Seite:Die Gartenlaube (1889) 589.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889)

Stein Adern hat, denn dann bricht er sehr leicht. Ist das Stück aber trotz der Adern ganz losgegangen, so versucht der Arbeiter, indem er mit einem Hammer daran klopft, an dem hellen – guten, oder dumpfen – schlechten Ton die Brauchbarkeit desselben zu prüfen. Ist der Stein für gut befunden, so bekommt ihn der nächste Arbeiter, der nach seinem Ermessen auf dem ungleichmäßigen Stein seine Vierecke aufzeichnet und mittels eines im Verhältniß zu den Steinen sehr kleinen, aber mit einem langen Stiel versehenen Hammers roh zurechthaut. Das verschiedene Hämmern erzeugt ein liebliches melodisches Durcheinander von Tönen, fast wie Glockengeläute.

Förderbahn in den Solnhofener Steinbrüchen.

Die Steine wandern hierauf in die Schleifhütten. Es ist merkwürdig, mit welcher Ausdauer die allerdings muskulösen Arbeiter solch schwere Platten den ganzen Tag über auf einander drehen und reiben. Die kleinen Platten werden von weiblicher Hand geschliffen, jedoch verdienen die Frauen nur etwa halb soviel wie die Männer. Der Sand, welcher, mit Wasser befeuchtet, zum Schleifen verwendet wird, muß vom Main und von der Donau bezogen werden, da jeder andere an näheren Orten gefundene Sand zu weich ist und nicht genügend angreift. Der gröbere Mainsand wird zum Vorschleifen oder Rauhschleifen, der bessere Donausand zum Feinschleifen, „Ausschleifen“ genannt, benutzt.

Sind die Steine geschliffen, so bekommt sie ein anderer Arbeiter in die Hand, um sie abzusprengen und fertig zu machen. Das Absprengen wird mit einem breiten, scharf geschliffenen Eisen gemacht, welches genau auf einen vorgezeichneten Strich gesetzt wird. Ein Schlag mit einem eisernen Hammer, und eine haarscharfe Kante zeigt sich am Steine. Merkwürdig ist, mit welcher Raschheit diese ziemlich genaue Arbeit vor sich geht, aber die dazu nöthige Fertigkeit läßt sich nur durch jahrelange Uebung erwerben und die „Absprenger“ sind deshalb auch die bestbezahlten unter den Arbeitern.

Auch der Dampf hat in die Solnhofener Brüche seinen Einzug gehalten. Auf Fischer und Kluges Anwesen befindet sich ein Dampfsägewerk, welches zum Auseinandersägen von zu dicken Steinen in zwei oder drei Platten erbaut worden ist. Das Werk soll sich sehr gut lohnen, da die genannte Firma auf dem Horstbruch sehr viele starke Steine bricht und die lithographischen Pressen nur für eine Stärke der Platten von 7–10 cm eingerichtet sind, sodaß stärkere Steine nur in höchst vereinzelten Fällen eine Verwendung finden. Das Dünnermachen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1889). Leipzig: Ernst Keil, 1889, Seite 589. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1889)_589.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)