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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

Blätter und Blüthen.

Zum hundertjährigen Geburtstag des Komponisten der „Hugenotten“. Die Musikgeschichte hat den 5. September dieses Jahres als einen Gedenktag hervorzuheben, welcher einem der bekanntesten und glänzendsten Tondichter des Jahrhunderts gewidmet ist. Am 5. September vor nunmehr hundert Jahren wurde in Berlin Jacob Meyer Beer geboren, dessen später angenommener Name Giacomo Meverbeer fast schon für sich allein genügt, um einen großen, noch heute nicht vollkommen erschlossenen Zeitraum in der Geschichte der Oper zu bezeichnen.

Unter den denkbar günstigsten äußeren Verhältnissen aufwachsend, entwickelte der junge Jacob Meyer Beer frühzeitig eine ganz außerordentliche musikalische Begabung. Ein Wunderkind wie Mozart und Mendelssohn, war er schon in seinem zehnten Jahre ein kleiner Virtuose auf dem Klavier. Der Jüngling bewies bald in einer Reihe eigener Tonwerke eine gewandte Beherrschung von Theorie und Technik der Komposition, wenn auch der musikalische Gehalt seiner Erstlingswerke noch wenig Originelles bot. Sie zeigten mehr nur den Charakter trockener schulgemäßer Verstandesarbeiten.

Eine gründliche Umwandlung dieses Stils brachte für den jungen Komponisten ein mehrjähriger Aufenthalt in Italien mit sich, wo Rossinis unvergleichliche Melodienfülle ihre Triumphe zu feiern begonnen hatte. Mit einem Schlage wandte Giacomo Meyerbeer der strengen deutschen Art den Rücken und bemühte sich, die flüssigen melodischen Formen des gefeierten italienischen Altersgenossen sich anzueignen. Nicht ohne Erfolg, wovon eine Reihe italienischer Opern Zeugniß giebt, welche aus den Jahren 1818 bis 1824 stammen und alle Beifall und theilweise glänzende Aufnahme fanden. Allein keines dieser leichtgeschürzten Werke konnte sich auf die Dauer halten. Meyerbeer kehrte nach Deutschland zurück, und einige Jahre schien es, als ob er, müde der vorübergehenden und deshalb doch nur halben Erfolge, dem Streben nach dem Ruhm eines dramatischen Tondichters vollständig entsagt habe. Er widmete sich fast ausschließlich der Komposition von religiösen Kantaten und Psalmen, von Oden und Liedern.

Allein es war dies nur eine Durchgangszeit. In langsamer sorgfältiger Arbeit vollendete Meyerbeer 1830 ein Werk, dessen Aufführung an der „Großen Oper“ in Paris sich zu einem beispiellosen, glänzenden Triumph gestaltete. „Robert der Teufel“ war dieses Werk, das am 22. November 1831 erstmals auf die Bühne kam. Von diesem Tage ab konnte Giacomo Meyerbeer, welcher deutsche orchestrale Schulung und italienische melodiöse Gewandtheit mit französischem dekorativen Pomp zu verbinden gewußt hatte, als der Schöpfer einer neuen Gattung dramatischer Musik, der „großen französischen Oper“, betrachtet werden.

In der Zeit von 1831 bis zu seinem Tode im Jahre 1864 hat Meyerbeer im ganzen nur noch sechs Opern vollendet. Heute weniger bekannt sind von diesen „Struensee“ und der „Nordstern“; dagegen sind die „Hugenotten“ (1836), der „Prophet“ (1849), „Dinorah“ (1859) und die „Afrikanerin“ (1864) wie „Robert der Teufel“ noch jetzt auf allen großen Bühnen Europas eingebürgert, nachdem dieselben Jahrzehnte lang eine fast unbestrittene Herrschaft auf dem Gebiete der Opernmusik ausgeübt hatten.

Es ist nicht zu leugnen, daß die Kunst Meyerbeers nicht frei ist von Schwülstigkeit und unwahrem Pathos, daß er oft genug darauf ausgeht, grobe musikalisch unlautere Effekte zu erzielen und mit leerem Schaugepränge das Ohr durch das Auge zu betrügen. Je länger, je mehr Gegner hat darum diese „große französische Oper“ gefunden; der größte und erbittertste Feind erstand ihr bekanntlich in Richard Wagner, welcher ein neues deutsches Musikdrama mit nationalem Inhalt schuf.

Aber trotzdem bleibt die Thatsache bestehen, daß Meyerbeers Opernschöpfungen eine eigenartige Entwicklungsstufe der dramatischen Musik bedeuten. Zweifellos wurde durch ihn die Ausdrucksfähigkeit der letzteren vielfach und wesentlich bereichert; dies nicht zum wenigsten durch die Erweiterung der Aufgabe, die er dem Orchester zuwies – ein Fortschritt, dessen Verdienst Meyerbeer auch von denen zuerkannt wird, welche keine Verehrer seiner musikalischen Richtung sind. V. 

Gefährlicher Augenblick im Manöver. (Zu dem Bilde S. 617.) Den Truppenübungen im Herbst nachzugehen und sich das Stück „Krieg im Frieden“, das sich da abspielt, gemächlich zu betrachten, das hat für alle seinen Reiz, besonders aber für die Bewohner des abgelegenen Landes, denen die glitzernden Uniformen und die gefechtsmäßige Entfaltung der Soldaten unbekannte oder seltene Dinge sind. Man fühlt sich als solcher Schlachtenbummler selbst militärisch begabt, giebt da und dort ein gewichtiges Urtheil ab über den Gang der Dinge und holt am Schluß höchst befriedigt den mitgenommenen Mundvorrath aus der Tasche, um bei einem tüchtigen Imbiß im Magen, der gewaltsam sein Recht fordert, die ungewohnten Eindrücke zu konzentrieren und ausklingen zu lassen.

Indessen nicht immer erreicht das Schlachtenbummeln ein so behagllches Ende; unser Bild zeigt, daß auch der Krieg im Frieden seine bedenkichen Seiten haben kann. Da hat ein Häuflein Feldarbeiter sich für eine Stunde freigemacht und unter einem Baum einen bequemen Ausguck entdeckt, um das Hin- und Herwogen des Gefechts zu verfolgen. Plötzlich wird’s in unmittelbarer Nähe lebendig, ein Regiment Ulanen jagt aus seinem Hinterhalt wie der Sturmwind über die geneigte Fläche dahin, die Erde erdröhnt unter den Hufen der Pferde. Ein THeil der kleinen Gesellschaft ist so hingenommen von dem mächtigen Schauspiel, daß er die Gefahr gar nicht merkt, die im Rücken daherbraust, die andern aber blicken mit entsetzten Mienen der kommenden Minute entgegen, die ihnen sicheren Untergang zu bringen scheint. Und doch wird die Gefahr ebenso rasch abgewendet sein, als sie entstanden ist: schon hat der Stabsoffizier, der den Angriff leitet, das Zeichen zum rettenden Signal gegeben, und der ganze Auftritt wird nur die Folge haben, daß den Zuschauern der Genuß an dem militärischen Bilde für diesmal ernstlich vergällt sein dürfte. Indessen am Abend, wenn sie in ihrem Dorfe mit den Nachbarn zusammensitzen, regt sich wohl die geschäftige ausschmückende Phantasie, und dann erzählen sie mit Stolz und klingendem Wort ihr unverhofftes Kriegsabenteuer.




Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angaben von Namen und Wohnung werden nicht berücksichtigt.)

P. F. in Dornburg. Vor dem Gebrauch der „Nuß-Haarfarbe“, welche die Firma J. F. Schwarzlose Söhne in Berlin vertreibt, ist entschieden zu warnen. Der verdienstvolle Karlsruher Ortsgesundheitsrath hat aus Anlaß eines bestimmten Falles, in welchem die Anwendung des Mittels eine schwere Erkrankung der Kopfhaut zur Folge hatte, die Nuß-Haarfarbe untersuchen lassen. Dabei hat sich ergeben, daß dieselbe, neben kleinen Mengen von Nußextrakt etwa 2,4 % Kupferchlorid und etwa 4 % Pyrogallussäure in Wasser gelöst enthält.

Nun ist nicht nur die Verwendung von Kupferchlorid zur Herstellung kosmetischer Mittel durch § 3 des Reichsgesetzes vom 5. Juli 1887 als gesundheitsschädlich verboten und unter Strafe gestellt, sondern es ist auch die Pyrogallussäure geeignet, selbst bei nur äußerlichem Gebrauch ernstliche Störungen innerer Organe zu verursachen.

Also lassen Sie Ihre Haare, wie sie sind, jedenfalls aber benutzen Sie keine „Nußhaarfarbe“ der Firma J. F. Schwarzlose Söhne!

A. S. in Fürth. Wenden Sie sich unter Vorlage fertiger Arbeiten an einen Zeichenlehrer.

E. Kl. in Dresden. Wenn Sie uns Ihre genaue Adresse angeben, dann werden wir Ihnen brieflich Antwort erteilen.



Inhalt: Ein Götzenbild. Roman von Marie Bernhard (1. Fortsetzung). S. 613. – Gefährlicher Auenblick im Manöver. Bild. S. 617. – Die Poesie der Elektrotechnischen Ausstellung. Von Emil Peschkau. S. 619. Mit Abbildungen S. 613, 619, 620 und 621. – Am Viktoria-Njausa. S. 622. – Liebesrast. Bild und Gedicht. S. 625. – Das Los des Schönen. Erzählung aus dem achtzehnten Jahrhundert. Von Stefanie Keyser (1. Fortsetzung). S. 624. Mit Abbildungen S. 624 und 627. – Blätter und Blüthen: Zum hundertjährigen Geburtstag des Komponisten der „Hugenotten“. S. 628. – Gefährlicher Augenblick im Manöver. S. 628. (Zu dem Bilde S. 617.) – Kleiner Briefkasten. S. 628.




Soeben ist erschienen und durch die meisten Buchhandlungen zu beziehen:
Gartenlaube-Kalender
für das Jahr 1892.
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Der Gartenlaube-Kalender 1892 ist fertig und bringt ansprechende und spannende Erzählungen von A. G. v. Suttner, Stefanie Keyser, W. Heimburg, unterhaltende und belehrende Beiträge von E. Hellmuth, R. Falb, Schmidt-Weißenfels u. A., zahlreiche Illustrationen von hervorragenden Künstlern, Humoristisches in Wort und Bild und viele praktische und wertvolle Kalender-Notizen und Tabellen zum Nachschlagen bei Fragen des täglichen Lebens.

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Verlagshandlung: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig.



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 628. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_628.jpg&oldid=- (Version vom 28.9.2023)