Seite:Die Gartenlaube (1884) 688.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

süßen trichterförmigen Gebäck versprochen,“ rühmte sie sich. „Es stammt aus Griechenland, ist Blätterteig mit Hymettoshonig bestrichen; sie bereitet es stets selbst, ebenso wie die Lukumia, die Confiture aus Rosenwasser und Zucker.“

Ihre Mutter schien nachdenklich. „Es war sehr anziehend, zu sehen, wie sie mit Würde die Hausfrau spielte, den Wein in die griechischen Schalen schenkte und dann wieder wie eine Gelehrte die verschiedenen Athenebilder erklärte. Es hat mich Alles interessirt; ich schaute in eine reiche Welt, die mir bis dahin verschlossen war.“

Der Oberst strich sich vergnügt seinen langen Schnauzbart. „Ein Hauptspaß wird’s, wenn wir den allergrößten hochmüthigsten Blaustrumpf in’s Regiment bekommen. Sie wird eine vornehme Frau, die sich auch für die höheren Grade eignet.“

„Triumphire nicht zu früh,“ warnte seine Gattin. „Ob es ihr möglich sein wird, in die Interessensphäre eines Officiers sich hinein zu denken, erscheint mir fraglich. Sie ist zu durchdrungen von der Wichtigkeit der classischen Bildung, um ganz in einem Mann aufzugehen, der durch und durch deutscher Soldat ist. Du hörtest, daß sie ihr Museum noch ausbauen will. So bereitet man sich nicht zur Frau eines Officiers vor. Uebrigens war es von Dir, Elsa, unpassend, daß Du sie fragtest, ob sie ihre Bibliothek mitnehmen wolle, wenn sie einen Herrn heirathete, der öfters versetzt werde.“

Elsa zog schmollend ihren Mund zusammen.

Der Oberst antwortete: „Na, thu’ mir den einzigen Gefallen. Mit dem Museum, das war Spiegelfechterei. Lehre mich die Frauen nicht kennen. Einem Bartenstein widersteht keine. Du kannst Dich darauf verlassen, der weiß sie zu cajoliren und zahm zu machen. Auf unserem Fest, das wir am Tag von Vionville ihm zu Ehren geben, weil er damals bei den altmärkischen Ulanen stand, wird er wohl die letzte Attake machen, und sie wird sich ergeben.“

„Wir werden sehen,“ sagte die Oberstin sanft. Sie widersprach nicht mehr. Das hatte sie sich in der Ehe abgewöhnt. Und sie wußte, daß bei den Männern ein blinder Glaube an ihre Unwiderstehlichkeit vorhanden ist, den nie eine Warnung, sondern nur eine Erfahrung erschüttern kann.

(Fortsetzung folgt.)

Verheißung.[1]
Mit Illustration.

Es leuchtet sonnig der Frühlingstag,
Die Blüthen duften im grünen Hag,
Da wandelt still durch des Gartens Au
Mit ihrem Knaben die bleiche Frau.
„Ach, Mutter, wie ist’s so schön ringsum
Und Du bist traurig, blaß und stumm!“ –
„Wohl fächelt die Stirn mir der Frühlingswind,
Im Herzen ist’s Winter, mein armes Kind.
Es klang das Horn, das zum Streite rief,
Dein Vater hört’s nicht, er schläft so tief;
Sein Harnisch rostet, umflort ist sein Schwert,
Und Feinde bedräuen ihm Land und Herd.
Aus blühenden Gärten, aus fürstlichem Haus
Verjagt man die Seinen – in’s Elend hinaus!“

Sie leitet weiter das schweigende Kind,
Umschlingt das Gewand ihm mit Blättergewind’
Und reicht ihm die Rose mit schmerzlichem Kuß:
„Deiner Heimath letzter Blüthengruß!“

Nun stehen sie still an der Mauer Rand
Und blicken hinaus in’s sonnige Land;
Da schallt gedämpfter Rossestrab:
Ein Reiter sprengt den Hohlweg herab,
Auf braunem Hengste ein frischer Gesell,
Das Wamms von Sammet, die Waffen hell.
Die Frau an des Knaben Seite erschrickt,
Sobald sie des Ritters Antlitz erblickt:
Dem einstens das liebende Herz sie verletzt,
Der lang’ sie gemieden, er naht ihr jetzt.

Er hält an der Mauer sein edles Thier:
„Gertrudis, heut’ komm’ ich wieder zu Dir.
Wie ist Dein Antlitz so bleich wie Schnee,
Mir blutet das Herz, da ich Dich seh’;
Du stehst mit Deinem Kinde allein –
Darf ich Dein Hort und Schützer sein?“ –

Es schweigt die Frau, doch der Knabe spricht:
„Du fremder Mann, so gut und licht,
Ja, schütze mich und mein Mütterlein,
Dann sollst Du so lieb wie der Vater uns sein!“

Die Herrin sieht bebend zum grünen Grund,
Sie schließt mit der Linken des Knaben Mund,
Der aber reichet mit kindlichem Sinn
Dem Ritter das rothe Röslein hin. –
Er nimmt es mit Hast aus der kleinen Hand:
„Das sei mir des Sieges Unterpfand!
Die Blüthe werde des Helmes Zier,
Die rothe Rose sei mein Panier!
Und kehre ich wieder aus glücklichem Streit,
Dann lege ab Dein Wittwenkleid,
Dann komm’ ich, die weiße Rose zu frein;
Gertrudis, darf ich? – Du sagst nicht nein? –
Hinaus denn zum Streite, sei Gott mit mir.
Den Vater, mein Knabe, erkämpf’ ich Dir!“ – –

Er steckt die Rose an seine Brust,
Das Pferd trabt weiter durch Gras und Blust.
Die Frau sieht ihm nach in träum’rischer Ruh,
Dann küßt sie den Knaben und – lächelt dazu.
 Anton Ohorn.

  1. Aus einer Gedichtsammlung, welche der unsern Lesern wohlbekannte Verfasser unter dem Titel: „Heimchen“, Gedichte von Anton Ohorn, soeben im Verlage von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig erscheinen läßt.

Die Deutschen in Oesterreich.

Ein Wort für den deutschen Schulverein.

Schon eine geraume Weile nehmen wir keine unserer Tageszeitungen in die Hand, ohne nicht wenigstens auf eine neue erregende Notiz zu stoßen über die rastlosen Anstrengungen einer ganzen Reihe kleinerer und größerer Völkerschaften, sich neue nationale Selbstständigkeiten zu gründen, und zwar die meisten auf Kosten einer alten Nation, die für Alle die Mutter und Pflegerin der gesammten Bildung war, deren sie sich erfreuen: der deutschen.

Die Leser der „Gartenlaube“ sind über diese Kämpfe gegen das Deutschthum in den österreichischen Ländern bereits unterrichtet. Schon vor zehn Jahren wiesen wir auf einen „verrathenen Bruderstamm“ hin in dem Artikel „Von unseren sächsischen Landsleuten im Osten“ (Jahrgang 1874, S. 274). Ihnen folgten 1880 (S. 403) die Artikel „Die Deutschen in Ungarn“ und 1881 (S. 375 und 402) „Die Sachsen in Siebenbürgen“. Ueber „Die Deutschen in Böhmen“ gaben wir den ersten Bericht im Jahrgang 1880, S. 834, und im laufenden Jahrgang (S. 460) zeigten wir in dem Artikel „Verlorenes deutsches Land“, welche außerordentlichen Verluste das Deutschthum gegen Südslaven und Italiener zu beklagen hat.

Der Kampf gegen das Deutschthum war in Ungarn und Böhmen längst entbrannt und wurde in beiden Ländern auf das Heftigste geführt, während in den südslavischen Gebieten nur

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 688. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_688.jpg&oldid=- (Version vom 14.12.2022)