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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

in der Form dem früheren bayerischen Raupenhelm. Sie haben bisweilen zum Schutz von Ohren und Schläfen bestimmte viereckige Klappen, wie sie sich in der gleichen Form und zum gleichen Zweck auch bei den altgriechischen Helmen vorfinden. Ueberzogen sind die Negerhelme meistens mit schwarzem Affenfell. Von einer Vergiftung der Waffen ist mir niemals etwas zu Ohren gekommen; man liebt es dagegen, mit gehacktem Blei zu schießen.

Ein Mpangwe- oder F[a]nneger.

Wendet man sich vom nördlichen zum südlichen Kamerungebiet, so findet man nicht minder seltsame, obwohl ganz anders geartete Fahrzeuge. Die Batangaleute sind berühmt wegen ihrer ebenso winzigen wie hübsch gearbeiteten Kanoes, welche den bekannten Grönländer Booten ihren Ruhm, auf unserer Erde die kleinsten von uns Menschen benutzten Fahrzeuge zu sein, mit Erfolg streitig machen dürften. Diese Batangakanoes, die bei 2 bis 3 Meter Länge höchstens 30 cm breit sind und von denen unsere Abbildung auf S. 256 eine Anschauung giebt, besitzen so dünne Wandungen, daß die schwersten, die ich sah, 7 bis 8, die leichtesten dagegen bloß 4 kg wogen. Sobald die Insassen an Land kommen oder an Bord eines Dampfers steigen, pflegen sie und zwar wohl ein wenig in der Absicht, damit zu renommiren, ihre Boote gleich Regenschirmen unter den Arm zu nehmen, was natürlich höchst komisch aussieht und ihnen bisweilen, wenn sich gerade Fremde an Bord der Dampfer befinden, ein kleines Geschenk einträgt. Mit diesen Miniaturschiffchen bewältigen die Batanganeger jede noch so tosende Brandung, vor welcher der kühnste europäische Kapitän zurückschrecken würde. Da nicht Platz genug vorhanden ist, um in diesen Booten zu sitzen, so setzen sie sich auf dieselben, indem sie an jeder Seite ein Bein ins Wasser hängen lassen, und gewähren in dieser Stellung einen Anblick, als ob sie auf Seepferden die Wogen hinauf und hinunter glitten. Es sieht ebenso eigenartig wie hübsch aus, wenn jeden Morgen mit gleicher Pünktlichkeit gegen 7 Uhr eine ganze Flotte dieser Kanoemänner zum Fischfang hinauszieht. An jener durch Felsblöcke bezeichneten Grenze, über welche die Haifische nicht hinaus gelangen, angeln sie dann, aber mit unverhältnißmäßig geringem Erfolg, nach kleinen, sehr wohlschmeckenden Fischchen. Auch im Batangalande sah ich lange buntbemalte Kanoes, die aber kein eigenes Machwerk, sondern von Kamerun aus hierher gebracht sind.

Eine Hütte der Fanneger.

Der vierte Volksstamm, mit dem man in unseren westafrikanischen Besitzungen in Berührung kommt, sind die Mpangwes, die sich selbst Fan, Fam, Pamfan, Famfan, Pangwe oder Mpangwe nennen – lauter Wörter, die mit einem starken Nasallaut ausgesprochen werden. Von Osten her aus dem Innern kommend und unaufhaltsam nach Westen und Nordwesten vordrängend, haben sie an einigen Punkten der französischen Kolonie Gabun bereits die Küste erreicht, während sie in den deutschen Besitzungen von Kamerun und zwar einstweilen mit dem Lokundjefluß als Nordgrenze hinter den mit dem Duallavolk verwandten Küstenstämmen sitzen und bloß als neugierige Besucher oder auch als Lastträger zur Küste herunterkommen. Die unaufhaltsame und keine Zwischenpausen kennende Vorwärtsbewegung der Fan geht, da sie im vollsten Sinne des Wortes eine Art von Kolonisation ist, sehr langsam von statten und dürfte auch, da die Fan sich kaum sehr viel lästiger erweisen werden als die durch ihr Handelsmonopol verderbten Küstenvölker, keine besonders schlimmen Folgen nach sich ziehen. Die Sprache der Fan, die, wie man aus gewissen Anzeichen schließen will, mit den von Schweinfurth beschriebenen Niamniam verwandt sein dürften, ist von derjenigen der Dualla und anderer Küstenvölker gänzlich verschieden. Sie stehen bei allen Küstenvölkern in dem Rufe, Menschenfresser zu sein, wie man ihnen überhaupt allerlei wilde und barbarische Gelüste andichtet. Ich habe niemals einen Volksstamm gesehen, dessen Individuen in so ausgiebiger Weise wie die Mpangwes mit Schmucksachen behängt gewesen wären. Auf das, was wir Kleidung nennen, legen sie wenig Werth und tragen die unsaubersten Hüftentücher, die ich in Westafrika gesehen habe. Aber eine um so größere Sorgfalt wird der künstlichen Frisur des Haars, dem Aufputz mit Messingringen, Perlschnüren und ähnlichem zugewandt. Im folgenden will ich versuchen, die Toilette eines mit freundlichem Gesicht und guter Figur ausgestatteten jungen Mädchens zu beschreiben: Quer über dem Kopf von der Stirne bis zum Nacken zwei zu einer harten Masse zusammengeleimte, etwa 1½ Zoll hohe Haarflechten, zwischen denen die Kopfhaut glatt rasirt ist. Zu beiden Seiten und bis zu den Ohren herunterreichend einige Dutzend parallel laufender, aber ganz feiner Flechten. An den Ohren und hinten im Nacken baumelt etwa ein halbes Hundert winzig kleiner Zöpfchen herunter. Hoch über der Stirn umschließen diesen Haarputz diademartig drei Ketten blauer Perlen. Etwas weiter abwärts überdecken die Stirne: erstens ein dünnes Geflecht aus frischem grünen Gras und zweitens eine Anzahl aus Fäden aufgereihter weißer Porzellanknöpfe. Außerdem hängen noch von der Stirne abwärts drei je 1½ Fuß lange Schnüre rother Perlen über Augen, Nase und Mund herunter. Den Hals umschließen fünf zusammen etwa 9 Pfund wiegende Messinghalsbänder ohne Charnier, die also, wenn man sie abnehmen will, auseinander gebogen werden müssen. Ueber der Brust hängen ein in Leopardenfell eingenähtes Amulett und zwei Reihen größerer Perlen. Ein wenig oberhalb des kurzen, zerrissenen und schmutzigen Hüftentuches wird die Taille ebenfalls wieder von einigen Perlschnüren umschlossen. Den rechten Oberarm umspannt ein sehr schwerer Messingring, den man in gleicher Form über jedem der beiden Fußgelenke wiederfindet. An beiden Unterarmen befinden sich oberhalb des Handgelenks je zwei leichtere Messingreifen. Am linken Oberarm ist durch etwa ein Dutzend schmaler Messingringe, deren innerste am engsten sind, eine derartige Einpressung erzeugt worden, daß der Arm dort weniger dick ist als am Handgelenk. Dieselbe Sitte habe ich sonst bloß noch bei den Bubis von Fernando Po gesehen, allerdings mit dem Unterschied, daß man dort zum Einpressen des linken Oberarms Leder und nicht Messing verwendet. Schließlich wäre noch zu erwähnen, daß sich vom linken Ohr eine dünne Schnur rother und blauer Perlen durch die inwendig durchbohrte Nase hindurch zum rechten Ohr hinüberzieht. Man wird zugestehen müssen, daß diese Toilette, ohne dem

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_257.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)