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Die Samoainseln.
Die Gruppe der Samoainseln, die schon wiederholt in der Geschichte Deutschlands eine wichtige Rolle gespielt und noch jüngst aus Anlaß des Zusammenstoßes der Deutschen mit den Eingeborenen bei Apia die Gemüther unseres Volkes lebhaft beschäftigt hat, ist in der Nacht vom 16. zum 17. März der Schauplatz einer Katastrophe geworden, wie sie gleich verheerend zum Glück noch selten über unsere junge deutsche Marine hereingebrochen ist. Der Archipel der Samoa- oder Schifferinseln, im Stillen Ocean zwischen dem 13. und 15. Grad südlicher Breite und zwischen dem 169. und 173. Grad westlicher Länge von Greenwich gelegen, ist nicht groß. Sein Gesammtareal mißt nur etwa 2800 Quadratkilometer, ist also ein wenig kleiner als das Großherzogthum Mecklenburg-Strelitz. Im ganzen giebt es in ihm 10 bewohnte Inseln, von denen folgende als die größten in Betracht kommen: Sawaii (rund 1700 qkm), Upolu (880 qkm) und Tutuila (140 qkm). Im Vergleich zu den großen Länderstrecken, welche die europäischen Staaten in Afrika und Neuguinea neuerdings unter sich getheilt haben, ist dieses Gebiet verschwindend klein, aber es ist besonders werthvoll, weil Plantageversuche, die man hier angestellt hat, gelungen sind. Das Klima ist verhältnißmäßig mild und der Boden zum Theil sehr fruchtbar. So sind die Samoainseln wohl geeignet, eine wichtige Station in der Südsee zu bilden.
Unsere Leser
haben nun wohl
alle in den Zeitungen
die erschütternden
Nachrichten gelesen,
die in
den letzten Tagen
des Monats
März von
dem fernen Inselreiche
zu uns
herüberdrangen,
wie dort in dem
Hafen von Apia
zwei schöne
stolze deutsche
Kriegsschiffe,
der Kreuzer
„Adler“ und
das Kanonenboot
„Eber“,
das Opfer eines
fürchterlichen
Orkans geworden
sind und
92 wackere deutsche Seeleute, darunter 5 Offiziere, ihren Tod in
den Fluthen gefunden haben. Schon vor der Katastrophe war in
der Tagespresse auf den geringen Schutz hingewiesen worden, den
der Hafen von Apia besonders
gegen die aus Norden
wehenden Winde gewähre,
auf die Gefahren, welche die
den Hafen umgebenden und
zum Theil in ihn selbst hineinragenden
Korallenriffe
den Schiffen bereiten, und
schrecklicher als man es geahnt,
sollten sich diese Schilderungen
bestätigen. Noch
zittert das Bangen in uns
nach, das unsere Herzen
erfüllte, als wir lasen, wie
der „Eber“, von seinen
Ankern losgerissen, von den
empörten Wogen auf ein
Riff geschleudert wird, wie
er wankt gleich einem zum
Tode getroffenen Krieger,
um dann jäh in der Tiefe
zu versinken, alles Lebende
mit sich begrabend; wie das
andere Schiff, der Kreuzer
„Adler“, von einer mächtigen
Fluthwelle emporgehoben
und umgekehrt, das
Unterste zu oberst, aus das
Riff geworfen wird, seine
Bemannung ausschüttend in
das tobende Element, dem
so viele nicht mehr entrannen.
Und noch wissen wir
nicht, ob das dritte der
deutschen Schiffe, die Korvette
„Olga“, die ein glücklicher
Zufall in verhältnißmäßig
günstiger Lage auf den Strand trieb, erhalten bleiben wird
oder nicht, ob nicht auch ihre Beschädigungen derart sind, daß sie
aus der Reihe der kriegswichtigen Fahrzeuge gestrichen werden muß.
Die beigegebenen Abbildungen zeigen die drei Schiffe, wie sie aussahen, ehe die Katastrophe über sie hereinbrach. Das Kanonenboot „Eber“ war ein noch ganz neues Schiff. Erst am 15. Februar 1887 hatte es den Stapel der kaiserlichen Werft zu Kiel verlassen; seine Baukosten beliefen sich auf 652 000 Mark. Es hatte etatsmäßig eine Besatzung von 87 Mann, 3 Geschütze, einen Raumgehalt von 570 Tonnen
verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1889, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_273.jpg&oldid=- (Version vom 30.3.2020)