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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

er am 2. September 1884 und wurde acht Tage nachher auf dem Friedhof zu Mildstedt bei Husum in heimischer Erde begraben. Er war auch in der Verbannung der „Rechtsanwalt Schleswig-Holsteins“ geblieben und hatte wiederholt die Gelegenheit ergriffen, vor aller Welt auf die Wunde hinzuweisen, die Deutschland sich selber im Norden geschlagen habe. Man darf wohl behaupten, daß seine scharfen, klaren Schriften nicht ohne Einfluß geblieben sind auf den Wechsel in der Anschauung jener einflußreichen Persönlichkeiten, welche bisher in der Erhebung der Herzogthümer nichts anderes als Aufruhr gesehen hatten und nun zu verstehen anfingen, daß dort ein Stück deutsches Volksthum der gesundesten und kräftigsten Art von kurzsichtiger Staatskunst preisgegeben worden sei.

Die äußere Gestaltung der Dinge durch die Unglücksjahre 1850 und 1851 machte scheinbar jeden Erfolg zunichte, den das Wirken der beiden Statthalter hätte haben können. Und doch dankt Schleswig-Holstein ihrer Thätigkeit unendlich viel, sie haben die Zukunft der Herzogthümer gerettet. Diese Zukunft – sie ist unter den wundersamsten Wendungen in den Geschicken Deutschlands, unter bewundernswerthen Großthaten herangekommen und zur Gegenwart geworden, welche wiederklingt in dem einen Worte: „Schleswig-Holstein auf ewig ungetheilt, auf ewig deutsch.“ Mit Recht hat darum die Erinnerung an jene beiden unerschrockenen Führer im schweren Kampfe ihren dankbaren Ausdruck in jenem wirkungsvollen und gebietenden Denkmal gefunden. Dieses Monument wird mithelfen, das Gedächtniß der opferfreudigen Zeit wachzuhalten und künftige Geschlechter zu mahnen, daß sie Männern wie Reventlow und Beseler nacheifern in selbstloser Hingabe an das Vaterland, in treuer Pflichterfüllung. Werner Frölich.     


Blätter und Blüthen.

Das Ehrengeschenk der Stadt London an den deutschen Kaiser. Bei Gelegenheit des Besuchs des deutschen Kaisers in der Guildhall zu London am 10. Juli wurde ihm neben einer Adresse ein Geschenk von außerordentlicher Schönheit und hohem künstlerischen Werthe überreicht, dessen Abbildung wir unseren Lesern vorlegen. Es ist ein in gothischem Stile ausgeführtes Schmuckkästchen, dessen Deckel von einer Figur gekrönt wird, welche den Genius der Stadt London versinnbildlicht. Sie hält in der Rechten den Merkuriusstab, das Zeichen der Welthandelsstadt, und in der Linken einen Schild mit dem Stadtwappen in den entsprechenden Farben.

Das Ehrengeschenk der Stadt London an den deutschen Kaiser.

Die Seiten des Deckels weisen außer dem Stadtwappen Ansichten hervorragender Gebäude der Stadt auf; das alles ist in zarten Farben fein emailliert. Auf dem Rande des Deckels stehen sechs kaiserliche Adler. Die Felder auf der vorderen Langseite des Kästchens selbst enthalten in getriebener Arbeit sinnbildliche Figuren in Gold auf blau emailliertem Hintergrunde: eine schwerttragende Engelsgestalt, zu deren Füßen der überwundene Drache liegt und deren Linke einen Kranz hochhält; gegenüber die „Gerechtigkeit“, welche die kaiserliche Krone über ihr Haupt emporhebt, während zu ihren Füßen Schwert und Wage zu sehen sind und ihre Linke an einem Füllhorn ruht. Zwischen diesen beiden Feldern erblicken wir das kaiserliche Wappen, dessen Krone mit echten Diamanten besetzt ist. Die Felder an der Schmalseite stellen zwei Ereignisse aus der Geschichte dar, welche auf die nahe Verwandtschaft Englands und Deutschlands hinweisen: die Hochzeit der Königin Viktoria mit Prinz Albert und die des verstorbenen Kaisers Friedrich mit der Prinzeß Viktoria. Auf der Rückseite befinden sich im Mittelfelde die Widmung, auf den beiden Seitenfeldern die Versinnbildlichungen des Handels und der Wohlfahrt. – Das Band unter diesen Feldern enthält Namen und Wappen der zum Deutschen Reiche gehörenden Staaten. Unter den Füßen, auf denen der Kasten ruht, blickt zu jeder Seite der Londoner Greif hervor, die Augen sprühen Blitze, denn es sind Diamanten, deren sich diese Wesen als Sehorgan bedienen. Das Ganze steht auf einem eichenen mit blauem Sammet überzogenen Untersatze; ein silbervergoldetes Inschriftband umzieht ihn, das prächtig aus seinem Untergrunde hervorleuchtet. So ist dieses Werk nicht nur von hohem künstlerischen Werthe durch Erfindung und Zeichnung, auch die Farbenvertheilung läßt den bedeutsamen Künstler erkennen. Eine reiche Pracht entfaltet sich in dem Gold, dem Silber, dem Email, den Edelsteinen, und doch ist nirgends Ueberladung zu finden, überall ist ein schönes Maß gewahrt. Die Kassette macht den Erfindern und Verfertigern, Mappin Brothers, alle Ehre. A. S.     

Siegfrieds Leiche. (Zu dem Bilde S. 569.) Wer sollte es nicht kennen, das erschütternde Trauerspiel, welches uns der uralte Sang des Nibelungenliedes überliefert: wie Siegfried, der unüberwindliche Held, erliegen muß der Rache eines tiefgekränkten Weibes, dem Speere eines heimtückischen Feindes, damit dann über seiner Leiche ein wahrer Völkervernichtungskampf sich entfache! Richard Wagner hat aus dieser Quelle den Stoff zu seiner „Götterdämmerung“ geschöpft, zu dem Schlußstein seiner großen Nibelungentrilogie, und seiner Fassung ist auch der Maler gefolgt, welcher unser Bild entworfen hat.

Da wird erzählt, wie Siegfried unerkannt für Gunther Brünhilde überwindet und ihr nach heißem Kampfe den wunderbaren Ring abnimmt, den er selbst ihr einst als Zeichen seiner Treue geschenkt. Sie ziehen mit der gewonnenen Braut hinauf nach dem Sitze der Gibichungen am Rhein, aber mit Entsetzen entdeckt Brünhilde plötzlich das verhängnißvolle Kleinod an Siegfrieds, nicht an Gunthers Hand, und nun ist Rache für solchen Verrath ihr einziges Denken. Wie im alten Heldenliede, so ist es auch hier der grimme Hagen, der sich der schwer gekränkten Frau als Werkzeug bietet. Ist er doch Alberichs Sohn, der Sohn des Zwerges, dem Siegfried einst den Ring geraubt hat. Also doppelten Grund hat er, Siegfried zu hassen. Und nun ziehen sie hinaus zur Jagd, rasten im kühlen wilden Felsenthal, nahe dem Strome. Siegfried, den warnenden Gesang der Rheintöchter nicht achtend, plaudert vergnügt mit Gunther und Hagen; er erzählt ihnen, wie er einst Fafner, den Wurm, erschlug, wie er die Zunge mit des Drachen Blut genetzt und darauf die Sprache der Vögel verstanden habe; er verräth, wie er einst Brünhilde aus ihrem Schlafe in feuriger Liebe geweckt – zwei Raben fliegen auf. „Erräthst Du auch dieser Raben Geraun’?“ ruft Hagen ihm zu, heftig fährt Siegfried empor, den Unglücksboten nachzublicken, da stößt ihm Hagen den tödlichen Speer in den Rücken, der nie besiegte Held bricht sterbend zusammen. Und bald trägt ihn der ernste Zug der Mannen über die mondbeglänzte Anhöhe von dannen, zurück zu der Halle der Gibichungen. In seinem lohenden Scheiterhaufen verschwindet Brünhilde, den Ring des Toten am Finger, herein wälzen sich die Fluthen des Rheins, die Rheintöchter erscheinen. Mit dem Rufe: „Zurück vom Ringe!“ stürzt sich Hagen wie wahnsinnig in die Fluth, die Arme der Nixen ziehen ihn hinab in die Tiefe.




Inhalt: Baronin Müller. Roman von Karl v. Heigel (7. Fortsetzung). S. 565. – Das Reventlow-Beselerdenkmal in Schleswig. Bild. S. 565. – Mehr Licht! Von Dr. J. Herm. Baas. S. 568. – Siegfrieds Leiche. Bild. S. 569. – Die Fächerausstellung in Karlsruhe. Von F. Luthmer. S. 572. Mit Abbildungen S. 572, 573, 574 und 575. – Die Kamerunerin. Eine romantische Geschichte von H. v. Götzendorff-Grabowski (4. Fortsetzung). S. 575. – Windmühlen-Idyll. Bild. S. 577. – Das Reventlow-Beselerdenkmal in Schleswig. Von Werner Frölich. S. 579. (Zu dem Bilde S. 565.) – Blätter und Blüthen: Das Ehrengeschenk der Stadt London an den deutschen Kaiser. Mit Abbildung S. 580. – Siegfrieds Leiche. S. 580. (Zu dem Bilde S. 569.)



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 580. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_580.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2023)