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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)


die trauten Thierchen zu verlieren. Sie wurden nun von der Alten entfernt und an Milchtrinken gewöhnt, indem ich sie täglich mehrmals mit den Mäulern in mit Wasser verdünnte Kuhmilch tauchte. So gediehen sie gut und wuchsen ebenso kräftig heran, wie die Alten.

Alle unsere Hasen sind gegen uns überaus zahm und zutraulich, kommen, wenn sie mit Namen gerufen werden, sogleich herbeigelaufen, lassen sich streicheln, springen meiner Frau, die sie größtentheils pflegt, auf den Schoß, liebkosen sie und belecken ihr die Hände wie Hündchen. Dies geschieht jedoch nur, wenn wir mit ihnen allein sind; ist ein Fremder anwesend, so sitzen sie in ihren Ställen in den Ecken ganz zusammengekauert, ohne sich zu rühren. Noch eine Eigenthümlichkeit will ich nicht unerwähnt lassen, nämlich die, daß das Junge vom ersten Wurf bei der Geburt ganz schwarz war, erst nach etwa zwei Wochen an den Füßen sich ins Graue zu färben begann und nach Verlauf von sechs Wochen die naturgemäße Hasenfarbe erlangte. Die beiden Jungen des zweiten Wurfs zeigten dagegen sogleich die gewöhnliche Färbung.“

Hoffentlich wird es Herrn Hinze gelingen, in diesem Jahre die Hasenzüchtung weiter zu treiben, und dann dürfen wir wohl erwarten, daß zunächst in allen Kanarienzüchtereien und auch in vielen Vogelstuben diese Zucht eifrig in die Hand genommen werde.[1]


  1. Notabene, wenn es die verehrlichen Hausfrauen gestatten, welche nicht immer gut dazu sehen, aber allerdings der Hasenzucht doch wohl noch den Vorzug vor der – Affenzüchtung geben dürften. Anmerk. d. Red.     

Blätter und Blüthen.


Der elektrische Leuchtthurm am „Höllenthor“ bei New-York. In der Geschichte der Sprengtechnik und der Elektricität ist der Name Hell Gate (Höllenthor) schon einmal ruhmreich genannt worden. Hier, an jener klippen- und felsenreichen Passage, die den Schiffen den Zugang zu dem Welthafen von New-York erschwerte, feierten vor einigen Jahren der elektrische Funke und das Dynamit einen seltenen gemeinschaftlichen Triumph. Damals galt es, die gefährlichen Felsen, an denen viele Schiffe gestrandet waren, aus dem Wege zu räumen, und am 24. September 1876 fand die berühmteste aller Sprengungen wirklich statt. In den unterminirten Felsenkörper brachte man 50000 Pfund Dynamit in 3680 Patronen, und von jeder Patrone führte eine elektrische Leitung zu einer Batterie, damit alle mit einem Schlage entzündet werden konnten. Ein Kind drückte auf den Knopf der elektrischen Leitung, und unter dumpfgrollendem Donner sank die Felsenmasse in den Grund des Meeres; das Höllenthor hat seit jenem Augenblick viel von seinem früheren Schrecken verloren.

Aber ganz ungefährlich ist die Passage auch heute nicht. Namentlich in der Nacht droht noch manche Klippe den aus- und einfahrenden Schiffen. Auch diese letzte Gefahr sollte beseitigt werden, und wiederum war die Elektricität berufen, dabei zu helfen.

Auf Hallet’s Point, unweit des Städtchens Astoria, erhebt sich seit vergangenem Herbst der neue elektrische Leuchtthurm, einer der größten der Welt. Seine Konstruktion ist äußerst einfach, das schlanke eiserne Gerüst steigt pyramidenförmig bis zu der Höhe von 250 Fuß empor und trägt an seiner Spitze die elektrischen Lampen, die zusammen das Licht von 54000 Kerzen weit über die Wogen des Sundes ausstrahlen. Der East-River ist nunmehr in der Nacht taghell erleuchtet, und das nahe gelegene Städtchen Astoria erfreut sich einer ewigen Mondscheinnacht, zu der ihm die neun Riesenlampen des neuen Leuchtthurms verhelfen, gleichviel ob der Himmel klar ist oder von dichten Wolken verhangen. –i.     

Der elektrische Leuchtthurm am „Höllenthor“ bei New-York.




Besiegt. (Mit Illustration auf S. 61.) Um was sie gewürfelt haben, der Alte mit den grübelnden Zügen und das schöne lebensfrische Mädchen – ich weiß es nicht. Dem Alten wird es schwer, sich in die Niederlage zu finden, daran ist kein Zweifel. Hat die blühende Jugend ihm einen Einsatz abgewonnen, dessen Verlust ihn wurmt? Hat sie ihm den Glauben erschüttert, daß er das Geheimniß des Würfelglücks ergründet und allzeit des Sieges sicher sei? Gleichviel. Eine Wahrheit spricht das Bild aus, welche so alt ist wie die Erfahrung des Menschengeschlechts: der Jugend, der Schönheit gehört der Sieg. Grübelndes Alter: welchen Kampf du immer mit diesen aufnimmst – laß ab, denn du ziehst den Kürzeren! Deine Hand zieht ihn, dein Kopf, dein Herz. Das Herz? O sicherlich! Wenn du Ursache hast, dich vor etwas zu hüten, so ist es jener spielende Wettkampf, welcher im „Augenwerfen“ besteht. Denn die Augen der Jugend und Schönheit haben eine überwältigende Kraft – sie sind im Bande mit überirdischen Mächten, guten oder bösen, und das Geheimniß, welches du nicht ergrübeln wirst: wie man gewißlich oben bleibt in diesem Spiel – Jugend und Schönheit besitzen es, in ihren Augen ist es wirksam. Wenn sie wollen: sie heben mit leichter Hand die Würfel – da rollen sie hin und – du bist „besiegt“. Victor Blüthgen.     


Johannes Scherr’s „Bildersaal der Weltlitteratur“, längst ein Liebling in den bildungsfreudigen Kreisen unseres Volkes, erscheint soeben in einer neuen, bedeutend umgearbeiteten und vermehrten Auflage. Ueber Zweck und Ziel des einzig in seiner Art dastehenden Werkes lassen wir am besten den Verfasser selbst sprechen, welcher in der Vorrede sagt: „Der ‚Bildersaal der Weltlitteratur‘ will eine umfassende Geschichte der Poesie in Beispielen liefern. Die einzelnen Abtheilungen oder Bücher dieser Geschichte sind eingeleitet durch litterarhistorische Skizzen, welche in möglichst bündiger Weise den Gang des litterargeschichtlichen Processes bei den einzelnen Völkern aufzeigen. Diesen Proceß sollen auch die kritisch gewählten, gesichteten und, wo immer es anging, in streng chronologische Ordnung gebrachten Beispiele aufzeigen. Zugleich zielen dieselben aber auch darauf ab, die Eigenart der einzelnen Dichter charakteristisch hervortreten zu lassen.

Der ‚Bildersaal‘ ist nicht etwa nur für Leute vom Fach bestimmt, sondern auch und recht eigentlich für das größere Publikum; für das größte, wünsche ich. Das Buch möchte seinen Lesern den Geist anregen und das Gemüth erquicken; es möchte unterrichten und zugleich ästhetischen Genuß bereiten. Es soll hingehen, das Evangelium der Schönheit zu predigen. Denn, fürwahr, wenn irgend eine Zeit, so bedarf die unserige dieser Predigt.“ Die neue Auflage erscheint in Lieferungen.


Das billigste Briefporto der Welt hat Japan, wo ein Brief für das ganze Land für 2 Sen (Ssehni; 7/10 Pfennig) befördert wird. Es ist dies um so auffallender, da nur wenig Eisenbahn- und geringe Dampferverbindung mit einigen Küstenstationen vorhanden und die Wege durch das gebirgige Land sehr schwierig sind. R.     



Theodor Körner’s Liebesfrühling. (Mit dem Bildniß seiner Braut, Seite 72.) Von allen Sängern und Kämpfern der Befreiungskriege preisen wir heute als den glücklichsten jenen Jüngling, der in der reinsten und höchsten Begeisterung einer Doppelliebe im immergrünen Kranze weniger Jahre lebte und dichtete, kämpfte und starb. Die Liebe zu Vaterland und Freiheit hatte schon dem Studenten zu Freiberg und Leipzig die kräftige und oft stürmische Seele erfüllt. Als er aber 1811, ein junger Mann von zwanzig Jahren, nach Wien kam, um als Hoftheaterdichter sein Talent zu erproben, öffnete sich sein Herz jener anderen Liebe, die dem Leben erst die wahre Weihe verleiht: Antonie Adamberger, eine Zierde des Burgtheaters, ward seine Geliebte und bald seine Braut.

Toni entstammte einer Schauspielerfamilie, ihr Großvater und ihre Mutter hatten sich auf der Bühne ausgezeichnet. Körner’s Mutter sagte von ihr: „Toni war sehr schön, sehr liebenswürdig, und ihr Ruf tadellos.“ Theodor’s persönliche Bekanntschaft mit ihr datirt von der Generalprobe seines Lustspiels „Der grüne Domino“, im Januar 1812. Wie glücklich er sich in seiner Liebe und in seinem Berufe gefühlt, spricht unumwunden eine Stelle des Briefes aus, in welchem er seinem Vater (am 10. März 1813) den Entschluß verkündet, als Freiwilliger mit in den Krieg zu ziehen: „Des Glückes Schoßkind rühmte ich mich bis jetzt; es wird mich jetzt nicht verlassen. – Daß ich mein Leben wage, das gilt nicht viel; daß aber dies Leben mit allen Blüthenkränzen der Liebe, der Freundschaft, der Freude geschmückt ist, und daß ich es doch wage, daß ich die süße


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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_071.jpg&oldid=- (Version vom 21.2.2023)