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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Bei Neustädtel.
Greifenstein.   Mulde bei Aue.
Filzteich bei Schneeberg.

Natschungthal geht es über das stille Rübenau hinab in das Pockauthal, und hier stehen wir mitten in Landschaftsbildern, welche in der That den Vergleich mit jenen des Harzes nicht zu scheuen haben. Hoch und steil abfallend ragt als Glanzpunkt dieser Wanderstrecke der Katzenstein empor und von seiner Felsplatte aus beherrscht man die großartig düstere Schönheit der Gegend. Unten rauscht und schäumt über das Steingeröll ihres Bettes die schwarze Pockau, zwischen dunklen Föhren erhebt sich die röthlich schimmernde Felsenbrust der sogenannten „Ringmauer“, und ihr gegenüber, umrahmt von den mächtigen Forsten des Kriegwalds, der Rabenberg. Der Weg durch das Pockauthal abwärts, wobei das freundliche Zöblitz mit seinen Serpentinbrüchen rechts liegen bleibt, führt uns wieder in das liebliche, wenn auch mit minder hervorragenden Reizen ausgestattete Thal der Flöha zurück, die uns heiter und geschwätzig weiter leitet, bis uns von Bergeshöhe das Schloß Rauenstein entgegenwinkt. Ein einziger niedriger Thurm ragt über die grauen Schindeldächer des Herrensitzes, der mit einer gewissen trotzigen Anmuth, keck und idyllisch zugleich, aus seinen die Berglehne bedeckenden Gartenanlagen herauslugt. Nachkommen des großen Dichters und Denkers J. G. Herder haben sich hier ein traulich Heim geschaffen. Der herrliche Buchenwald in der Nähe lockt zur Rast und das freundliche Städtchen Lengefeld zum Absteigequartier.

Im Flöhathal weiter abwärts liegt auch Grünhainichen, ein stattliches, wohlhabendes Kirchdorf. Hier hausen jene freundlichen Wichtelmännlein, die nach dem seligen Kinderglauben für das liebe Christkind arbeiten, und hundert fleißige Hände werden von der Spielwarenindustrie beschäftigt, welche überhaupt im Erzgebirge, besonders bei Olbernhau und Seiffen, daheim ist. Grünhainichen besitzt auch eine Fachschule für Spielwarenarbeiter und eine sehenswerthe Musterausstellung. Munter rollt das klare Bergwasser seine Wellen daran vorüber und führt uns gegen Leubsdorf, wo wir das Flüßchen überschreiten und nun in völliger Nähe den stattlichen Schellenberg vor uns haben, der zwischen den Thälern der Flöha und Zschopau sich als der mächtigste Ausläufer des mittleren

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 541. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_541.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)