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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

Die Gegensätze berühren sich hier auffallend, denn während in irgend einer der Villen Piano gespielt wird, hört man nicht selten zugleich das Geheul der Brüllaffen und Stimmen anderer Thiere, welche die dichten Wälder der nahen Berge bewohnen. Gleich neben dem reizend eingerichteten, mit allem europäischen Comfort ausgestatteten Hause steht die Hütte der farbigen Eingebornen. Es war ein freundliches, aber höchst eigenthümliches Bild, welches uns entgegengrüßte, als wir auf dem breiten Wege im Thale hinaufwanderten.

Einheimische Musikbanden begegneten uns, welche ganz zur Scenerie paßten, ebensowohl durch ihre Kleidung wie durch ihre primitiven musikalischen Leistungen. Wir ließen sie so schnell wie möglich vorüber, und bald erreichten wir unser Ziel, denn zwischen dem üppigen Baumwuchs hindurch schimmerte die festlich geschmückte Villa des deutschen Freundes. Papierlaternen hingen vor der langen Veranda, und aus dem Salon leuchtete der Christbaum einladend herüber. Es war eine großblätterige Feigenart aus dem nahen Walde, welche den Tannenbaum ersetzen mußte. Aber um den Baum herum jubelten die Kinder, und ihre laute Freude übertönte die Stimmen der Eltern. Auf den Köpfen der Knaben saß der preußische Helm, kurz, Alles deutete auf das deutsche Fest. Auch die farbige Dienerschaft wurde bedacht und schien an der Art, wie die Geschenke ihnen gegeben wurden, große Freude zu haben.

Zuweilen erschienen einheimische Sänger, welche ihre Aquinaldos sangen und dazu die kleinen Guitarren ertönen ließen. Auch die Maraccas (Fruchtschalen, die mit trockenen Maiskörnern gefüllt sind), welche hier die Castagnetten vertreten, erklangen dazwischen. Dieses farbige, halbnackte Gesindel, welches selbstverständlich ein Geldgeschenk erlangen wollte, wurde nie lange aufgehalten, denn seine Musik war zumeist so kreischend und durch Mark und Bein dringend, daß die Weihnachtsstimmung dadurch nicht wenig beeinträchtigt wurde. So lange wie möglich wurde der Abend ausgedehnt, und heiter ging es zu in den luftigen Räumen, unter der Veranda, obwohl auch Mancher von den Festtheilnehmern sich abgesondert hatte, um still seinen Gedanken nachzuhängen, die hinüber über den Ocean eilten, zu den Seinen, welche zu gleicher Zeit, aber im geschlossenen Raume, bei eisiger Kälte, dasselbe Fest feierten. Hier umgab uns die üppigste Fülle der Natur und die laue Abendluft lud uns ein, in’s Freie zu gehen, während zugleich riesige Fledermäuse durch die Zimmer flogen. Große Nachtschwärmer und eine Menge anderer kleinerer Insecten umsummten und umgaukelten, vom Lichterglanz angezogen, den Christbaum. Bei dem vielen Licht überall war die günstigste Gelegenheit geboten, eine reiche Insectensammlung anzulegen, die auch nach Kräften benutzt wurde.

Im Jahre 1872 wurde uns in Puerto Cabello anwesenden Deutschen eine ganz besondere Weihnachtsfreude, ja ein für alle Deutschen höchst bedeutungsvolles Ereigniß sollte uns beglücken. Die deutsche Regierung hatte beschlossen, ein aus fünf Kriegsschiffen bestehendes Geschwader um die Erde segeln zu lassen, und zwar unter dem Befehle des muthigen, den Lesern der „Gartenlaube“ wohl bekannten Reinhold Werner. Dieses stolze Geschwader sollte den überseeischen Nationen die Flagge des neu erstandenen deutschen Reiches zeigen und den dort angesiedelten Landsleuten verkünden, daß sich das Vaterland zu neuer großer Macht emporgehoben habe, es sollte in den Herzen der Deutschen das Bewußtsein festigen, daß sie nun auch einer einigen Nation angehören, welche ihre in fernen Ländern weilenden Söhne nachdrücklich zu schützen vermag. Mit unbeschreiblicher Spannung spähten wir nach dem Horizonte, um die Masten des deutschen Geschwaders zu entdecken.

Endlich erschienen die ersehnten Schiffe und näherten sich schnell der Küste; schon leuchteten die deutschen Farben der Flaggen zu uns herüber, und bald bog das Geschwader in die herrliche Rhede von Puerto Cabello ein. Das Gerassel der Ankerketten tönte zu uns herüber als erster Gruß, und nun entfaltete sich ein hier noch nie geschautes Leben und Treiben. Während bisher nur immer dieselben wenigen Deutschen sich begegnet hatten, waren mit einem Male fast zweitausend Landsleute in unserer Nähe. Ein ungemein reger Verkehr zwischen den Schiffen und dem Lande entwickelte sich, und in kurzer Zeit hörte man überall Deutsch und fand in allen deutschen Häusern Angehörige des Geschwaders. Aber den Weihnachtsabend feierten beide Theile für sich, das Geschwader da draußen auf der Rhede nach seemännischer Art und die Familien am Lande. Dann aber folgten Feste auf Feste, welche zu Ehren des Geschwaders veranstaltet wurden, und ein großer Ball, welcher an Bord des „Friedrich Karl“ abgehalten wurde, setzte Allem die Krone auf. Es war für unsere Seehelden wie für uns eine herrliche, unvergeßliche Weihnachtswoche in den Tropen. A. G.     




Es war in der heiligen Christnacht.

Zerrissen das Herz von unbändiger Gluth,
Verzweifelnd am Dasein, gebrochen an Muth,
So stand ich und schaute mit düsterem Sinn
Zum sterneblitzenden Himmel hin –

5
0 Es war in der heiligen Christnacht.


Nicht Friede, nicht Ruhe, nicht Freude, nicht Lust
Erfüllte die drängende hadernde Brust,
Es kämpfte im Herzen unseliger Wahn –
Die Sterne, sie zogen die ewige Bahn –

10
0 Es war in der heiligen Christnacht.


Da öffnet der Himmel sich leise und mild,
Ich schaue verzücket der Mutter Bild
In himmlischem Glanze, und Engelsgesang
Durchzittert die Lüfte so klagend und bang –

15
0 Es war in der heiligen Christnacht.


Die Mutter, sie schaute so traurig mich an,
Als hätt’ ich unendlich ihr wehe gethan;
Und Thränen – die ersten im bösen Jahr
Entströmen dem Auge mir wunderbar –

20
0 Es war in der heiligen Christnacht.


Und Friede und Ruhe durchzog mir die Brust
Und himmlische selige Weihnachtslust –
Die Mutter lächelte lieblich und mild –
Verschwunden war das beglückende Bild –

25
0 Es war in der heiligen Christnacht.


Und „Friede“ tönte der Glocken Schall,
Und Ruhe und Friede allüberall!
Ich schaute sehnend zum Himmel an –
Die Sterne, sie zogen die ewige Bahn:

30
0 Es war in der heiligen Christnacht.

 Karl Wilhelmi.




Die Regeneration Aegyptens, speciell in Bezug auf den Sclavenhandel.

Von Adolf Ebeling.

Die Cholera ist im Pharaonenlande jetzt gottlob so gut wie erloschen, wenigstens im Haupttheile desselben, in Unterägypten, denn auch die vereinzelten Todesfälle in Alexandria sind nach Aussage der Aerzte sämmtlich auf Dysenterie zurückzuführen, die dort alljährlich in der heißen Jahreszeit vorkommt.

Nach dem Aufhören der Epidemie wird man sich nun mit verdoppelter Energie der inneren Neugestaltung Aegyptens zuwenden müssen, und jedenfalls hat diese letzte Heimsuchung das Gute gehabt, neue Schäden und Unzuträglichkeiten aufzudecken, die gebieterischer als je zuvor Abhülfe fordern. Dann wird man sich auch leicht mit der englischen Oberhoheit als mit einer vollendeten Thatsache versöhnen und aus der Noth eine Tugend machen.

Drei Hauptübelstände sind es namentlich, die gewissermaßen als die Grundursachen der ganzen ägyptischen Misère anzusehen sind und deren Beseitigung vor Allem in’s Auge gefaßt werden muß. Letztere wurde schon seit Mohammed Ali’s Tode stets feierlich versprochen, ist aber niemals, wenigstens nicht durchgreifend und allgemein, erfüllt worden. Das sind die Frohndienste,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 828. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_828.jpg&oldid=- (Version vom 25.1.2024)