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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891)

ausbilden könnte, beschloß der Vater, ihn in das glänzende Wien einzuführen.

Theodor Körner, von seinem Waffengefährten Olivier
gezeichnet am 26. August 1813 unter der Eiche bei Wöbbelin.

Versehen mit den besten Empfehlungen von einflußreichen Freunden seines Vaters, eines W. v. Humboldt, Fr. v. Schlegel u. a., traf Theodor Körner Ende August 1811 in der österreichischen Hauptstadt ein. Eine neue Welt that sich hier vor ihm auf: die Bühne versprach ihm einen ausgebreiteten Ruf. Bald hörte man von Wien aus mit rauschendem Lobe seinen Namen nennen; mehrere seiner dramatischen Dichtungen, wie „Der grüne Domino“, „Der Nachtwächter“, „Die Gouvernante“, fanden allgemeinen Beifall. Indessen Körners hochstrebender Geist ließ sich nicht an diesen kleineren Arbeiten genügen, ihn verlangte nach einem großen tragischen Stoff. Den Plan zu einem Trauerspiel „Konradin“, der ihn früher beschäftigt hatte, gab er auf, dafür bot sich ihm ein dankbarer Vorwurf aus der ungarischen Geschichte: das Schicksal des „ungarischen Leonidas“ Zriny. Im Sommer 1812 vollendete der Dichter in Oberdöbling bei Wien die Tragödie, welche den Namen jenes Helden trägt, und als das leidenschaftlich bewegte Stück am 30. Dezember 1812 auf dem Theater „an der Wien“ in glänzender Ausstattung und unter begeisterter Zustimmung seine erste Aufführung erlebte, da war der Ruhm des Jünglings gesichert; der Kaiser ernannte ihn zum Hoftheaterdichter.

Verkleinerte Nachbildung der Urschrift des Gedichtes „Treuer Tod“.

Zu dieser Aufmunterung seines Strebens kam noch eine feurige Liebe des Dichters zu einer begabten und liebenswürdigen Schauspielerin, Antonie Adamberger. Es war eine glückliche Fügung, daß gerade sie Körners Neigung gewann und als seine Braut einen wohlthuenden Einfluß auf ihn ausüben konnte. Der Vater des Dichters erkannte dies bald, in einem Briefe sagt er, dieses Mädchen sei vom Himmel gleichsam zum Schutzengel seines Sohnes bestimmt, indem sie ihn ebenso durch die Reize der Gestalt wie der Seele fessele. Mehrere Jahre nach Körners Tod hat sie sich mit dem Museumsinspektor Josef von Arneth vermählt, dessen Sohn jüngst in seinen „Lebenserinnerungen“ interessante Mittheilungen über die Beziehungen seiner Mutter zu dem Dichter veröffentlichte.

Neue Arbeiten, neue Entwürfe beschäftigten den rastlosen Geist Theodor Körners. Da ertönte jener königliche Aufruf zur Befreiung der deutschen Laude, deren Schmach der Jüngling schon längst mit bitterem Weh empfunden hatte, und nun säumte er keinen Augenblick, die Leyer mit dem Schwert zu vertauschen. In einem Briefe aus Wien vom 10. März 1813 bittet er den Vater um die Erlaubniß, zu den Waffen eilen zu dürfen. „Deutschland steht auf! Der preußische Adler erweckt in allen treuen Herzen durch seine kühnen Flügelschläge die Hoffnung einer deutschen, wenigstens norddeutschen Freiheit. Meine Kunst seufzt nach ihrem Vaterlande – laß mich ihr würdiger Jünger sein! – Ja, liebster Vater, ich will Soldat werden, will das hier gewonnene, glückliche und sorgenfreie Leben mit Freuden hinwerfen, nun, sei’s auch mit meinem Blute, mir ein Vaterland zu erkämpfen!“ Fünf Tage nachher riß er sich von seiner Braut los und einen Monat später nahm er, schon in der Uniform der Lützowschen Schar, von den Seinigen Abschied. Es war das letzte Mal, daß er diejenigen umschloß, die ihm theuer waren auf Erden, nun galt sein Leben einem höheren Dienste, dem Kampf um das Vaterland, zu dem er mit den begeisterten Worten aufrief:

Frisch auf, mein Volk. Die Flammenzeichen rauchen,
Hell aus dem Norden bricht der Freiheit Licht.
Du sollst den Stahl in Feindes Herzen tauchen;
Frisch auf, mein Volk! – Die Flammenzeichen rauchen.
Die Saat ist reif; ihr Schnitter, zaudert nicht!
Das höchste Heil, das letzte, liegt im Schwerte!
Drück’ Dir den Speer ins treue Herz hinein:
‚Der Freiheit eine Gasse!‘ – Wasch’ die Erde,
Dein deutsches Land, mit Deinem Blute rein“ –

Reliquien aus Körners Schul- und Studienzeit.

Reliquien aus Körners letzten Tagen (Achselklappen, Uhrband, Säbelkoppel, Uniformweste, Taschenbuch).

Wie dieses reiche, vielversprechende Leben dem Befreiungskampfe zum Opfer fiel, ist bekannt. Nachdem er schon am 17. Juni beim verrätherischen Ueberfall von Kitzen eine schwere Verwundung erhalten hatte, deren Heilung ihn bis zum 15. Juli in Karlsbad aufhielt, eilte er, kaum genesen, wieder zu seinem Corps zurück, bei dessen zweiter Jägerschwadron er als Adjutant des Majors v. Lützow stand. Seine Waffengefährten begrüßten ihn mit Jubel, allein es war nicht die Zeit zu ruhiger ungetrübter Freude. Am 23. August schreibt Körner an den Hofrath Parthey in Berlin aus Kirch-Jesar, wo er unmittelbar vor seinem Tode auch seinen Schwanengesang, das „Schwertlied“, dichtete, daß er noch lebe, doch seit dem 17. schlügen sich die Lützower alle Tage. Wie eine verhüllte Todesahnung gemahnen uns diese Worte, und nur zu bald ging sie in Erfüllung. In nächster Nähe eines Gehölzes an der Landstraße unweit Gadebusch in Mecklenburg-Schwerin durchbohrte am 26. August eine feindliche Flintenkugel das Herz des edlen Jünglings; so ward dem deutschen Volke der Genius entrissen, der glänzend wie das Frühroth eines verheißungsvollen Tages seine Bahn begonnen hatte.

Fast will es scheinen, als habe sich Theodor Körner in dem feurigen Helden Lorenz

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1891).Leipzig: Ernst Keil, 1891, Seite 639. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1891)_639.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2023)