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verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

denn das souveraine Volk, nach erfüllter Pflicht, bei Tanz und Musik, bei Lieder- und Becherklang gütlich that und seine selbstgewählte Obrigkeit hoch leben ließ.

Und wie lange wird diese Eigenthümlichkeit der kleinen Cantone noch dauern?

Das ist schwer zu sagen – gewiß aber nicht ewig. Es ist eine zu große Anomalie, daß gerade in denjenigen Cantonen, in welchen nie eine gesetzlich anerkannte Aristokratie bestanden hat, ein factischer Adel den ehemaligen rechtlichen der Städte überdauert, daß gewisse Familien im Besitze der Aemter bleiben, weil deren Glieder ihres Reichthums wegen allein im Stande sind, dem Lande ohne Gehalt zu dienen; sie müßten ja keine Menschen sein, wenn sie dies blos aus Pflichtgefühl und nicht auch aus Ehrgeiz thäten. Vor Kurzem erst begann die Gotthardbahn mitten durch Uri Menschen und Güter, Vertreter einer neuen Zeit, in größerer Menge als je zuvor zu tragen, und so fest ist Uri trotz seiner Berge nicht, daß es dem Einflusse freisinniger und weltbürgerlicher Ideen auf die Dauer widerstehen könnte. Die ganze Geschichte des Menschengeschlechtes steuert – wir freuen uns dessen nicht, können es aber auch nicht bestreiten und noch weniger verhindern – in entschiedenstem Maße einer Nivellirung entgegen, und diesem Schicksale kann kein Volksstamm, er mag noch so conservativ sein, widerstehen.

O. Henne-Am-Rhyn.     


Blätter und Blüthen.

„Die ‚Gartenlaube‘ und der deutsche Lehrerstand.“ Wir freuen uns, schon heute laut aussprechen zu können, was wir bei der Veröffentlichung des Artikels mit der obigen Ueberschrift in Nr. 23 wohl glaubten denken zu dürfen: wir wissen nun, daß durchaus nicht der ganze deutsche Lehrerstand, wie allerdings die betreffenden Zeitungen behauptet hatten, sondern nur ein Bruchtheil desselben hinter jenem Angriffe gestanden. Es sind in den wenigen Tagen seit dem Erscheinen unserer Erwiderung auf die Angriffe der dort berührten Lehrer-Zeitungen so viele und so herzliche Briefe aus der Lehrerwelt, und zwar aus den verschiedensten Theilen unseres Vaterlandes, bei uns eingetroffen, daß wir nicht umhin können, schon heute dafür öffentlich unsern Dank darzubringen. Leider dürfen wir uns nicht gestatten, von diesen Einsendungen vollen öffentlichen Gebrauch zu machen, aber zu verschweigen brauchen wir ebenso wenig, daß in allen sich ernste Entrüstung über das Gebahren jener Ueberempfindlichen äußert, die als „ein Gegenstand der Verwunderung aller Vorurtheilsfreien“ bezeichnet werden. Man findet die Annahme, daß der Schulmeister im „Friedensstörer“ eine Verleumdung des deutschen Lehrerstandes und eine Schädigung der Volksbildung sei, noch weit komischer, als den Schulmeister selbst, und sagt mit würdiger Beachtung der Lage: „Gerade heutzutage, wo der Ultramontanismus so stolz das Haupt erhebt und mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln die schönen Errungenschaften auf dem Gebiete der Volksschule wieder zu vernichten sucht, ist es doppelt verwerflich, die beste und thatkräftigste Vorkämpferin auf diesem Gebiete durch nichtssagende Anschuldigungen zu verunglimpfen, und kann Solches dem Lehrerstand keine Ehre machen.“ – Und wenn wieder ein Anderer den Wunsch ausspricht: „die geehrte Redaction wolle auch fernerhin ihre so hochgeschätzten Sympathien dem deutschen Lehrerstand zuwenden“ – so haben wir darauf nichts zu erwidern als: „Es bleibt beim Alten!“ D. Red.     


Noch einmal: „Zum Jahrestage des Hambacher Festes“.[1] Bei Gelegenheit des fünfzigsten Jahrestages des Hambacher Festes sind in einem rheinischen Provinzialblatte Angriffe laut geworden gegen das Andenken eines der Hauptführer der Opposition in der baierischen Kammer und der Reformbewegung der Rheinpfalz während der Jahre 1830 bis 1832 – gegen das Andenken Friedrich Schüler’s aus Zweibrücken. Dem gegenüber fühle ich mich zu der Erklärung veranlaßt, daß Schüler’s hauptsächlichster politischer Kampfgenosse, mein Vater, Joh. G. Aug. Wirth, von Friedrich Schüler stets mit Ausdrücken der größten Hochachtung gesprochen hat, als von einem ebenso hochbegabten wie edlen Patrioten, einem Manne, an dem jeder Zoll ein Gentleman! Max Wirth.     

  1. Bekanntlich ist die Jubelfeier dieses Festes, welche noch vor zehn Jahren ungestört abgehalten werden konnte, bei nunmehr gänzlich veränderten Verhältnissen polizeilich verboten worden.




Beim Citherklang.
(Mit Abbildung Seite 433.)

Kein Saitenspiel klingt uns mit solcher Gewalt,
Wie die Cither; sie zwingt uns, ob Jung oder Alt –

Sie zwingt uns zu eitel Lustsingen und Tanz,
Ob Schnee auf dem Scheitel, ob blühender Kranz.

Ob Männlein, ob Weiblein, wenn’s Herz nur erst lacht.
So fährt in die Beine der Zauber mit Macht.

Da hat es die Jüngste schon selber erlebt,
Wie an Großvaters Arm sie im Tanze hinschwebt.

Sie schwebt, und er juchzet und donnert dazu
Auf dem Boden den Tact mit benageltem Schuh.

Ein Junger, der alt thut – verlach’ ihn der Spott!
Ein Alter in Jugendlust – den segne Gott!

 Fr. Hofmann.


Kleiner Briefkasten.

B. G. in Potsdam. Das Marketenderwesen in der deutschen Armee wurde durch das Reglement vom 7. Mai 1875 geregelt. Dasselbe stellt die Zahl der Marketender und ihrer Gehülfen für die einzelnen Truppentheile fest. Nach dem Wortlaut dieses Reglements dürfen im Kriegsfalle nur Leute des Beurlaubtenstandes, vorzugsweise aber Solche, die der Landwehr angehören, als Marketender angestellt werden. Die Marketender, denen es gestattet ist, ihre Frauen als Gehülfen mitzuführen, tragen Dienstmütze und Achselstücke ihres Truppentheils, erhalten Löhnung, Verpflegung und Ration für ihre Pferde und werden bei etwaigen von ihnen begangenen Vergehen nach den Militärstrafgesetzen abgeurtheilt.

K. v. H. in St. Petersburg. Ohne jede Angabe über Alter, Stand, Aussehen und etwaige besondere Kennzeichen ist ein Vermißter, namentlich von zwanzig Jahren her, schwerlich zu finden.

Fr. Schm., Deichstr., Hamburg. Was Sie uns zumuthen, ist die Erlassung einer Art Steckbriefs. Das ist Sache Ihrer Behörde.

A. W. in Ravensburg. Antwort auf Ihre Anfrage finden Sie in jedem guten Conversationslexicon.

M. in Str. Sie haben Recht: Es sind Sperlinge.

A. Z. in Brünn. Redactionsgeheimniß!

Elise St. in Braunschweig. Ihre „Annonce“ wurde wohl irrthümlich an „die Redaction der ,Gartenlaube‘“ gerichtet; Sie meinten wahrscheinlich die „Allgemeinen Anzeigen zur ‚Gartenlaube‘“, mit welchen die Redaction der „Gartenlaube“ nichts zu thun hat. Wenden Sie sich an die Administration derselben!



Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das zweite Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten ihre Bestellungen auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

An der Spitze des nächsten Quartals wird die bereits angekündigte fesselnde Erzählung

Bob Zellina von Karl Theodor Schultz

ihren Platz finden, der sich mehrere andere Novellen, so namentlich Der Kampf um die Haube von Stefanie Keyser, anschließen werden.

Aus der Zahl der demnächst erscheinenden belehrenden und unterhaltenden Artikel heben wir vorläufig hervor: Garibaldi, eine Charakteristik des großen Republikaners, von Johannes Scherr, weitere Beiträge Aus der Samariterschule von Professor Esmarch (in Kiel), Das historische Festspiel in Rothenburg ob der Tauber von Karl Braun-Wiesbaden, Der Londoner Silbermarkt von W. Hasbach, Die Magdeburger Börde, Skizzen aus der Fränkischen Schweiz, sowie die Fortsetzungen der Rubriken Bilder von der deutschen Ostseeküste, illustrirt von Robert Aßmus, und Um die Erde, mit Illustrationen von Rudolf Cronau.

Wir wiederholen bei dieser Gelegenheit, daß die Lieblings-Erzählerinnen der „Gartenlaube“

größere Beiträge unter der Feder haben.


Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere. Die Verlagshandlung. 


Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1882, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_436.jpg&oldid=- (Version vom 9.7.2023)