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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Kleine Bilder aus der Gegenwart.

Die letzte Personenpost in Breslau.

Ein sonderbarer Zug bewegte sich am 1. December verflossenen Jahres durch die Straßen Breslaus. Ein Fest- und ein Trauerzug war es zugleich; denn wohl schmetterten die Postillone zu Pferde, welche ihn eröffneten, frische Fanfaren: aber der „Schwager“, welcher in Gala-Uniform auf dem Bocke des dicht dahinterfolgenden Personen-Post-Wagens saß, hatte Hut und Peitsche mit Trauerflor versehen. Diesem Wagen, welcher mit Blumengewinden geschmückt war, galt die Feier; es war die letzte Breslauer Personenpost mit den letzten Passagieren, die man feierlichst eingeholt hatte. In offenen, gleichfalls mit Blumen geschmückten Wagen folgten die Chefs und Beamten der Postbehörden, den Schluß des Zuges bildend.

Das 19. Jahrhundert, welches so viel Neues schafft, läßt auch Vieles zu Grunde gehen. Die Eisenbahn verdrängt die Postkutsche, und wie in vielen anderen Städten Deutschlands, so hat auch endlich in Breslau der Personenpost die letzte Stunde geschlagen. Aus Anlaß der Eröffnung der Eisenbahn Breslau-Trebnitz ist die zwischen Breslau und Trebnitz verkehrende Personenpost mit dem 1. December 1886 aufgehoben worden. Da der Post-Reiseverkehr in Breslau mit dieser Personenpost überhaupt aufgehört hat, so ist das für die dortige Postbehörde Veranlassung gewesen, die Einfahrt der letzten Trebnitzer Personenpost, dem kulturhistorisch denkwürdigen Momente entsprechend, feierlich zu gestalten. An diesem Zwecke hatten sich die Chefs der kaiserlichen Ober-Postdirektion und der Hauptpostämter mit anderen ihrer Beamten nach der letzten vor Breslau belegenen Posthaltestelle begeben, um die von Trebnitz einfahrende Personenpost in festlichem Zuge in die Stadt zu geleiten.

In dem geräumigen Posthofe des neuen Postgebäudes hatte sich inzwischen eine größere Zahl von Beamten der Post versammelt, und hier machte auch der Festzug Halt. Die Festtheilnehmer verließen die Wagen, und nun ergriff der Ober-Postdirektor von Breslau das Wort, um ein Hoch auf den Kaiser auszubringen. Der festliche Moment wurde noch erhöht, als nach verklungenem Hurrahruf aus sämmtlichen Posttrompeten das Lied „Heil Dir im Siegerkranz“ ertönte. Der Zug setzte sich hierauf wieder in Bewegung und nahm seinen Weg durch die Schweidnitzer Vorstadt nach der Posthalterei, um hier der nunmehr durch das Dampfroß verdrängten letzten Breslauer Personenpost ihr Lebewohl zu sagen. Ihren Abschluß fand diese postalische Feier in einem solennen Frühschoppen, der die Theilnehmer des Festzuges mit einer größeren Zahl von Berufsgenossen in den geschmückten Räumen des „Tauenzien“ vereinigte.




Ein verhängnißvolles Blatt.

Erzählung aus den bayerischen Bergen von Anton Freiherrn v. Perfall.
(Fortsetzung.)


Als der Zug mit Rupert’s Leiche ins Dorf kam, dunkelte es bereits. Das Gerücht der That hatte sich rasch verbreitet, als die Gerichtskommission von Mathias geholt worden war; das Fehlende errieth man leicht, es waren schon zu Viele auf diese Weise heruntergebracht worden. Mehr neugierig als bewegt drängten sich die Dorfleute um den Zug, dem sie, Gebete murmelnd, folgten. Ja, wäre einer der Ihrigen im Kampf mit einem Jäger gefallen, dann wär’ es etwas Anderes gewesen; aber so herrschte zum Mindesten keine Erbitterung. Rupert wurde in das Leichenhaus gebracht, von Alt und Jung mit

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verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_157.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2023)