Verschiedene: Die Gartenlaube (1889) | |
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No. 30 | 1889. | |
Illustrirtes Familienblatt. — Begründet von Ernst Keil 1853.
Gold-Aninia.
Bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts war Surley die bedeutendste Ortschaft im oberen Engadin, im Bereich der Seen von Sils, Silvaplana und Campfèr, welche dort, rings umgeben von starrenden Gletschern und Felshäuptern, in das Hochthal eingebettet sind. Silvaplana zählte damals nur wenige Bewohner, die sich auf dem Geschiebe des vom Julier herabfließenden Wildbaches angesiedelt hatten. Die einzelnen Ortschaften waren durchaus unabhängig; sie schufen sich ihre Satzungen selbst, denn „nächst Gott und der Sonne war jeder gemeine Mann seine eigene Obrigkeit“, wie ein alter Spruch der Engadiner besagte. Doch um der Ordnung und des Friedens willen fügten sie sich auch einer selbstgewählten Obrigkeit, ihrem „Dorfmeister“, dem „Cavig“. Mehrere Ortschaften vereinigten sich zu einer Pfarrgemeinde, die sich wiederum einen Ammann wählte, der mit geschworenen Leuten jede ernstere Streitigkeit der Dörfler zu schlichten hatte.
Eine solche Pfarrgemeinde bildeten im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts die Dörfer und Dörfchen Islas (Isola), Sils-Baseglia, Sils-Maria und Silvaplana, mit Surley als Hauptort. Zum Ammann hatte die Pfarrgemeinde den dortigen Bauer und Cavig Gian Madulani gewählt, der als der reichste Mann der ganzen, im Grunde recht armen Thalgegend galt. Madulani war ein hochgewachsener Fünfziger von gewaltiger Körperkraft, seine scharfen dunklen Augen blickten durchdringend aus einem wettergebräunten Gesicht, dessen Ausdruck ebenso wohl von Verschlagenheit wie von einem festen, unbeugsamen Willen
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 501. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_501.jpg&oldid=- (Version vom 30.3.2020)