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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)

dazu! Und weil es doch Klostergut ist, das Du verbesserst, so will ich auch mein Theil dazu geben. Das Holz, das Du nöthig hast zum Bau, kannst Du in meinen Wäldern schlagen, und das Eisenwerk, das Du brauchst, magst Du in der Klosterschmiede holen. So bleibt Dir nur die Arbeit zu leisten … und wenn Du schon grade daran bist, magst Du auch gleich das ganze Häuschen ein wenig nachbessern, neue Dielen legen, im Dach die Lücken schindeln … was halt nöthig ist. Gelt?“

„Wohl wohl, Herr! Und … und saget es ihm nur gleich, was ich alles für ihn thu’!“

„Das will ich ihm freilich sagen. Fang’ nur gleich an zu schaffen … und alles fest und gut, Eggebauer! Gelt? Ich will schon nachschauen jede Woch’.“

Lächelnd, doch ohne Gruß, ritt Herr Heinrich davon.

Es schien, als wäre dem Eggebauer schwindlig geworden, denn er griff mit beiden Armen in die Hecke. Mit starren Augen blickte er dem Propste nach, und als er ihn zwischen den Bäumen verschwinden sah, wischte er sich den Schweiß vom Gesicht, trocknete die nassen Hände an der Hüfte und murmelte: „Da hab’ ich mir eine schöne Supp’ eingebrockt! Jetzt friß, Bauer, friß!“

(Fortsetzung folgt.)




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Ulrich Schmidel, der älteste Geschichtschreiber Südamerikas.

Ein Beitrag zur Entdeckungsgeschichte der Neuen Welt.
Von Erdmann A. Schäfer.

Im ausgehenden Mittelalter lebte in der dazumal freien deutschen Reichsstadt Straubing eine hochangesehene Patrizierfamilie, die den schlichten Namen Schmidel führte. Sie gehörte zu den ältesten Geschlechtern Bayerns und spielte seit dem Jahre 1364 in der Stadtgeschichte von Straubing eine hervorragende Rolle. Friedrich III. hatte sie geadelt und ihr ein Wappenschild verliehen, und verschiedene Mitglieder der Familie waren als Bürgermeister zur höchsten Würde gelangt, die ihre Vaterstadt zu vergeben hatte. Am weitesten aber scheint es Wolfgang Schmidel gebracht zu haben, der als Zeitgenosse von Luther und Kolumbus jene großen Tage miterlebte, mit denen die Geschichte der Welt die neue Zeit anheben läßt. Dreimal ist er Bürgermeister von Straubing gewesen und hat auch sonst verschiedene Aemter und Würden bekleidet. Als er im Jahre 1511 das Zeitliche segnete, hinterließ er drei Söhne: Friedrich, Thomas und Ulrich. Während die beiden älteren Brüder ihrem Vater nacheinander in Aemtern und Ehren folgten, blieb es dem jüngsten vorbehalten, durch seine Theilnahme an einer der denkwürdigsten Unternehmungen, die in jenem Zeitalter der Entdeckungen und Eroberungen ausgeführt wurde, den Namen seines Geschlechtes über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus bekannt und berühmt zu machen und durch die Schilderung seiner kühnen Reisezüge der erste Geschichtschreiber einer neuen Welt zu werden.

„Guten Morgen!“
Nach einem Gemälde von L. Wittich.

Jahr und Tag der Geburt Ulrich Schmidels konnten bis heute nicht mit unanfechtbarer Sicherheit festgestellt werden. Ebenso fehlen glaubwürdige Nachrichten über seine Jugendzeit. Seine charaktervolle Handschrift indessen, sowie einige seinem Reisebericht eingefügte litterarische Citate lassen vermuthen, daß er eine gute Schule besucht habe. Ein Regensburger Chronist nimmt an, daß sich Ulrich schon im Knabenalter nach Antwerpen begeben habe und in einem dortigen Kaufhaus thätig gewesen sei. So viel ist sicher, daß er an diesem Platze jenen Entschluß faßte, der für sein Leben von entscheidender Bedeutung werden sollte. Er mochte etwa 25 Jahre alt gewesen sein, als er sich „per mare (zur See) nach Cadiz in Hispaniam“ begab, um an der großen Expedition theilzunehmen, welche von Pedro de Mendoza daselbst vorbereitet wurde. Bestehend aus „14 große schieff vonn aller munizion unnd notturfft woll geriest, die habenn wollen fharen nach Rio delle Platta inn Inndiam“, verließ die stolze Flotte am 1. September 1534 den spanischen Hafen San Lucar. „2500 Spanier und 150 Hochteusche, Niederlennder unnd Sachsen, wol gerist mit pixenn unnd gewertenn“, waren die Bemannung, und dazu kamen noch 72 Pferde.

Das Wanderleben, welches mit diesem Augenblick für Schmidel anhob, seine zwanzigjährigen Kreuz- und Querzüge durch den größten Theil des südamerikanischen Festlandes bilden den Inhalt seines berühmten Reisewerkes, das im Jahre 1567 zu Frankfurt a. M. zum ersten Male gedruckt wurde und den Titel führte „Warhafftige unnd liebliche Beschreibung etlicher fürnemen Indianischen Landtschafften und Insulen, die vormals in keiner Chronicken gedacht und erstlich in der Schiffart Ulrici Schmidts von Straubingen, mit großer gefahr erkündigt, und von jhm selber auffs fleißigst beschrieben und dargethan.“

Nach einer mehrmonatigen, durch längeren Aufenthalt auf den kanarischen und kapverdischen Inseln unterbrochenen Seefahrt wurde die amerikanische Küste in der Nähe des heutigen Rio de Janeiro erreicht. Hier spielte sich das erste blutige Drama ab, welches das gesammte koloniale Leben Südamerikas kennzeichnet und einen Schlüssel abgiebt für die zahlreichen Räthsel der spanisch-amerikanischen Geschichte. Auf Befehl des kommandierenden Admirals nämlich wurde der Unterfeldherr Juan de Osorio „mit tolchen“ getötet und mitten auf den Platz gelegt „für einen fereter“.

„Man hat im unrechts gethon,“ meint Schmidel, „das weiß Gott der almechtig, der sey ihme genedig; er ist ein fromer, aufrechter und dapferer Kriegsman gewest, hat die Kriegsleut nur woll gehalten.“

Im Jahre 1535 ging die Flotte im Rio de la Plata vor

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 476. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_476.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)