Seite:Die Gartenlaube (1886) 112.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

übrigen Küstengebirge einzugehen und kann mich mit der weiteren Küstenfahrt bis Festungs-Kap (Fortification Point der englischen Karten) kurz fassen. Oestlich von Kap Rigny nimmt die Gegend einen gänzlich veränderten Charakter an: „Sanfte Buchten, mit niedrigen von Baumgürteln begrenzten Ufern, ausgedehnte Grasflächen oder sanft ansteigende Grasberge; eine Landschaft von ganz europäischem Gepräge, der nur Dörfer, Wege, Viehherden u. dergl. fehlen, um uns in Gebirgsländer unserer Heimath zu versetzen“, lauten die Aufzeichnungen in meinem Tagebuche. Und weiter hin nach Osten tritt wieder ein eigenthümlicher Charakter auf: das Terrassenland, welches sich bis nach Fortification-Spitze erstreckt. Viele Meilen weit steigt die Küste in 3 bis 4 gleichmäßigen Absätzen, gleich mächtigen Stufen, an, die auf ihrem Scheitel ausgedehnte Wiesenflächen tragen, während der Kamm des 3000 bis 4000 Fuß hohen Küstengebirges mit dichtem Urwalde bedeckt ist. Dieses Terrassenland, von zahlreichen zum Theil sehr malerischen Schluchten, in welchen Wasserläufe herabbrausen, unterbrochen, besteht, wie meine Untersuchungen zeigten, aus gehobenem Meeresboden, dichtem Korallfels. Kein Zweifel, daß sich diese ganze Küste mit ihrem guten Boden und den weiten Grasflächen trefflich für Kultur und Viehzucht eignet, denn vor Allem besitzt sie eins, was Australien so sehr mangelt: Wasserreichthum. Dagegen blieben unsere Bemühungen, einen Hafen zu finden, erfolglos: überall fällt das Meer steil vom Ufer in große Tiefen. Wir kamen übrigens nur wenige Male mit Eingeborenen in Berührung, da diese Küste nur spärlich bewohnt ist. Auf einer Strecke von nahezu 130 Seemeilen zählte ich nur 24 zum Theil sehr kleine Siedelungen. Aber namentlich gegen Fortification-Spitze sieht man ausgedehnte Kultivationen der Eingeborenen; ihre Dörfer entdeckten wir erst später; sie liegen in Schluchten versteckt.

Vergeblich hatten wir uns bemüht, Cape King William, von Dampier 1700 so benannt, auszumachen, konnten aber mit Fortification Point von Moresby nicht im Zweifel sein. Der spitze grüne Berg mit seinen horizontalen Gallerien sieht in der That einem mit Festungswerken besetzten täuschend ähnlich. Oft glaubt man in regelrecht abgelagerten Korallmauern und Felsen Wälle und Geschütze zu erkennen.

Da unser Kohlenvorrath zu Ende ging, wandten wir uns ostwärts und trafen nach einer langweiligen und nicht gefahrlosen Fahrt längs der riffreichen Südküste Neu-Britanniens in den letzten Tagen des Oktober wieder in Mioko ein. Wie armselig erschien uns die Insel mit der einförmig grünen Küste von Neu-Irland und Neu-Britannien gegen das, was wir soeben in Neu-Guinea gesehen hatten! Unser Wunsch nach mehr war daher ein berechtigter. Er sollte bald erfüllt werden.

(Weitere Artikel folgen.)

Blätter und Blüthen.


Das Abbringen der Fahnen zum kaiserlichen Palais in Berlin. (Mit Illustration S. 97.) Wie die großen Paraden auf dem Tempelhofer Felde ein Ereigniß, ja ein Festtag sind, der halb Berlin in Bewegung setzt, so ist ein nicht minder interessantes militärisches Nachspiel das Abbringen der Fahnen zum kaiserlichen Palais nach Beendigung der Paraden.

Dichtgedrängt und in musterhafter Ordnung gruppirt harrt schon die Menge dem Anmarsch der Fahnen-Kompagnie, welche, mit der Regimentsmusik an der Spitze, gewöhnlich die Fahnen sämmtlicher in der Parade gestandenen Infanterie-Regimenter (die Kavallerie bringt ihre Standarten besonders) abzubringen kommandiert ist.

Lautlos sind Aller Augen auf das bekannte historische Eckfenster gerichtet. Ist doch die Gelegenheit geboten, dort die ehrwürdige Gestalt des geliebten Monarchen zu erblicken, sobald der Aufmarsch der Truppen erfolgt. Denn in der Regel ist der oberste Kriegsherr schon vor diesem militärischen Schauspiel in sein Palais zurückgekehrt.

Diesen Moment des Fahnen-Abbringens zeigt das vorliegende Bild. Mit klingendem Spiel ist das Fahnenkommando aufmarschirt und die Fahnenträger, geführt von einem Officier, treten vor die Front. Hüte und Tücher werden geschwenkt. Der greise Monarch ist ans Fenster getreten. Freundlich lächelnd und huldvoll grüßend erwidert er die enthusiastischen Zurufe der Menge. Hier entfaltet sich ein schönes Bild, hier zeigt sich so recht die Liebe und Verehrung, die dem Heldenkaiser aus allen Schichten der Bevölkerung entgegen getragen wird. Nicht genug, daß Erwachsene die Freude haben sollen, den allverehrten Herrscher von Angesicht zu Angesicht zu schauen, nein, Väter und Mütter heben ihre Kinder hoch empor, damit auch sie des Kaisers Antlitz sehen und in die Händchen klatschen können!

Jetzt ertönt das Kommando: „Achtung! Präsentirt das Gewehr!“ und unter den Klängen des Präsentirmarsches werden die Fahnen, die meist Spuren berühmter Schlachten tragen und mitunter nur noch aus Fetzen bestehen, in des Kaisers Palais gebracht. Dort, in unmittelbarer Verbindung mit den Gemächern des Herrschers, befindet sich das Fahnenzimmer, wo diese Ruhmeszeichen preußischer Waffen ihre Aufstellung finden.

Nun verläßt das Fahnenkommando das Palais wieder, marschiert die Rampe herunter und tritt zu seinem Truppentheil zurück. Dann ertönen die Kommandos, die Tambours schlagen an und in strammer Haltung wird abmarschirt.

Das Eckfenster des Kaisers ist längst wieder leer und mit dem Abmarsch der Truppen zerstreut sich auch die größere Menge. Aber dem Palais gegenüber, unter der Reiterstatue Friedrich’s des Großen, wird es trotzdem nicht leer. Hier sammeln sich immer wieder Gruppen Neugieriger und schauen hinüber zum historischen Eckfenster in der Hoffnung, das greise Haupt ihres Kaisers abermals erblicken zu können. H. Heiberg.     


„Was schreibt er?“ (Mit Illustration S. 105.) Er schreibt: „Mein herzlieber Schatz! Recht schön ist die Residenz und Mädle giebt’s so viel als Bäume, aber keine wie Du. Und nirgends ein Bergle und kein Wasser nicht, so weit ich schau, Alles eben und sandig, die Straßen schön gepflastert. Ich wär’ schon gern Soldat, wenn ich kein Schatz daheim hätt’ und mir’s nicht wie ein Mühlrad im Kopf ’rum ging, daß Dein Vater nicht will und meiner au nicht. Aber hab’ keine Sorg’, denn die Hauptsach’ ist eins: Mir wolle! und drum bin ich fidel. Sechs Vätter und zwölf Mütter können nichts gegen eine rechte Lieb’, so eine thut Wunder, drum sei nicht verzaget –“

So liest das Minele und lächelt und glaubt’s und sieht die Wunder schon vor sich erstehen. Die Aeltere, die weiß – „so fescht und so treu halt mei Hansel a zu mer.“

Die dritte Kameradin hat noch keinen Schatz gefunden, sie guckt in den Brief, damit ihr ja kein Wort entgehe – „Ach,“ denkt sie, „wenn i au emal so a Schreibbriefle krieg’!“ H. Billinger.     


Ein Ferienheim für Lehrerinnen. Da in Folge der anstrengenden Berufstätigkeit bei Lehrerinnen häufig Leiden der Lunge oder der Halsorgane eintreten, deren Beseitigung durch eine geeignete Badekur allzu oft der bedeutenden Kosten wegen unterbleiben muß, ist in Lehrerinnenkreisen der östlichen Provinzen Preußens und des Königreichs Sachsen die Idee angeregt, durch Schaffung eines eigenen Heims den Gebrauch einer Kur möglichst zu erleichtern, und zwar zunächst in Salzbrunn in Schlesien. Dort nun ein entsprechendes Haus zu bauen, in welchem Lehrerinnen für einen möglichst niedrigen Preis billige und gesunde Wohnung und Verpflegung und die Annehmlichkeiten des Anschlusses an Kolleginnen finden sollen, ist die Aufgabe, für welche ein eben zusammengetretenes Komité das Interesse weitester Kreise erbittet. Wesentlich erleichtert ist die Erreichung des angestrebten Zieles bereits dadurch, daß der Fürst von Pleß die Hergabe eines geeigneten Bauplatzes in Salzbrunn in sichere Aussicht gestellt hat, wenn auch das Unternehmen in seinem vollen Umfange nur ausführbar ist bei hochsinniger Mithilfe Aller, welchen an der Verwirklichung desselben gelegen ist. Von Herzen wünschen wir dem segensreichen Unternehmen kräftigen Fortgang, gilt’s doch, unseren allzeit so pflichttreuen Lehrerinnen ein Zeichen dankbarer Anerkennung zu geben. **     


Europäische Pflanzen in Amerika. Es ist eine bekannte Thatsache, daß unter den von Amerika nach Europa eingeführten Pflanzen die sogenannte Wasserpest binnen wenigen Jahrzehnten eine so außerordentliche Verbreitung fand, daß sie zu einier wahren Plage wurde. Gleichfalls zu einer Last sind in Amerika einige von Europa aus eingewanderte Pflanzenarten geworden, so außer dem im Anfang dieses Jahrhunderts über das Meer dorthin gekommenen Leinkraut namentlich der gemeine Natterkopf, auch „blauer Heinrich“ genannt. Derselbe hat sich in den Ebenen von Virginien so massenhaft angesiedelt, daß zur Zeit seiner Blüthe das Land weit und breit wie von einem lebhaft gefärbten himmelblauen Teppich überspannt erscheint. Die Gesammtzahl der in Nordamerika heimisch gewordenen europäische Pflanzenarten beträgt gegen 260. **     




Kleiner Briefkasten.

Wildermuth-Denkmal. In einer Anzahl von Exemplaren der Nr. 5 der „Gartenlaube“ ist ein Satzfehler stehen geblieben: Herr Banquier Jäger, welcher zur Annahme von Beiträgen für das Wildermuth-Denkmal bereit ist, wohnt nicht in Stuttgart, sondern in Tübingen, Uhlandstraße 2.

G.H. in Tr. Lesen Sie einmal die geistvollen Plaudereien „Aus meinem Wiener Winkel“ von Ferdinand Groß, so werden Sie sich bei dem Kapitel „Eine Sängerin wider Willen“ bald überzeugen, daß übermusikalische Familien nicht bloß in Ihrem idyllischen Bergstädtchen eine kleine Plage bilden. Auch an den übrigen Plaudereien dürften Sie Gefallen finden.


Inhalt: [ Inhalt der Nr. 6 des Jahrgangs 1886, hier nicht wiedergegeben.]

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Leipzig: Ernst Keil, 1886, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_112.jpg&oldid=- (Version vom 18.1.2024)