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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

Blätter und Blüthen.

Liebesgaben. (Mit Illustration S. 489.) Die Liebe macht erfinderisch – gewiß. Sie beflügelt die Phantasie und läßt Menschen, Dinge und Verhältnisse oft anders erscheinen, als das nüchterne Menschenkind sie sieht, und so mögen die Gaben der Liebe für Geber und Beschenkte oft auch einen Reiz haben, der ihnen an und für sich nicht innewohnt. Ein ärmliches Band, eine welke Blume – wie lange bewahrt man sie nicht und wie zärtlich betrachtet man sie nach Jahren wieder und wieder! Der Skeptiker aber wird von solchen Sachen nicht ohne Ironie sprechen und unserem Soldatenliebchen seinen Beifall zollen. Soldaten sind praktische Leute, und sie wissen ihre Herzdamen auch praktisch zu erziehen. Wenn unser wackerer Bursche so liebevoll und dankerfüllt zu seinem Schätzchen aufblickt, während draußen der Trompeter schon zum Sammeln bläst, so wird ihn auch der Skeptiker begreifen. Das Wurstzipfelchen, das aus dem Bündel hervorragt, beweist zu deutlich, daß die schmucke Dirne das Richtige getroffen hat, und was mag erst der Liebste empfinden, der das Bündel in beiden Händen hält und also auch bereits das Vollgefühl des ganzen Inhalts hat! Das sind Liebesgaben, die auch selbständigen Reiz haben, und wie mögen sie schmecken draußen im Bivouak nach des Tages Last und Mühen!


Pferdetransport in Ungarn. (Mit Illustration S. 497.) Für den Thierfreund im allgemeinen, wie für den Sportmann im besonderen, dürfte es kaum eine interessantere Scene zur Ergötzung wie zum Studium geben, als jene, welche die Künstlerhand H. Lang’s auf unserem Bilde mit nahezu photographischer Treue fixirt hat. Von dem klug um sich blickenden Milchschimmel, dem intelligenten, selbstbewußten Führer der Schar, bis zum Mutterfohlen, das trotz des stürmischen Laufes Zeit zu jugendlich muthwilligen „Seitensprüngen“ findet – welche Fülle, und zugleich welch reiche Variation von ungebändigter Kraft, anmuthiger Wildheit, ungestünmem Freiheitsdrange! Und welche Harmonie des Schauplatzes mit dieser Staffage! Ist’s nicht, als ob Wind und Wolken einen Wettlauf anstellen wollten mit ihren wie toll einher wirbelnden vierfüßigen Konkurrenten, als wäre dieser Boden in seiner end- und hemmnißlosen Monotonie von der Schöpfung eigens bestimmt zum Tummelplatz von Roß und Reiter? Ja ja, Held Arpad und sein Volk hatten guten Grund, gerade hier die lustigen Zelte aufzuschlagen, und weiset auch heute der Magyare mit stolzem Selbstgefühle auf den ungeahnten Aufschwung seiner glänzenden Metropole, eine kurze Stunde genügt, um fast ohne Uebergang aus dem Gewühle der modernen, von deutscher Bildung und Kultur durchtränkten Großstadt in die alte menschenleere Wildniß zu gelangen und die Urenkel derselben kleinen, windschnellen, unermüdlichen Rosse, wie jener schnurrbärtigen, krummbeinigen, kulturfeindlichen Reiter zu schauen, welche vor tausend Jahren Europa verheerend heimsuchten, nach Pest und Heuschrecken die dritte asiatische Plage jener plagereichen Zeit. Gott sei Dank, sie ist vorüber, und was davon geblieben, hat neben dunkeln Schatten auch seine Lichtseiten. Aus den Nachkommen dieser wilden Reiter und Rosse bezieht der österreichische Staat zum großen Theile jenes kraftstrotzende, urwüchsige Material, welches einen nicht zu verachtenden Faktor seiner Wehrmacht bildet. Tausende solcher halbwilder Pferde werden daher alljährlich den verschiedenen Assentplätzen zugeführt, und – irren wir nicht – steht oder galoppirt vielmehr auch die ganze ungeberdige Gesellschaft am Wendepunkt des Lebens; was da noch so übermüthig gährt, schäumt und übersprudelt, unter dem „eisernen Muß“ wird es sich bald geduldig regelrechter Arbeitsleistung beugen. Unerbittlich wie das Schicksal zeigt der Reiter mit der Peitschenspitze die Richtung des neuen Weges, der die stolze Schar leider nach kurzer Herrlichkeit unter Waffenschimmer und Trompetenklang einem nur allzu dunklen Endlose entgegenführt.


Der neue „Gartenlaube-Kalender“. Schon der Begründer unseres Familienblattes, der unvergeßliche Ernst Keil, hatte sich mit dem Gedanken getragen, zunächst für die Abonnenten der „Gartenlaube“ einen Familienkalender zu schaffen, welcher, im Geiste der „Gartenlaube“ geschrieben, gewissermaßen eine Ergänzung derselben bilden und in handlichem Oktavformat zu billigem Preise alle jene zahlreichen Nachweise und Notizen enthalten sollte, deren Jedermann im täglichen Leben benöthigt ist. Daran sollten sich, so weit es der Raum gestattete, noch allerhand Gaben für Herz und Gemüth, hübsche Erzählungen, Humoresken, Gedichte etc. und endlich gute belehrende Artikel populär-wissenschaftlichen Inhalts reihen, damit der Kalender einen dauernden Werth als Familienbuch erhalte. Diesen Plan, welcher sich unter den nachgelassenen Papieren Ernst Keil’s vorfand, haben nun seine Nachfolger aufgenommen und ausgeführt. Schon im vorigen Jahre begannen die Vorbereitungen dazu. Beschleunigt wurde die Ausführung in diesem Jahre dadurch, daß von anderer Seite – wie wir unsern Lesern bereits mittheilten – ein sogenannter „Gartenlauben-Kalender“ angekündigt wurde, welcher außer seinem usurpirten Titel lediglich nichts mit der „Gartenlaube“ gemein hat. Gegen eine solche Titel-Aneignung, welche doch ganz dazu angethan ist, in dem Publikum die falsche Vorstellung zu erwecken, daß ihm hier ein von der „Gartenlaube“ ausgehender neuer Kalender geboten werde, gewähren unsere Gesetze leider keinen Schutz. Das Einzige, was wir dagegen thun können, ist, unsere Leser auf die Thatsache aufmerksam zu machen und sie zu ersuchen, beim Kauf des Kalenders wohl darauf Acht zu haben, daß sie den richtigen, vom Verlag der „Gartenlaube“ (Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig) herausgegebenen erhalten. Derselbe zeigt auf der Einbanddecke die allbekannte Titelvignette der „Gartenlaube“.

So empfehlen wir denn unsern neuen „Gartenlaube-Kalender“ der Gunst und freundlichen Aufnahme unserer Leser. Findet er die, so soll er im nächsten Jahre und so fort alljährlich wiederkehren.


Inhalt: Trudchens Heirath. Von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 485. – Angelika. Illustration. S. 485. – Kulturhistorische Modebilder. 1. Die Geschichte von Zopfe. Von Karl Braun-Wiesbaden. S. 488. – Burgen in Bozens Umgebung. Von Ignaz Zingerle. S. 492. Mit Illustrationen S. 492, 493 und 494. – Unruhige Gäste. Ein Roman aus der Gesellschaft. Von Wilhelm Raabe (Fortsetzung). S. 494. – Studien aus dem Leben. Von Hermann Heiberg. I. Eine Badereise. S. 498. – Blätter und Blüthen: Liebesgaben. S. 500. Mit Illustration S. 489. – Pferdetransport in Ungarn. S. 500. Mit Illustration S 497. Der neue „Gartenlaube-Kalender“ S. 500.




Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.

Soeben ist erschienen und in allen Buchhandlungen zu haben:

„Gartenlaube-Kalender“
für das Jahr 1886.
8.0 251 Seiten mit zahlreichen Illustrationen in Holzschnitt, eleg. geb. Preis ℳ 1,50.

Von dem reichen Inhalt, welcher, außer einem vollständigen Kalendarium, den üblichen Kalender-Notizen, zahlreichen praktischen Nachweisen und Tabellen, guten populär-wissenschaftlichen und überhaupt belehrenden Artikeln, besonders auch gute Erzählungen, Humoresken, Gedichte etc. bringt, geben wir im Nachstehenden einen kurzen Auszug:

Kalendarium, statistische Nachweise, Tabellen etc. etc. – Schloß Grimnitz. Eine Erzählung aus alter Zeit von M. Eichler. Mit Illustrationen von K. Weigand. – Orientalische Sprüche. Uebersetzt von H. Sommer. – Großmütterchen. Von W. Heimburg. Mit Illustrationen von Alexander Zick. – Leiden eines Kellners. Schilderungen aus dem Leben einer Großstadt. Von Hermann Heiberg. Mit Illustrationen von Fritz Bergen. – Papa muß sitzen. Humoreske von Emil Peschkau. Mit Illustrationen von Fritz Bergen. – Die Schwestern. Ein Bild aus engem Rahmen von M. Lenz. – Der Straßenräuber. Eine wahre Geschichte von Karl Braun-Wiesbaden. Mit Illustrationen von Fritz Bergen. – Sprüche von Emil Rittershaus. – Gedichte in deutschen Mundarten: Steirisch von P. K. Rosegger. Wienerisch von V. Chiavacci. Schweizerisch von Arnold Halder. Oberbayerisch von Karl von Leistner. Pfälzisch von M. Barack. Elsässisch von Ludwig Schneegans. Schwäbisch von A. Grimminger. Frankfurterisch von Friedrich Stoltze. Plattdeutsch von Klaus Groth und von Adolf Hinrichsen. Koburgisch von Fritz Hofmann. Sächsisch von Edwin Bormann. Voigtländisch von Gottfried Doehler. Schlesisch von Olga Seiffert. – Blätter und Blüthen.Trost bei allen schweren körperlichen Leiden. Von Geheimrath von Nußbaum in München. – Wetter und Wetterprognosen. Von Dr. H. J. Klein. – Der Bürger und Geschäftsmann vor Gericht.Ein Kapitel für den deutschen Staatsbürger.Das Versicherungswesen der Neuzeit. Von Dr. W. Gallus. – Vom Büchermarkt. Von Rudolf von Gottschall. – Umschau auf dem Gebiete der Technik. Von G. van Muyden. – Deutsche Thätigkeit auf dem Gebiete der Kolonisation und Entdeckung. Von Dr. Emil Jung. – Rückblick auf die Tagesgeschichte (mit Illustrationen). Von Arnold Perls. – Todtenschau (mit Portraits). – Herzblättchen. Illustration von Br. Piglhein. – Jägers Rast. Illustration von Eduard Grützner. – Der kleine Rubens. Illustration. – Mädel ruck! Illustration von Ad. Lüben etc. etc.

Der Kalender, im Geiste der „Gartenlaube“ geschrieben, wird sich hoffentlich rasch Eingang verschaffen und ein gern gesehener treuer Hausfreund in der deutschen Familie werden.

manicula Ein dieser Nummer beigelegter Bestellzettel kann zur Bestellung in derselben Buchhandlung, von welcher man die „Gartenlaube“ bezieht, benützt werden. – Postabonnenten wollen sich gefl. an die nächstgelegene Buchhandlung, oder wo dies, wie z. B. im Auslande, auf Schwierigkeiten stößt, unter Beifügung des Betrags incl. Kreuzbandporto in Briefmarken direkt an die unterzeichnete Verlagshandlung wenden.


Leipzig, 21. Juli 1885. Ernst Keil’s Nachfolger. 



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 500. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_500.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2024)