Seite:Die Gartenlaube (1882) 688.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Etwas über die Holzschneidekunst.
Von Carl B. Lorck.[1]
Die drei Illustrationsmethoden: 1) Tiefdruck (Kupferdruck), 2) Druck in der Ebene (Lithographie), 3) Hochdruck (Holzschnitt), und ihre principiellen Verschiedenheiten. – Der Holzschnitt und seine Technik in alter Zeit. – Der Verfall des Holzschnittes und sein Wiederaufleben durch Bewick. – Die neue Technik und die neuen Druckpressen. – Die Kunst des Druckens.


Der Begründer und langjährige Herausgeber der „Gartenlaube“ war ein schlichter, aber zugleich ein kluger Mann, wie nicht Viele. Als er sein Blatt in’s Leben rief, entschlossen, sein Herzblut daran zu geben, bot er Alles auf, um sich mit einem Kreis von talentvollen Mitarbeitern zu umgeben, aber selbst im Verein mit diesen wäre es der „Gartenlaube“ wohl nicht gelungen, die beispiellose Verbreitung und Beliebtheit überall da zu erwerben, wo Deutsche weilen, wenn nicht Ernst Keil vom Beginn an darauf bedacht gewesen wäre, um vor allem eine Mitarbeiterin an sein Unternehmen zu fesseln, die der „Gartenlaube“ bis zur Stunde treu geblieben und heute frischer wirkt als je. Wir meinen die Xylographie, die Holzschneidekunst.

Und doch, trotz der allgemeinen Beliebtheit dieser Mitarbeiterin, wie klein ist die Zahl derjenigen Leser, welche vom eigentlichen Sein, vom Charakter und der Arbeitsweise derselben einen klaren Begriff haben! In der Regel erfährt ja der Leser eines Blattes erst etwas Näheres über die Mitarbeiter desselben, wenn diese dahingeschieden sind.

Da nun die Redaction der „Gartenlaube“ trotz der eigenen Jugendfrische wenig Aussicht hat, lange genug zu leben, um den Nekrolog der Genannten zu schreiben, so war es ein sehr natürlicher Wunsch derselben, dieser verehrten Mitarbeiterin noch bei deren Lebzeiten ein kleines Denkmal zu setzen. Dieser Wunsch gab Veranlassung zu den folgenden Zeilen, die niedergeschrieben wurden von einem alten Bekannten der Dame, der manche Stunde in ihrer Gesellschaft zugebracht hat und die Verehrung der Redaction für sie theilt, der aber trotzdem nicht zu den Eingeweihten gehört, sondern nur das mittheilen kann, was er bei seinen wiederholten Besuchen erfahren hat. Also zu Sache!


Es giebt drei verschiedene Arten, Illustrationen durch den Druck zu vervielfältigen: den Hochdruck, den Tiefdruck und den Druck in der Ebene.

Was zunächst die Vervielfältigung mittelst des Hochdrucks auf der Buchdruckpresse betrifft, so geschieht sie durch den Holzschnitt oder durch eine Metallhochätzung, während der dem Holzschnitt vorangegangene Metallhochschnitt sowie die eine Zeitlang geübte lithographische Hochätzung für die heutige Praxis keine Bedeutung mehr haben.

Für den Tiefdruck auf der Kupferdruckpresse ist ein durch Gravirung oder Radirung und Aetzen in einer Kupfer- (oder Stahl-)Platte hergestelltes Bild erforderlich; denn anderes Material, als das genannte, kommt jetzt wenig in Frage.

Der Druck in der Ebene endlich, die jüngste der erwähnten drei Verfahrungsarten, dessen Erfinder Alois Senefelder (geboren 1771, gestorben 1834) ist, kann nur von einer Zeichnung auf dem lithographischen Stein oder auf Zink, die mit besonders dazu präparirter Kreide oder Tinte hergestellt wurde, auf der lithographischen Presse bewerkstelligt werden. Auf die vielseitigen photomechanischen und photochemischen Illustrationsmethoden ist hier nicht besondere Rücksicht zu nehmen, da sie nur zur Umwandelung der Photographie in eine nach der einen oder der anderen der erwähnten Methoden druckbare Platte dienen.

Sehen wir von dem chinesischen Holztafeldruck und den allerursprünglichsten Anfängen, einen hoch- oder tiefgeschnittenen Stempel zu benutzen, ab, so liegen die drei großen Erfindungen: die Kupferstechkunst, die Xylographie und die Typographie, nicht weit von einander ab und gehören der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts an. Daß die Typographie und die Xylographie deutsche Erfindungen sind, darüber herrscht schon lange kein Zweifel mehr. Ueber die Erfindung der Kupferstechkunst wird zwar noch gestritten: jedenfalls ist sie in Deutschland eine ursprüngliche, mag sie auch ebenfalls in Italien und den Niederlanden selbstständig erfunden sein.

Den Metallhochschnitt, welcher älter als der Holzschnitt ist, gab man sehr bald auf. Das theure und schwerer zu behandelnde Metall mußte dem so gut wie nichts kostenden und leicht zu behandelnden Holze weichen, so daß heutzutage, wo mittelst Clichiren und Galvanisiren von einem Holzschnitte leicht eine Metallplatte hergestellt werden kann, der Metallschnitt nur noch für Gravirarbeiten Bedeutung hat.

Alle die erwähnten Illustrationsverfahren haben das Endziel mit einander gemein: ein Bild durch den Druck herzustellen; die Wege jedoch, die sie einschlagen, um dieses Ziel zu erreichen, sind, wie schon angedeutet worden, von einander durchaus abweichend.

Für den Kupferstich wird die Zeichnung, welche im Abdruck dunkel auf weiß erscheinen soll, in die mit Deckgrund überzogene Platte mit dem Stichel gravirt oder mit der Nadel radirt und dann geätzt, oder es findet eine Verbindung der erwähnten mit anderen Verfahren statt (Schabkunst, Aquatintamanier). Das Charakteristischste bei allen Arten des Kupferstiches aber ist, daß das zu druckende Bild erst vertieft sein muß, und zwar um so mehr, je kräftiger der Ton werden soll.

Um eine Platte mit vertiefter Zeichnung drucken zu können, muß die flüssige Farbe angetupft werden, sodaß sie in alle Vertiefungen eindringt. Die auf der glatten Oberfläche der Platte zurückgebliebene Farbe wird mit leichter Hand, aber sorgfältigst abgewischt, alsdann aber die Platte mit dem darauf gebreiteten und noch mit einem Filz bedeckten Papier einem kräftigen Druck zwischen Walzen ausgesetzt, wodurch das Papier durch die eigene Schmiegsamkeit und den weichen Filz in die Vertiefungen hinein gedrängt wird und die in diesen befindliche Farbe aufnimmt. Das ist das Verfahren bei einer Platte mit vertiefter Zeichnung.

Der Druck in der Ebene von einer Kreide- oder Federzeichnung auf dem lithographischen Stein beruht auf der Eigenthümlichkeit des letzteren, besonders nach erfolgtem leichten Aetzen und Anfeuchten die fette Druckfarbe an allen denjenigen Stellen abzustoßen, auf welche sich nicht die mit der fetten Kreide oder Tusche hergestellte Zeichnung erstreckt, während die bezeichneten Stellen das Feuchtwasser wieder abstoßen. Die Zeichnung wird mit dem Bogen bedeckt, durch einen Stoffdeckel geschützt und mit dem Stein einer starken Reibung in der Presse ausgesetzt. So wird der Druck erzielt. Dieselbe Eigenthümlichkeit wie der lithographische Stein hat eine Zinkplatte, die sich demgemäß in derselben Weise wie der erstere behandeln läßt.

Indem wir uns nunmehr zu unserm eigentlichen Thema, zur Betrachtung der Holzschnitt-Technik wenden, bemerken wir zunächst, daß die Herstellung eines Bildes in Holzschnitt im Princip der eines Kupferstiches diametral entgegengesetzt ist. Bei dem Holzschnitte wird die Zeichnung mit der Feder oder dem Bleistift auf einer polirten Platte von Buchsbaumholz ausgeführt, die zur leichteren Beurtheilung der Effecte in der Regel mit einem weißen Grund leicht überzogen wurde. Statt nun wie beim Kupferstich diese Zeichnung zu vertiefen, läßt sie der Holzschneider vollständig unberührt stehen, vertieft dagegen durch Wegstechen mit dem Stichel alles die Zeichnung umgebende Holz. Hätte man es also beim Drucken mit einer Kupferdruckpresse zu thun und behandelte man den Stock bei der Einfärbung wie eine Kupferdruckplatte, so würde man ein negatives Bild erhalten, in welchem Alles, was dunkel hätte erscheinen sollen, weiß geblieben wäre und umgekehrt.

In der Buchdruckerpresse bekommt die Sache ein anderes Ansehen. Die schwerere Buchdruckfarbe, welche durch eine Walze von elastischer, aber fester Masse aufgetragen wird, färbt nämlich nur den hochstehenden Schnitt ein und dringt nicht in die Tiefen; folglich zeigen sich im Abdruck auch nur die Erhabenheiten schwarz. In

  1. Wir verweisen bei dieser Gelegenheit auf Carl B. Lorck’s soeben erschienenes, höchst beachtenswerthes „Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst“ I. Theil (1450 bis 1750) (Leipzig 1882, J. J. Weber), welches auch eine eingehende Geschichte des Holzschnittes in seinen Anfängen und seiner in das sechszehnte Jahrhundert fallenden Glanzepoche bietet. Allen, die sich für dieses Thema interessiren, sei das genannte Werk, von welchem der II. Theil die neue Blüthe und höchste Vollendung der Druckkunst (1750 bis 1882) schildert, auf das wärmste empfohlen. D. Red.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_688.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)