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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)


nicht fällt. Dieses Haus flößte uns Ehrfurcht ein! Räume, Räume, zahllose Räume großer Könige! Verschieden, verschieden stets, jeder Raum für sich in seiner Art. Was du in diesem siehst, wirst du im nächsten nicht sehen: zahllos ohne Ende!

Wir sahen ein Licht, ein Licht des Windes der Luft (Gaslicht), das hervorkam aus der Erde, ein Licht von einer bösen Leuchtkraft in Wahrheit. In einem Lichte waren wohl tausend Lichter enthalten. Die Ursache, daß wir dieses Licht sahen, war der achtundachtzigste Geburtstag des Kaisers.

Wir sahen saussi hazo (das erste Wort bedeutet Ausgleiteu auf nassen Wegen, das zweite Reif), die Eisbahn bei der Rousseau-Insel. Die Kälte auf dem Wasser war wie Stein. Frauen und Männer, Kinder und Große vergnügten sich da, auf Eisenschuhen zu laufen. Wir auch, wir vergnügten uns auf dem Eise, aber sitzend auf einem Gleitstuhle wie Kinder.

Wir hörten ein Wort in Berlin: Pos Neija (Prosit Neujahr); die ganze Stadt, Große und Kleine, alle riefen Pos Neija. Wir wissen das Herkommen, Ursprung des Wortes nicht. Ob es, wie bei uns, die Tschika-u-zekara (Ende des Jahres) ist, wissen wir nicht.“

Auch Flegel’s erwähnen seine Freunde in ihrem Tagebuch: „Abdurahamani (der Knecht des Allbarmherzigen) ist der Vermittler, der uns nach Berlin gebracht hat. Als wir in Berlin waren, legte er sich, er war krank. Diese Krankheit des Abdurahamani versetzte uns in Furcht. Madugu Mohamman dan Mohamman und Madugu Mohamman dan Tambari, wir danken Gott, dem Könige der Könige, für das Auferstehen des Abdurahamani: wir freuen uns sehr! Abdurahamani, danke du dem Dr. A., denn er ist der große Medicinmann der Berliner, danke du den Berlinern allen, Männern wie Frauen, denn sie lieben dich.“

Die Schwarzen haben richtig beobachtet. Flegel war in der That eine der liebenswürdigsten Erscheinungen in der glänzenden Schar hervorragender Afrikaforscher. Er war keine jener rücksichtslosen Naturen, die mit Gewalt sich den Weg erzwingen, auf rauchende Trümmer zurückschauen und über blutige Leichen hinwegschreiten. Und wenn er auch schrieb: „Im Sturm ist hier nichts einzunehmen, wir müssen uns zur List bequemen,“ indem er Mephisto’s Worte, die dem blonden Gretchen galten, auf seine „schwarze Geliebte“, auf Afrika, bezog – so war er doch niemals ein Intrigant und trotz seiner „List“ durchaus unfähig, niedrige Jntrigen seiner Feinde zu durchkreuzen. Er wandelte stets auf geraden Pfaden, und eiserne Energie, unermüdliche Geduld waren die erprobten Waffen, mit welchen er die größten Erfolge zu erringen wußte. Vor Allem aber war er ein rechter Menschenfreund und wußte sich als solcher auch den Schwarzen gegenüber zu bethätigen. Seine Freundschaft mit Mohamman mai gasin baki, die aufrichtige Freundschaft zwischen zwei Andersfarbigen, ist selbst in der so wechselvollen Geschichte afrikanischer Reisen einzig in ihrer Art und steht hoch über den vielen Blutsfreundschaften, die von berühmten Männern im „dunklen Erdtheil“ geschlossen wurden.

In Flegel’s Begeisterung für die Afrikaforschung mischte sich eine poetische Stimmung des Gemüths. Bald trank er einen Becher aus den Flutheu des Benue auf Deutschlands Wohl, bald erfreute ihn hoch in den Kamerunbergen ein duftend Veilchen, als süße Erinnerung an die ferne Heimat. Herrliche Stunden hatte er erlebt, da er mit Revolverschüssen vom höchsten Berge Westafrikas die vier Weltgegeuden grüßte, wo tief unter ihm ein Gewitter grollte und hoch über ihm die Sterne leuchteten „so freundlich wie stets, wem, es im Herzen fröhlich ist.“

Aber das Schicksal gönnte ihm nicht, daß sein Auge brach, während es in seinem Herzen fröhlich war. Ungeahnte Schwierigkeiten schmälerten den Erfolg seiner letzten Expedition, auf die er so große Hoffnungen gesetzt hatte. Die Nachwelt weiß jedoch zwischen Verdienst und Erfolg zu unterscheiden, und sie wird Ed. Robert Flegel den hohen Platz in der Geschichte der Afrikaforschung bewahren, der ihm mit vollem Recht gebührt, und seinen Ruhm nicht schmälern, für den er sein Leben in die Schanze geschlagen.

C. F.

Ein Friedhof ohne Gleichen und vierzig auferstandene Könige.

Von Georg Ebers.
(Schluß.)

Am 6. Juli 1881 wurde Emil Brugsch-Bé von Abd el-Rassul zu dem Verstecke geführt, welches wir kennen, und der Eindruck, den er empfing, wie er in den weiten Felsensaal vordrang und sich dort von den größten Königen umgeben sah, welche die Geschicke des Pharaonenreiches geleitet, muß ein geradezu überwältigender gewesen sein. Das Herz stand ihm still, und er fand keine Worte, dem Staunen und dem Entzücken, das ihm erfüllte, Ausdruck zu geben. Es war ihm, als habe ihm ein seltsames Ungefähr eine Wünschelruthe in die Hand gegeben, welche ihm die Macht verlieh, den großen Eroberern, denen es gegeben gewesen war, die Völker des Nordens, Ostens und Südens vor alter Zeit zum Schemel ihrer Füße zu machen, ein neues Leben zu erschließen. Der Todesschlaf dieser Leichen hatte eben so viele und mehr Jahrhunderte gedauert, als der Himmel dem Menschen durchschnittlich Jahre zumißt, und die gewaltigsten, thatkräftigsten und an glücklichen Erfolgen reichsten Pharaonen scharten sich hier um ihn her in regungsloser Ruhe, gehorsam seinem schwachen Willen und seiner spärlichen, erborgten Macht.

Aufstellung der Königssärge im Museum von Bulaq.

Die ganze Wonne des Entdeckers stürmte in dieser Stunde auf ihn ein, und neben dem Herzensjubel, welchen die Liebe gewährt, neben dem Hochgefühle des Feldherrn nach einem großen Siege, neben dem wundervollen Glücke des Künstlers, dessen Genius aus ihm heraus

Erhabenes schafft, giebt es keine Wonne, welche sich mit derjenigen des Entdeckers zu messen vermag.

Gleich die dritte Mumie, der er begegnete, war die Seti’s I., dessen herrliche Gruft unter dem Namen des Belzonigrabes längst bekannt war. Ein gleiches Stück wie das Leichenzelt der Königin Isis em-heb hatte noch keines Aegyptologen Auge erblickt. Es war bestimmt gewesen, die Mumie der genannten Fürstin bei der Fahrt über den Strom in die Nekropole wie ein an den Seiten verhängter Baldachin den Blicken zu entziehen und sie vor der Berührung unberufener Hände zu schützen.

Ein Korb enthielt Opfergaben, welche die Königin in jener Welt genießen sollte: Gazellen- und Hammelkeulen, einen Kalbskopf und Gänse, alles vor Verwesung geschützt und zum Theil mit Mumienbinden umwickelt. – Dort standen Kanopen, steinerne Krüge, deren Deckel überall und so auch hier in Gestalt der Köpfe der vier Horuskinder und Todtengenien oder mit anderen Worten als Haupt des Menschen, des Hundskopfaffen, des Sperbers und Schakals gebildet wurden. Auch an Uschebtifiguren, an Libationsgefäßen von Bronze und dergleichen fehlte es nicht. Ueber die Blumen und Guirlanden, welche sich bei den Leichen fanden, hat Dr. Schweinfurth in diesen Blättern berichtet („Gartenlaube“ 1884, Nr. 38). Jetzt galt es, all diese Schätze schnell und sicher ins Freie zu schaffen,

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verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 829. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_829.jpg&oldid=- (Version vom 16.12.2022)