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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

Hautfarbe; die meisten aber sind mehr oder minder schwarz schattirt und ihren reinblütigen Stammesbrüdern weder an Gestalt noch an Intelligenz gleich. Die Indier sind besonders in der Stadt Sansibar sehr zahlreich vertreten und kommen zumeist von der Malabarküste. Sie scheiden sich nach der Religion in Mohammedaner und Buddhisten. Erstere werden gewöhnlich Hindi genannt, letztere bezeichnet man speciell mit dem Namen Banyanen (Krämer), obwohl Handel als Hauptbeschäftigung Beiden gemeinsam ist. Noch sind die sogenannten Angasija zu erwähnen, die Bewohner von Groß-Komoro, welche in nicht geringer Anzahl nach Sansibar auswandern und, intelligenter als die Suaheli, besonders zu den verschiedensten Diensten in den europäischen Häusern Verwendung finden. Die genannten Stämme bilden mit den wenigen Europäern – sie betragen etwa 60 Personen – und einigen Portugiesen aus Goa die freie Bevölkerung, die an Zahl weitaus von den Sklaven übertroffen wird. Diese sind theils in Sansibar selbst geboren, die sogenannten Wassalia, theils rekrutiren sie sich aus allen erdenklichen Negerstämmen Ostafrikas, den Wanyka, Waniamwesi, Miau und wie sie noch alle heißen mögen. Die Sklaven müssen alle Arbeit verrichten, denn der freie Neger hat bei den geringen Lebensbedürfnissen und der Billigkeit der Nahrungsmittel nicht nöthig, sich dauernd und anstrengend zu beschäftigen. Die Arbeiten in der Stadt werden vorzugsweise durch weibliche Sklaven besorgt, so vor Allem die mannigfachen Verrichtungen in den Faktoreien der europäischen Kaufleute, wie das Sortiren der Kaurimuscheln, die bekanntlich in Westafrika an Geldesstatt verwandt werden, das Aussuchen der Gewürznelken und das Reinigen der Orseille, einer Flechtenart, die einen schönen röthlichen Farbstoff liefert.

Befreite Sklaven auf dem englischen Stationsschiff „London“ in Sansibar.

Die etwa sechs Stunden vom Festlande entfernte Residenz des Sultans Bargasch Ben Saïd liegt auf der dem Lande zugekehrten Seite der Insel Sansibar und gewährt vom Meere aus gesehen einen großartigen Anblick. Die langgestreckte Front mit den weißen in arabischem Stile gebauten Häusern, die bei dem grellen Sonnenschein schon von weitem dem Ankömmling entgegenleuchten, bietet einen Anblick, der seines Gleichen sucht. Die Stadt erscheint dann bedeutender und schöner, als sie in Wirklichkeit ist, indem die großen Steinbauten, die sich den Hafen entlang ziehen, die dahinterliegenden schmutzigen Negerquartiere verbergen. Unter den ersteren sind die bemerkenswerthesten die Faktorei eines französischen Handlungshauses, der Harem, der sultanische Palast und der Thurm, das Zollhaus, das Geschützhaus, die Faktorei des Hamburger Hauses O’Swald, bei welchem bisher das deutsche Konsulat sich befand, und das englische und amerikanische Konsulat. Nach Süden schließt die Häuserreihe mit dem unförmigen Gebäude des englischen Generalkonsuls Dr. Kirk ab, welches sich auf unserem Bilde (S. 100) rechts befindet. Dabei fehlt es auch der sansibarischen Hauptstadt nicht an malerischer Umgebung. Die Erderhebungen sind allerdings nur gering, denn Sansibar ist eine Koralleninsel, deren einziger größerer Kalksteinhöhenzug bei Dunga kaum 400 Fuß über den Meeresspiegel sich erhebt.

Die Kleidung der Sansibaren ist unendlich mannigfaltig. Die Nationaltracht der Araber und Indier wechselt mit dem lustigsten Negerkostüm, ja sogar mit wahrhaft adamitischen Bekleidungsanfängen. Den Suahelimännern genügt in der Regel eine kurze Schürze, die Frauen bedienen sich hingegen eines leichten baumwollenen Ueberwurfes, den sie mehr oder minder malerisch um den Körper zu schlingen wissen. Auf dem Bilde, welches arbeitende Sklavinnen darstellt, sehen wir die gewöhnliche Tracht der weiblichen schwarzen Bevölkerung: ein langes bis über die Kniee reichendes Baumwollentuch, das unterhalb der Achseln durch Umkrempen festgehalten wird. Schwarz, weiß und roth sind die Lieblingsfarben, welche in den verschiedenartigsten, oft absonderlichsten Mustern Verwendung finden. In Bezug auf die Zusammenstellung der Farben und die Art der Muster wechselt die Mode in nicht geringerem Maße, wie es bei uns der Fall ist. Am dürftigsten ist die Hülle der neuangelangten Sklaven, die bis auf die Neuzeit einen der kostbarsten und gangbarsten Handelsartikel auf dem Markte von Sansibar bilden. Nur an den Feiertagen sieht man auch diese lebendige Waare in besserem Schmucke. Soweit der Sklave es vermag, legt er an Festtagen Arabertracht an; ein blendend weißes Hemd, ein farbiger Gürtel,

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_097.jpg&oldid=- (Version vom 14.3.2024)