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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

handwerksmäßiger, mit Gewerkmeistern und Gesellen - eine Form, welche, trotzdem inzwischen Maschinen zum großen Theil die Handarbeit ersetzt haben, im Stobwasserschen Geschäft aus alter Anhänglichkeit bis heute äußerlich erhalten geblieben ist, während die seitdem entstandenen ähnlichen Unternehmungen von Anfang an die neuerdings übliche unmittelbare Abrechnung zwischen dem Arbeiter und dem Fabrikanten gewählt haben. – Die Stobwassersche Fabrik zog nun die Anfertigung von Lampen in den Bereich ihrer Thätigkeit und erwarb sich und Berlin einen geachteten Namen in diesem Geschäftszweige. Die messingene Schiebelampe mit ihrem gleichmäßig ruhigen Licht wurde der Hausfreund in den weitesten Kreisen, und wenn sie auch die ihr gespendete Gunst nicht ebenso gleichmäßig vertheilte, wenn auch der Oelkasten zugleich ein Schattenspender war, so daß dies Licht nicht parteilos über die ganze Familie sich ergoß, so war doch der Fortschritt ein derartig „einleuchtender“, daß die „gemüthliche Schiebelampe“ später schwer zu vertreiben war und sogar, trotzdem ihre Anlage gar nicht darauf berechnet war, für Petroleum umgemodelt wurde.

Der Bronzeguß.

In Frankreich hatte man inzwischen neue praktischere Formen für Rüböllampen erdacht. Nacheinander kamen von Paris aus die „Astrallampe“ mit ihrem kreisrunden Oelbehälter und der „Moderateur“, bei dem das Oel aus dem Reservoir herausgepumpt wurde, nach Deutschland und regten zu Nachbildungen für den deutschen Markt an. Die Firma Stobwasser schenkte allen diesen neuen Erscheinungen ein aufmerksames Auge, und es ist bezeichnend, daß ihre Rübölschiebelampen und Moderateure noch jetzt für gewisse Liebhaber in Deutschland und für die Ausfuhr weiter angefertigt werden. Bald aber regte sich in Berlin selbst ein tüchtiger Wetteifer, und namentlich zwei junge Leute, die von der Pike auf gedient, im Stobwasserschen Geschäft und in Paris ihre Erfahrungen gesammelt hatten, die noch lebenden Inhaber der Firma Wild und Wessel, halfen, aber für eigene Rechnung, in der Mitte der fünfziger Jahre die französischen besseren Lampen durch zuverlässiges inländisches Fabrikat gänzlich vom deutschen Markt verdrängen. Inzwischen waren auch verschiedene Mineralöle auf den Kampfplatz getreten. Photogen und Solaröl trachteten danach, das Kind des Rapses abzulösen, und wenn diese Lichtspeisen auch nicht viel Boden zu gewinnen vermochten, so regten sie doch den Erfindungsgeist mächtig an und gaben Anlaß zu Fortschritten in der Lampenfabrikation, welche bei der großen Umwälzung in der Beleuchtungsfrage, die sich jetzt näherte, von ganz wesentlichem Vorteil waren.

Am Löthofen.

Das Jahr 1859 trat unter denkwürdigen Erscheinungen ins Leben; sein erster Tag brachte den Neujahrsgruß Napoleons III. an den österreichischen Gesandten, welcher die Nationalitätsfrage in Italien aufrollte und in der Folge der Karte Europas eine gänzlich veränderte Gestalt gab; und während so große Ereignisse ihre Schatten voraus warfen, kam eine neue flüssige Lichtquelle von jenseits des Meeres in den sich verjüngenden Welttheil, kam das erste amerikanische Petroleum nach Europa. Schon die erste Sendung erregte eine völlige Revolution. Es fanden sich kühne Leute, welche die vorsorglich mitgesandten Lampen sammt dem neuen Brennstoffe zu probieren sich erdreisteten, und als man gesehen, daß alles gut war, stürzte sich die deutsche und im besonderen die Berliner Fabrikation mit Eifer auf das neue Gebiet und arbeitete so nachhaltig, daß sehr bald zwar das amerikanische Rohprodukt recht gesucht war, die amerikanischen Lampen aber überflüssig waren. Die Lampenfabriken schossen in Berlin aus der Erde hervor

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_027.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)