenschaften und Künsten, wozu ich geboren bin, meinen Geist zuwenden könnte!“

Das dem Dichter verliehene Wappen zeigte nicht drei Leiern, wie das an Goethe’s Vaterhause zu Frankfurt, sondern einen sechseckigen Stern; ein gleicher, kleinerer Stern war über dem auf dem Schilde stehenden Helme angebracht. Wie Goethe’s Vater das Wappen seines Hauses auch als Petschaft führte, so ließ sich auch der Sohn nach dem empfangenen Adelswappen ein Siegel stechen. Er hat mit demselben manche Briefe, z. B. an seinen Freund Zelter, gesiegelt; gleichen Siegels bediente sich nach seinem Tode Goethe’s Schwiegertochter Ottilie von Goethe, und dasselbe führen noch jetzt die Enkel des Dichters.

R. K.     


Ein Prophet.

Ihr könnt mir glauben, er hat’s geseh’n,
Ganz wie es kommt und ist und wird.

Im Hornungsspätroth ist’s gescheh’n:
Vom Zweig’ ein Fink’ ist abgeschwirrt;

5
Der spürt’ ein Saften zuerst im Baum,

Spürte, spürte und nickte kaum,
Schwirrt ab und sagt: Auf Ehrenwort,
Schon rieselt’s innen im Ast und kriecht
Wie Füße herauf an einer Wand;

10
Mir war’s, wie wenn man Thauwind riecht,

Daß mir das Haar zu Berge stand.
Ich hab’s gespürt, es rückt so fort
Und muß noch stärker und muß uns bald
Herüberlauten vom hohen Wald:

15
Es treibt und steigt und ist im Lauf,

Und unser keiner hält es auf;
Es kommt,
Es kommt!

So sagt er, und wie Lebensduft

20
Ging heimliches Schüttern durch die Luft.


  J. G. Fischer.



Kleiner Briefkasten.

Leseverein Wiederhof. Unverlangt Ihnen zugesandte Bücher und Zeitschriften, welche Sie nicht zu behalten beabsichtigen, dürfen Sie allerdings nicht aufschneiden.

A. D. in Wien. Den Artikel über die Ahn’sche Lehrmethode finden Sie in Nr. 32 der „Gartenlaube“ von 1879.

D. R. in M. List u. Francke, K. F. Köhler, T. O. Weigel in Leipzig, Calvary u. Comp. in Berlin.



Unsern Lesern.

welche ihren Familien-Bibliotheken die „Gartenlaube“ als belehrendes und unterhaltendes Hausbuch Jahrgang an Jahrgang zur fortgesetzten Benutzung einverleibt haben, zeigen wir hiermit an, daß das so lange schon erwartete

vollständige Generalregisters der „Gartenlaube“
vom ersten bis achtundzwanzigsten Jahrgang (1853 bis 1880)
Systematisch zusammengestellt von
Dr. Friedrich Hofmann,
seit 1861 ständigem Mitarbeiter der „Gartenlaube“.
Elegant broschirt, 20 Bogen im Format der „Gartenlaube“. 0 Preis 4 Mark.

soeben erschienen ist. – Dasselbe bietet eine bis in’s Detail nach Stichwörtern geordnete Uebersicht über den reichhaltigen und werthvollen Inhalt der ersten Jahrgänge der „Gartenlaube“, welche zugleich die ereignißreichste Periode unseres Zeitalters umfassen, und im Anschluß daran in einem besonderen zweiten Theile ein vollständiges Register der Illustrationen der besagten Jahrgänge.

Zur Benutzung der „Gartenlaube“ als „Quelle der Belehrung in allen Zweigen der Wissenschaft und Kunst, des industriellen Schaffens, des Verkehrs und des öffentlichen und häuslichen Lebens“ sei das Generalregister hiermit angelegentlich empfohlen.

Leipzig, im März 1882. Die Verlagshandlung von Ernst Keil. 



Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_184.jpg&oldid=- (Version vom 28.6.2022)