Seite:Die Gartenlaube (1884) 710.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

wenn nicht diese seine ersten Erfolge so phänomenal glänzende gewesen wären. Seit jenen Tagen ist kein Bild auf Makart’s Staffelei trocken geworden. Händler und Liebhaber kämpften um seine Werke. Es war einerlei, was und wie es war, nur „ein Makart“ sollte es sein. Der Künstler kam nicht dazu, sich zu vertiefen, nicht dazu, die Kinder seines Genius reif auszutragen. Wäre er nach jenen ersten Bildern durch den harten Kampf um’s Dasein gezwungen worden, seine späteren Bilder mit Ernst und Bedacht und gediegen durchzuarbeiten, hätte er sonst keine Hoffnung und keine Aussicht gehabt, sie an den Mann zu bringen, so hätte sich der Segen einer solchen ernsten Arbeit auch an seinen späteren Schöpfungen offenbart, und es hätte sich heute mit derselben Sicherheit, mit der Makart als der populärste Maler unserer Tage bezeichnet wird, behaupten lassen, daß mit ihm auch der größte Maler der Gegenwart zu Grabe gegangen sei.

Ueber jene beiden Werke ist Makart künstlerisch nicht mehr hinausgewachsen. Sie zeigen in vollkommen scharfer Ausprägung seine künstlerische Individualität und das Bild dieser seiner Besonderheit blieb dasselbe, ob auch späterhin noch einige blendende Zuthaten dazukamen. Makart war von seinem ersten Auftreten an in seinen Vorzügen, wie in seinen Schwächen nicht nur einer auserlesenen Gemeinde von Forschern und Kennern zugänglich, sondern gleich den breitesten Schichten des Volkes verständlich, und darin liegt wohl auch der Schlüssel zu dem Geheimniß seiner außerordentlichen Popularität. Um einen Menzel oder Lenbach vollkommen würdigen und verstehen zu können, bedarf es der Sachkenntniß und eines gut geschulten Auges, während Makart’s Kunstweise sich im Guten, wie im Schlimmen sofort auch dem Auge des Laien entschleierte. Vor seinen Werken verstand auch der Laie sogleich, daß ihm da eine Gluth und ein Glanz der Farbe entgegenleuchte, wie sie seit der goldigen Glanzzeit der Renaissance noch nicht wieder gesehen ward, auch der Laie begriff die decorative Pracht, die ihm da entgegenlachte, und auch er spürte den gluthvollen Hauch einer verzehrenden Sinnlichkeit, und auch sein Auge reichte aus, um zu erkennen, daß all dem berückenden Farbenzauber nicht überall der rechte und volle künstlerische Ernst zugesellt sei, daß neben dem holden Spiele der Phantasie nicht immer auch die Strenge der besonnenen, auf die Durchbildung aller Theile gleichmäßig bedachten Arbeit in Action getreten sei.

Nach dem ersten so verheißungsvollen Auftreten Makart’s bot der Kaiser von Oesterreich dem Künstler in großherziger Munificenz ein würdiges Heim in Wien an. Makart erhielt ein Wohnhaus inmitten eines Gartens angewiesen und daneben ein Atelier, das nach seinen Angaben erbaut wurde, und zu welchem sich später, als dieses Atelier nicht mehr ausreichte, ein zweites gesellte, in welchem all die großen Gemälde entstanden, welche der Welt so reichen Stoff zum Gespräche und der Kritik stets neue Anregung zu Lob[WS 1] und Tadel bieten sollten.

Makart hat seine eminente decorative Meisterschaft nicht nur auf seinen Gemälden bethätigt, er ließ sie auch mit nicht geringerer Wirkung in die Erscheinung treten bei der Einrichtung seiner Wohnung, seiner beiden Ateliers und endlich bei der Durchführung des großen Festzuges, sowie im Arrangement jener feenhaften Künstlerfeste, die er von Zeit zu Zeit bei sich zu veranstalten liebte. Insonderheit war es sein großes Atelier, das eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges in Wien vorstellte und das wir, anknüpfend an eine frühere Schilderung in der „Gartenlaube“[1], in der nächsten Nummer in Bild und Wort unseren Lesern vorführen werden.

Nachdem sich der Künstler solchermaßen in Wien seßhaft gemacht hatte, begann er sofort, mit genialer Leichtigkeit und lebendiger Schaffensfreudigkeit eine reiche und umfassende Thätigkeit. Es entstanden in rascher Folge die herrlichen zwei Abundantia-Bilder, die Gaben der Erde und des Meeres behandelnd, sodann der allegorische Cyclus zur Decorirung der Wohnung des österreichischen Mäcen Nikolaus Dumba, seine „Ophelia“, „Julia auf der Bahre“, „Romeo und Julia“ und „Faust und Gretchen“. In dem Weltausstellungsjahre vollendete er, nachdem er zuvor noch eine Studienreise nach Italien gemacht hatte, das imposante Bild „Katharina Cornaro“, ein Gemälde, das sich gleichfalls eines fast beispiellosen Erfolges zu erfreuen hatte. In demselben Jahre noch unternahm er eine Fahrt nach dem Pharaonenlande, aus welchem er eine reiche künstlerische Ausbeute mit heimbrachte. Dort entwarf er seine verschiedenen Kleopatra-Bilder, und dort an Ort und Stelle malte er jene zahlreichen köstlichen ägyptischen Studien, die dann in der Heimath sammt und sonders mit so ungetheiltem Enthusiasmus aufgenommen wurden. Wieder heimgekehrt, malte er in unglaublich kurzen Fristen jene grandiosen Sensationsbilder, über welche die öffentliche Meinung sich noch immer nicht völlig beruhigt hat: den „Einzug Karl’s V. in Antwerpen“, die „Jagd der Diana“, den „Sommer“, und zwischendurch eine ganze lange Reihe von kleineren Compositionen und Bildnissen.

Aus dem, was wir bisher über Makart’s Begabung und Kunstweise gesagt haben, erhellt von selbst, daß er für die Bildnißmalerei nicht der rechte Mann war, weil es nicht in seiner Natur lag, den halbversteckten Charakterzügen einer Individualität nachzuspüren, um sie sodann mit emsiger Sorgfalt auf die Leinwand zu übertragen. Nichtsdestoweniger war er mit Aufträgen für Portraits immer überhäuft. Die schönsten Frauen drängten sich, von ihm gemalt zu werden, und wenn ihm auch nur selten ein Bildniß wohlgerieth, so waren sie doch immer entzückt von seiner Leistung, denn kein Anderer gab den Bildern eine malerisch so wirksame, prächtige, blendende Anordnung, und keines Anderen Pinsel wußte so pikanten Reiz zu entfalten.

Kurz vor seinem Tode arbeitete Makart noch an den Lunetten für das neue kunsthistorische Museum und an einem großen, fast vollendeten Gemälde „Der Frühling“, der ein Seitenstück zu seinem „Sommer“ zu werden bestimmt war. Mitten aus einer reichen Thätigkeit hatte ihn der erbarmungslose Tod herausgeholt. Fast unabsehbar sind die Arbeiten, die seiner noch harrten. Viele der neuen Monumentalbauten Wiens hätten von seiner Hand den letzten Schmuck erhalten sollen, und nun stehen sie verwaist da, weil der Würdigste, sie zu schmücken, dahingegangen, von wannen keine Wiederkehr. Ein schleichendes Leiden, das seit Jahren schon den Organismus des Künstlers untergrub, hatte sich plötzlich auf den centralen Sitz aller Lebensfunctionen, auf das Gehirn erstreckt, und nach wenigen Tagen war er niedergeworfen, verloren. Makart hinterläßt eine trauernde alte Mutter, eine zweite Frau und zwei Kinder, einen Knaben und ein Mädchen, aus erster Ehe.

Eine Makart-Schule überlebt den Meister nicht. Die schulbildende Kraft war ihm nicht gegeben, und man braucht darüber nicht zu klagen. Seine Kunstweise war eine Weise für Genies, Anderen hätte sie nicht zum Segen werden können. Aber wenn er auch keine Schule gegründet hat, so haben doch Kunst und Künstler in Oesterreich starke Impulse von ihm empfangen, die ohne Zweifel noch lange und segensreich nachwirken werden.


Meine jüngste Reise in Afrika.

Originalbericht von Ed. Robert Flegel.
I.
Vorwort der Redaction.

Ein seltenes Schauspiel bot sich am Abend des 4. October den Mitgliedern der Berliner Geographischen Gesellschaft dar, die in dem Saale des Architektenhauses versammelt waren, um von einem soeben heimgekehrten Forscher Berichte über neue Triumphe der Wissenschaft in dem „dunklen Welttheil“ zu empfangen. Dort knieeten vor dem Vorstand, dem Contre-Admiral von Schleinitz und dem Afrikareisenden Dr. Güßfeldt, zwei Neger in ihren charakteristischen faltenreichen Gewändern, mit weißem Turban auf dem Haupt, und hörten den Dank an, den ihnen die Geographische Gesellschaft aussprach und den der vor ihnen stehende kühne Reisende Eduard Robert Flegel verdolmetschte. In der That ein ungewöhnliches Schauspiel selbst für die Einwohner einer Weltstadt, in der schwarze Gäste keine Seltenheit bilden. Wohl haben seit jener ersten


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Leb
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 710. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_710.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)