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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

12. August 1883, um die Bremer Leser derselben gleichsam darüber zu trösten, daß ein Blatt den Gebrauch veraltet und sinnlos gescholten hatte:

„Ich war einmal im Badischen Zeuge davon, daß der Vorwurf allzu raschen Zuschlags für ein Gebot, das wohl noch hätte überstiegen werden können, von den Brüdern und andern Verwandten des Gepfändeten gegen den Auctionator erhoben, zu einer schweren Prügelei führte, in welcher der parteiische Beamte seine wohlverdienten Hiebe empfing.“

Die brennende Kerze, deren Erlöschen die Versteigerung beendet und entscheidet, ist nicht die, welche auf unserem Bilde im Leuchter steht, sondern das Lichtstümpfchen in der daneben aufgestellten Laterne. Das Leuchterlicht hilft nur dem Gerichtsschreiber lesen in dem etwas dunklen Raume, und daß alle Gegenwärtigen die wirklich wichtige Kerze auch klar sehen. Der Mann mit dem Barett auf dem Kopfe ist der vorsitzende Richter; diesseits des grünen Tisches sehen wir Kaufliebhaber oder andere Interessenten des auf die Rolle des Tages gebrachten Verkaufs.

Auction bei brennender Kerze in Bremen.0 Nach einer Originalskizze von C. C. Junghans.

Der Brauch beschränkt sich weder auf Bremen, noch kann er als veraltet gelten. Im Gebiete des französischen Rechts wird gerade so verfahren, nur daß da nach der Civilproceßordnung Art. 706 drei Kerzchen hinter einander angezündet werden und erlöschen müssen. Ist dies schon eine leidlich moderne Gesetzgebung, so enthält auch das neue elsässisch-lothringische Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vom 30. Mai 1880 folgende Bestimmung: „Die Versteigerung geschieht bei brennenden Kerzen in der Art, daß der Zuschlag ertheilt wird, sobald nach einem Gebot drei Kerzen, von denen jede wenigstens eine Minute gebrannt hat, erloschen sind, ohne daß ein Mehrgebot erfolgt ist.“


In Bremen hat der alte, aber hiernach immerhin auch heute noch als zeitgemäß anzuerkennende Brauch neuerdings eine bedeutungsvolle Veränderung erlitten. Unter der Wucht der Massen von Zwangsverkäufen, welche aus einer heftigen und langandauernden Häuserbaukrise hervorgingen, mußte man es aufgeben, ohne Weiteres die Kerze anzuzünden, sobald ein Haus oder Grundstück zur Versteigerung kam; vielmehr wartete man ein erfolgendes Gebot ab, und zündete dann das Laternenstümpfchen erst an. Sonst hätte man, da oft Hunderte von Häusern auf einmal zum Verkaufe gelangen sollten, den ganzen Tag bis tief in die Nacht hinein Kerzen nutzlos brennen und verloschen sehen können, der Kosten zu geschweigen. Die große Menge der feilgehaltenen Gebäude blieb damals stets ohne Liebhaber, und man schritt über diese zur Tagesordnung, ohne ihnen die Ehre eines Lichtleins zu erweisen. Hierbei hat man es auch dann bewenden lassen, als nicht mehr zwei- oder dreihundert, sondern nur noch zwei bis drei Immobilienverkäufe am Freitagnachmittag stattfanden, wie es seit einiger Zeit glücklicher Weise wieder der Fall ist. An dem Verfahren selbst zu rütteln, ist deshalb Niemandem eingefallen. A. Lammers.     


Billige Ferienreisen. Nach dem Vorgange schweizerischer, italienischer und anderer Bahnen hat der Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen für das deutsch-österreichische, rumänische und niederländische Bahnnetz einem fühlbaren Mangel mit einem Schlage abgeholfen, indem er vom 20. Mai dieses Jahres ab für sein ganzes Verkehrsgebiet die Einführung sogenannter combinirbarer Rundreisebillets zur Thatsache gemacht hat. Das gesammte deutsch-österreichische, rumänische und niederländische Bahnnetz ist zu diesem Behufe nach Anleitung eines für den Preis von 25 Pfennig zu habenden Büchleins nebst Uebersichtskarte in 1220 Routen zerlegt. Jede Route, welche je eine Ordnungsnummer erhalten, bildet ein für sich abgeschlossenes Ganzes und wird für jede der drei ersten Classen verkauft; durch Zusammensetzung der einzelnen Routen zu einer Rundreise in beliebiger Richtung und Ausdehnung ist daher nunmehr jeder Reisende in der Lage, sich selbst von der kleinsten Station aus einen Reiseplan nach seinen Intentionen zurechtzulegen und den dafür aufzuwendenden Fahrpreis genau zu ermitteln.

Als Minimum der zu durchfahrenden Reisestrecke sind 600 Kilometer und als Gültigkeitsdauer der Billete ist ein Zeitraum von 35 Tagen (5 Wochen) festgesetzt; auch wird, um den Charakter derselben als dem Vergnügungsverkehr dienend zu wahren, die Ausgabe auf die Sommermonate Mai bis September beschränkt und Freigepäck nicht gewährt. Die Fahrpreise sind unter Benutzung der jeweils bestehenden Personentarife derart aufgebaut, daß im Durchschnitt für eine Rundreise von 600 Kilometern und zwar für die erste Classe ein Preis von 41 Mark, für die zweite von 30 Mark und für die dritte Wagenclasse von 19 Mark zu zahlen ist. .....d     


Kleiner Briefkasten.

„Hoffnung und Täuschung“, N. M. in München. W. in B., R. B. in G., E. B. in Königsberg, H. Z. in Wien, F. K. in Tilsit. M. W. in Pr., G. L. in München, Julius Tr. in Wien: Nicht geeignet.

G. B. Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.


Inhalt: Brausejahre. Bilder aus Weimars Blüthezeit. Von A. v. d. Elbe (Fortsetzung). S. 425. – Der letzte Piratenzug der Korsaren von Tunis. Von Martini. S. 428. Mit Illustrationen S. 428, 429 und 432. – Der Entdecker des Cholerapilzes. Von Dr. F. S. 433. Mit Portrait S. 433. – Die Kindheit eines Riesen. Von Johannes Scherr. (Schluß.) II. S. 434. – Blätter und Blüthen: Die Katze an der Kette. Von Victor Blüthgen. S. 439. – Zwei seltsame Kinderstuben. S. 439. Mit Illustrationen S. 436 und 437. – „Bei brennender Kerze“. Von A. Lammers. S. 439. Mit Illustration S. 440. – Billige Ferinreisen. – Kleiner Briefkasten. S. 440.




Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das zweite (Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift, welche abermals eine Erhöhung der Abonnentenzahl (Auflage jetzt 260,000) erfahren hat. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.


In der ersten Nummer des nächsten Quartals beginnt die Erzählung:

„Die Herrin von Arholt“.
Von Levin Schücking.

Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

Die Verlagshandlung. 



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart.0 Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_440.jpg&oldid=- (Version vom 15.6.2023)