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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

Neben der jungen Künstlerschaft tummelt sich aber auch in diesem Raume manch angesehenes Mitglied der Bürgerschaft, und auch die bewaffnete Macht, Infanterie und Kavallerie, übt gern den Arm im kühnen Wurfe. Da, wie wir uns eben ein bischen zurechtgefunden, fällt unser Blick auf einen der beiden vergoldeten Gaskronleuchter. Die sonderbare Gestaltung macht unser Stilgefühl irre. Sollte das wirklich echte Renaissance sein? Dort – wir sehen weiter – blicken uns aus allen Ecken und Enden der Kegel und die Kugel entgegen, als Ornament, als Säule, als Seitenstütze. Die auf unserem Bilde vortretende Hauptsäule giebt das absonderliche Motiv in Schaft und Kapitäl am klarsten, bündigsten wieder.

Von hier aus finden wir überall das Motiv bis in die kleinsten architektonischen Momente durchgeführt und mit sinnigster Phantasie nicht nur, sondern auch mit sicherer Beherrschung der symmetrischen Regeln verwerthet, und in genialer Weise ist dieser absonderlichen Struktur doch der Ton und Charakter des Renaissancestiles täuschend aufgeprägt, wozu insbesondere auch die trefflichen Sinnsprüche und die humoristischen Intarsien ergänzend mitwirken. Diese Intarsien nun erkennen wir bald als überaus geschickte, geniale Nachahmungen der Holzbildnerei, nicht so bald aber entdecken wir die geistreiche Methode, nach welcher die reich komponirte Decke die Täuschung eines kostbaren, massiven Holzkunstwerkes macht. Der geniale Schöpfer dieser in ihrer Art einzigen architektonischen Humoreske, deren kühne Erfindung und ebenso kühne Durchführung nur der Fachmann vollauf würdigen kann, ist der junge Düsseldorfer Architekt Josef Herwig.

Der Fries in der Sommerkegelbahn des Düsseldorfer „Malkastens“ von Phil. Grot Johann. I. Theil.

Man kann sich nicht satt sehen an der verblüffend burlesken Phantastik dieses Baues, der eine Merkwürdigkeit Düsseldorfs ist, und stets kehrt der Blick auf diese oder jene Theile desselben zurück, wenn er zeitweilig von dem munteren Treiben um uns her davon abgelenkt wurde, oder wenn wir uns in die humoristischen altdeutschen Regeln des „Kegel-Turniers“ vertieft haben. Lustig geht es da zu dicht neben den Räumen, wo ehedem Philosophie und Schöngeisterei ihren Sitz hatten, zumal an den Karnevalstagen, wo neben dem Kegelspiele allerlei Mummenschanz getrieben wird. Dann sorgt auch die Pudelkasse dafür, daß Niemand verdurste, denn sie dient dem edlen Zwecke, Freibier in unendlicher Fülle fast jeglichen Samstag zu liefern. Des Sommers aber, wenn der wunderbare Malkastenpark mit seinen alten, weitgipfligen Bäumen, seinem lauschigen Venusteiche und seinen Laubgängen ins Freie lockt, dann geht auch die Keglerzunft auf die Sommerkegelbahn, und der groteske Wunderbau Herwig’s bleibt leer und verschlossen. Schlicht und einfach ist diese Sommerkegelbahn, aber des künstlerischen Schmuckes konnte sie doch als Künstlerkegelbahn nicht entrathen. – Der rühmlich bekannte Zeichner Grot Johann hat einen prächtigen Fries an die Wand gemalt, der allerdings noch der völligen Vollendung harrt. Der Leser findet auch dieses

köstliche Kunstwerk in unseren Illustrationen wiedergegeben und erkennt unschwer, daß der Künstler aus dem vollen Leben des Malkastens selbst geschöpft, obwohl die einzelnen Gestalten in altdeutscher Tracht erscheinen, als ob sie gerade von einem der

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 412. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_412.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2024)