Seite:Die Gartenlaube (1882) 561.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Adolf Friedrich Graf von Schack.
Nach einer Photographie auf Holz gezeichnet von Adolf Neumann.

Aufgang der großen Sonne, den neuen Gott, den alle Geschlechter ersehnen, und die goldene Zeit. Derselbe zukunftsfreudige Idealismus spricht sich in dem schwunghaften Gedicht „Amerika“ aus, das in Rhythmen von Platen’scher Formvollendung ein wahrhaft glänzendes Colorit zur Schau trägt, und in der Hymne, welche der Sänger dem neuen Jahrhundert weiht und in der er von dem Menschen singt:

„Er, der einst auf Eichenpfählen, in der Seen Grund gerammt,
Dem Geschick, dem grausen, fluchte, das zum Dasein ihn verdammt,
Nun der Elemente Meister, Herrscher über Zeit und Raum,
Herrlich sich erfüllen sieht er alter Seher Wundertraum,
Segelt durch den höchsten Aether hin auf luftbeschwingtem Kahn,
Taucht durch blauer Wogen Zwielicht in den tiefsten Ocean.“

Der gleiche lebensvolle Stil zeichnet die „Weihegesänge“ (1878) aus: sie feiern große Künstler, Dichter und Staatsmänner; sie haben denselben prophetischen Zug; sie besingen die Entwickelung der Natur nach den neuesten erkannten Gesetzen, die Entwickelung der Menschheit zu großen und schönen Zielen; es sind bedeutsame Gedankensymphonien, in denen auch das Naturbild farbenreich illustrirt wird.

„Der gestirnte Himmel über uns“, auf welchen der Königsberger Philosoph so bedeutungsvoll hinwies, spiegelt sich oft in den Schack’schen Dichtungen, während sonst unsere moderne Muse selten genug das Auge zu ihm emporschlägt; überall drängt es unsern Dichter hinaus aus dem engen Kreise der nächsten Interessen:

„Arm ist, wer in seinem engen
Kreis das Ich gefangen hält;
Aber denen, die ihn sprengen,
Blüht und duftet auch die Welt.

Fühle jenes mächt’ge Ganze,
Das uns alle trägt und nährt,
Sonne dich in seinem Glanze,
Wärme dich an seinem Herd!

Auf der kleinen matterhellten
Erde nicht, die jetzt dich bannt,
In dem großen All der Welten
Ist der Menschheit Vaterland.

Und die Wesenschaaren alle,
Von des Abgrunds tiefstem Schlund
Bis zum höchsten Sonnenballe,
Eint ein großer Geisterbund.“

Dieser Gedankenpoesie gehören auch die „Nächte des Orients“ an, keineswegs nur bunte Märchen aus „Tausend und eine Nacht“, eine Mosaik jener farbenprächtig flimmernden Steinchen, von denen die dichterischen Feenpaläste orientalischer

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 561. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_561.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2023)