Seite:Die Gartenlaube (1887) 084.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

die vom Zartgrau alle Nüancen durchmachte, bis zum Feuerroth. Die Anstrengungen der Fabrikanten Neues zu bieten und Moden hervorzurufen, haben naturgemäß zu einer Ausartung geführt, und die Schaufenster großstädtischer Papiergeschäfte liefern die überraschendsten Beweise für die Verirrungen und Geschmacklosigkeiten, welche der Briefpapierluxus verschuldet hat.

Als Muster dafür mag das Papier gelten, welches oben in der Ecke einen Tintenklecks mit der Unterschrift „O wie fatal!“ trägt, oder das „Ausgegrabene Papier“, dem künstlich das Ansehen des Alterthums verliehen wurde. Ganz unsinnige Einfälle sehen wir hier verkörpert. Es giebt Papier mit „angebrannten Rändern“, von „Mäusen angenagtes“, das heißt künstlich an den Kanten zerfasertes Briefpapier, und solches, welches dem Leder, einer Schlangenhaut, Kattunstoff und Seide gleicht. Dabei hat man die unmöglichsten Farben zu Hilfe genommen; die Monogramme waren bald nicht mehr auffallend genug; man nahm zu ganzen Namen seine Zuflucht; man klebte natürliche Blumen auf und bunte Federchen, überzog das ganze Papier mit einem mattgedruckten bunten Dessin, vergoldete die Ränder – kurz jede, auch die excentrischste Idee wurde aufgegriffen und ausgeführt. Dahin gehört auch das sogenannte „Machdi-Papier“, dessen grellrothe Farbe das Auge beleidigt; wie soll man darauf mit schwarzer Tinte Geschriebenes lesen?

Aber wenn man von diesen lächerlichen Moden absieht, muß man zugeben, daß diese neue Industrie auch sehr Liebenswürdiges und Hübsches hervorgebracht hat. Trotz alledem ist dem vollkommen weißen, unbedruckten Briefpapier von nicht zu dünner Sorte, so daß die Schrift nicht durchscheint, und welches nicht sogleich zerreißt, der Vorzug zu geben. Das Monogramm, schwarz oder in matten Farben oder auch in Gold aufgedruckt, darf man füglich gelten lassen, alles Uebrige ist Spielerei und durchaus nicht „chic“. Paul von Schönthan.     

Sitzen geblieben. (Mit Illustration S. 81.) Warum sie wohl „sitzen geblieben“ ist? Sie ist doch eigentlich ganz nett … nicht?

Ja, wer konnte das auch ahnen? Sonst war sie immer Ballkönigin gewesen; sie hatte bisher die Auswahl unter Dutzenden von Tänzern gehabt, und das war auch leicht erklärlich, denn Adele war „schön“! Sie hatte den kleinsten Mund und die größten Augen von allen jungen Mädchen der ganzen Stadt, und sämmtliche Lieutenants der Garnison schwuren „auf Ehre“, daß dieser kleine Mund „süß“ und diese großen Augen „seelenvoll“ seien. Das Civil stimmte damit ganz überein. Schwüre ewiger Treue, süß duftende Blumensträuße, Heirathsanträge und Liebesbriefe fielen Adele nur so in den Schoß; sie brauchte keinen Finger darum zu regen – das machte sie übermüthig. Was man gar so leichten Kaufes erlangen kann, das pflegt man gering zu achten. Adele begann, die Männer, die ihr scharenweis zu Füßen lagen, zu maltraitiren, zu quälen und in der raffinirtesten Weise zu „narren“. Endlich aber war das Maß ihrer Sünden voll. Sie hatte den schneidigsten Officier des Regimentes so beleidigt, daß dieser sich erbleichend vor ihr verneigte, die Hacken zusammenschlug, daß die Sporen klirrten, und von ihr ging, um nie wiederzukehren. Sie hatte dem gesammten Civil ins Gesicht geschlagen, indem sie auf Kosten eines geistvollen Journalisten, des allgemeinen Lieblings männlicher und weiblicher Kreise, einen boshaften Witz gemacht – das forderte Rache.

Im Kasino wurde ein böser Plan geschmiedet und auf dem nächsten Kasinoballe ausgeführt – man ließ Adele sitzen. Man ging immer direkt auf sie zu und wandte sich erst in ihrer nächsten Nähe rechts oder links, engagirte immer gerade die Damen, die Adele zur Seite saßen. Es war unerhört – neu – noch nicht dagewesen. Sie war anfangs sprachlos. Endlich setzte sich ein unbesoldeter Referendar an ihre Seite, um sie zu unterhalten. Sie hatte ihn früher nie beachtet und begriff das heute nicht. Sie fand ihn heute wirklich recht nett. Wie doch ein Mann in der Stunde der Gefahr und in Zeiten der Noth an Werth steigen kann! Adele war ganz entschieden liebenswürdiger gegen ihn, als sonst gegen alle ihre Anbeter zusammen. Da – als der Tanz begann – stand er auf und verabschiedete sich. Er hatte für diesen Tanz schon eine Tanzkarte beschrieben und konnte wirklich nicht anders. Da saß nun die einstige Ballkönigin. Ihr kleiner Mund preßte sich fest zusammen, und ihre großen Augen vergrößerten sich noch, um die Thränen zu unterdrücken, die darin aufsteigen wollten und doch nicht sollten. O diese Männer! Ein Narr, wer auf ihre Schwüre baut! Der abscheulichste unter ihnen war ein Maler, der die arme Adele in dieser ihrer unwürdigen Lage auch noch verewigt hat.

Robert Schumann’s Werke. Da am 1. Januar d. J. das Verlagsrecht an den Werken des genialen Komponisten erloschen ist, so veranstaltet die Verlagsbuchhandlung von Breitkopf und Härtel in Leipzig eine Volksausgabe seiner Werke. Diese Ausgabe ist von seiner Wittwe Klara Schumann nach den Handschriften und persönlicher Ueberlieferung herausgegeben und mit Fingersatz und Vortragsbezeichnung versehen. Die Sammlung der Lieder und Gesänge wird vier Bände, diejenige der Klavierwerke acht Bände umfassen; außerdem werden auch seine Kammermusikwerke, Orchesterwerke, Klavierauszüge, Chorstimmen und Texte in die Sammlung aufgenommen werden. Die Volksausgabe der Lieder wird in drei Lagen, für hohe, mittlere und tiefe Stimmen zum praktischen Gebrauch eingerichtet, erscheinen. Vor uns liegt der erste Band seiner Lieder und Gesänge, der erste Band seiner „Klavierwerke“, ferner ein Band seiner Kompositionen für Pianoforte zu zwei Händen: die treffliche, wohlfeile Ausgabe wird wesentlich dazu beitragen, den feinsinnigen Meister der Töne in weitesten Kreisen einzubürgern. †     



Sprechsaal.

Frage 1: Welche von unsern einheimischen Pflanzen lassen sich mit Erfolg während des Winters im Aquarium ziehen?

Antwort: Gute Erfolge wurden nach dieser Richtung hin mit dem ährenblüthigen Tausendblatt (Myriophyllum spicatum L.) erzielt. Die Pflanze verdankt ihren Namen den äußerst fein und zierlich gefiederten quirlständigen Blättern. Sie wurzelt im Schlamme und erbebt ihren Stengel bis zur Oberfläche des Wassers. Die dünne Blüthenähre ragt aus dem Wasser hervor. Das Tausendblatt entwickelt gegen den Herbst hin knospenartige Vermehrungsorgane, welche, von dem Mutterstengel abgelöst, sich im Aquarium trefflich entwickeln. Die jungen Pflänzchen erinnern durch ihre Farbe und Gestalt an einen frischgrünen Fichtenzweig und bilden einen wirksamen Schmuck. – Es wundert uns übrigens, daß Sie ein Aquarium besitzen und es unterlassen haben, sich ein Buch zu verschaffen, welches Ihnen über alle einschlägigen Fragen Auskunft ertheilen würde. Wir rathen Ihnen dringend, die geringfügige Ausgabe nicht zu scheuen. Die Winke und Belehrungen, welche Sie in einem solchen Buche finden, werden Sie vor vielfachem recht empfindlichen Schaden bewahren. Wir möchten Sie namentlich auf das vor Kurzem erschienene Werk: „Das Süßwasseraquarium und seine Bewohner“ von Dr. W. Heß (Stuttgart, Ferdinand Enke) aufmerksam machen. Das Buch giebt treffliche Rathschläge über die Einrichtung eines Aquariums, Auswahl und Pflege der Thiere und Pflanzen und ist mit mehr als 100 Abbildungen geschmückt. Die beistehende Abbildung des Tausendblattes ist demselben entnommen.

Frage 2: Giebt es billige Imitationen der Glasmalerei, welche den Witterungseinflüssen und namentlich dem Waschen genügenden Widerstand leisten, sodaß man sie als Fensterscheiben, Fenstervorsätze etc. benutzen kann?

Antwort: Schon seit langer Zeit finden sich im Handel sogenannte Abziehbilder aus wasserfesten Farben, die, auf Glas übertragen, von ziemlich langer Dauer sind. Das Beste in dieser Art dürften jedoch die sogenannten „Diaphanien“ von Grimme und Hempel in Leipzig sein. Die farbigen Bilder sind in denselben zwischen zwei Scheiben angebracht, so daß man sie durch Waschen vom Staub und Schmutz reinigen kann, ohne die Farben irgendwie zu beeinträchtigen. Die Muster, zumeist in altdeutschem Stil ausgeführt, sind durchaus geschmackvoll. Die „Diaphanien“ werden in allen möglichen Größen angefertigt.


Allerlei Kurzweil.

Skat-Aufgabe Nr. 2.

Von K. Buhle.

Die Hinterhand gewinnt mit folgender Karte:

(p. B.) (c. B.) (car. B.) (tr. K.) (tr. D.) (tr. 8.) (tr. 7) (p. Z.) (p. K.) (car. As)

ein Eichel-(Treff)Solo mit Schneider, obwohl nur 3 Augen im Skat liegen, denn die Gegner erhalten nur 29 Augen. Der Spieler würde dagegen sein Solo mit Schneider verlieren, wenn die Gegner je zwei leere Blätter in einer Nebenfarbe mit einander tauschen dürften, denn sie würden 90 Augen hereinbekommen.

Wie sitzen die übrigen Karten? Welche Karten würden zu tauschen sein, und wie ist in beiden Fällen der Gang des Spieles?[1]


  1. Abkürzungen: e., g., r., s. = Eicheln (tr.); Grün (p.); Roth (c.); Schellen (car.). W., D., Z., K., O., 9, 8, 7 = Wenzel (B.), Daus (As), Zehn, König, Ober (Dame) etc.


Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 1 auf S. 36: Die Vorhand wird auf folgende Karte:

rK, rO, r9, r8, r7, eD, eZ, gD, gZ, gK,

das Roth-Solo sogar mit Schneider gewinnen, wenn die übrigen Karten so vertheilt sind:

Mittelhand: eW, gW, rZ, e8, gO, g9, g8, sK, s8, s7,
Hinterhand: rW, sW, rD, eK, eO, e9, sD, sZ, sO, s9,

und Skat: e7, g7; denn nach den in der Aufgabe angegebenen ersten 4 Stichen wird der Spieler mit r9 die letzten Trümpfe der Gegner herausholen und nur noch diesen einen (5.) Stich mit 4 Augen abgeben, so daß die Gegner nur 29 Augen erhalten können.


Kleiner Briefkasten.

Hugo G. in L. Eine gut redigirte Zeitschrift, welche die gesammten Interessen der Sangeskunst vertritt, ist „Der Chorgesang“, herausgegeben von dem Weimarer Hoforganisten A. W. Gottschalg (Leipzig, Verlag von Licht und Meyer). Der Inhalt des eben beendeten ersten Jahrgangs ist reich und mannigfaltig; der starke Band enthält Bildnisse und Biographien hervorragender Tonkünstler, größere Aufsätze theoretischen Inhalts, kleine ansprechende Erzählungen, Musikalien für Kinderchor, gemischten Chor und Männerchor etc.

Schlesierin Ok. in Breslau. Besten Dank für ihren Gruß!


Inhalt: Herzenskrisen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 69. – Ueber den Schlaf und die Verhütung der Schlaflosigkeit. Von Dr. A. Kühner, prakt. Arzt in Frankfurt am Main. S. 74. – Winterstürme im amerikanischen Nordwesten. Mit Illustrationen. S. 77. – Vom Nordpol bis zum Aequator. Populäre Vorträge aus dem Nachlaß von Alfred Edmund Brehm. Adlerjagden des Kronprinzen Rudolf von Oesterreich. II. S. 78. – Ein verhängnißvolles Blatt. Erzählung aus den bayerischen Bergen von Anton Freiherrn v. Perfall. S. 79. – Blätter und Blüthen: Die Heilsarmee. S. 83. – Besuch beim Verurtheilten. S. 83. Mit Illustration S. 72 und 73. – Ein Asyl für Frauenarbeit in Griechenland. S. 82. – Unser Briefpapier. Von Paul von Schönthan. S. 83. – Sitzen geblieben. S. 84. Mit Illustration S. 81. – Robert Schumann’s Werke. S. 84. – Sprechsaal. S. 84. – Allerlei Kurzweil: Skat-Aufgabe Nr. 2. S. 84. – Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 1 auf S. 36. S. 84. – Kleiner Briefkasten. S. 84.


Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_084.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2024)