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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892)


in dieser Feuergluth, diesem Gepoch, Gerassel, Gestöhn, das ringsum durch die Nacht lärmte?

„Also morgen, wirklich morgen? Sag’ es selbst, Claire, sonst glaub’ ich es nicht! Und auf wie lange? Auf Jahre ... auf immer vielleicht? Nein, nicht auf immer! So sprich doch, ich muß es wissen! Ich gehöre ja Dir, nicht Deinem Vater, nicht den Merks, niemand, nur Dir, Dir! Hörst Du, Claire?“ Er sprach flehend und doch befehlend, wie auf ein Recht pochend. Er umfaßte sie stürmisch. Das war kein Spiel, kein kindliches Ringen, auch nicht die Wärme der Freundschaft.

Claire schauerte vor einem fremden Gefühl, das sie zum ersten Male in ihrem Leben durchzitterte. Sie wollte fliehen, sie war empört über den Zwang, den ihr dieser Knabe auferlegte, über das stürmische, fast rohe Begegnen, über die Rücksichtslosigkeit, mit welcher er, der sonst jedem Winke ihrer Augen gehorcht hatte, die Kluft zwischen ihnen übersprang. „Laß mich, ich bereue, daß ich gekommen bin. Mein Vater hatte ganz recht, es mir zu verbieten. Laß mich doch, Du thörichter Junge – wie Du aussiehst, wie Du sprichst! Ich fürchte mich vor Dir!“

v. Lenbach. 0 Gen.-Int. v. Perfall.
 Frau v. Lenbach.       Fürst Bismarck.
Prof. Schweninger.   Fürstin Bismarck.

Der Besuch des Fürsten Bismarck in der „Allotria“ zu München.
Nach einer Zeichnung von Fritz Bergen.

Hans ließ sie los, seine Arme fielen schlaff herab, und – sie floh nicht; jetzt, wo sie offenbar die Herrschaft über ihn wiedererlangt hatte, sah sie mit Neugierde in das kummervolle Gesicht.

„Verzeih’ Claire, ich bin ganz wirr, ich wollte eben zu Dir, trotz Deines Vaters, um Abschied zu nehmen. Es hielt mich etwas auf, etwas Fürchterliches; da sah ich Dich, da verlor ich den Verstand vor Freude – vor – ich weiß selbst nicht; es ist ja das letzte Mal – dann bin ich ganz allein, dann kommt kein Sonntag mehr ... ich hab’ keine Mutter – keinen –“ Er stockte. „Niemand, niemand hab’ ich, und Paris ist so weit und ich werde nie etwas hören von Dir – begreifst Du denn meinen Schmerz nicht?“

„Weil ich’s begreife, bin ich gekommen, obwohl der Vater es verboten hat,“ entgegnete Claire. „Aber in zwei Jahren bin ich ja wieder zurück, dann sind wir beide erwachsene Leute und können uns sehen, so oft wir wollen.“

Hans schüttelte betrübt den Kopf. „In zwei Jahren bist Du eine vornehme Dame.“

„Werde ich das dann nicht ebenso sein, wenn ich zu Hause

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1892). Leipzig: Ernst Keil, 1892, Seite 489. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1892)_489.jpg&oldid=- (Version vom 8.4.2024)