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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)


in grünem Rock, grünen Beinkleidern und rother Weste und mit einer Art von Hut, der aus einem Fuchsfell verfertigt war. Ein Hoher Priester der Sonne durfte er sich nennen, weil die Sonne bei den gottesdienstlichen Verrichtungen der alten Druidenpriester, bei Opfern etc., eine große Rolle spielte: weiß gekleidet und mit Eichenlaub bekränzt, folgte der opfernde Priester in allen seinen Bewegungen dem Laufe der Sonne. In seinem 81. Jahre heirathete Dr. Price seine Wirthschafterin, ein junges Mädchen von 19 Jahren, und aus der Ehe ging auch ein Kind hervor, das aber sehr bald starb. Es wurde von dem Hohen Priester auf einem großen Holzstoß auf freiem Felde unter Absingung alter Druidengesänge verbrannt.

Blut und Gebirgsluft. Wir wissen seit geraumer Zeit, daß die Höhenluft nachdrücklich und in bestimmten Grenzen auch heilsam auf den menschlichen Körper einwirkt. Die Aerzte nennen das Gebirgsklima ein erregendes, aber sie sind nicht imstande, zu erklären, auf welche Weise sich dieser wohlthätige Einfluß geltend macht. Einiges Licht in unsere Kenntniß von den Umwälzungen, die sich im Körper beim Verlassen der Tiefebene vollziehen, wurde neuerdings durch Studien über die sogenannte „Bergkrankheit“, die beim Besteigen hoher Gipfel zu entstehen pflegt, gebracht. Je höher wir steigen, desto dünner wird die Luft. Sie bleibt sich zwar in ihrer Zusammensetzung annähernd gleich, aber dem Gewichte nach ist in einem Liter Bergluft weniger Sauerstoff enthalten als in einem Liter Luft der Tiefebene. Wenn z. B. am Meeresspiegel in 1 Liter Luft 100 Gewichtstheile Sauerstoff enthalten sind, so sinkt die Menge des belebenden Gases bei 1000 m Höhe auf 88,2%, bei 2000 m auf 77,8% und bei 5000 m beinahe auf die Hälfte, nämlich 53,5%. Mit jedem Athemzug führt somit die Lunge in dem Hochgebirge dem Blute weniger Sauerstoff zu als in der Tiefebene. Wie nun Blutuntersuchungen von Leuten, die sich im Hochgebirge aufhielten, gezeigt haben, paßt sich der Körper den neuen Verhältnissen an. Die rothen Blutkörperchen sind es, die sich in der Lunge mit dem Sauerstoff beladen und ihn mit dem Blutkreislauf allen Organen des Körpers zuführen. Beim Aufenthalt im Hochgebirge wächst nun die Zahl der rothen Blutkörperchen im Menschen um viele Millionen; verläßt man aber das Hochgebirge und kehrt in die Tiefebene zurück, so nimmt die Zahl der rothen Blutzellen wieder ab. Denselben Vorgang hat man auch bei den Lamas festgestellt, die auf den Hochplateaus der südamerikanischen Anden leben. Diese eigenartigen Wirkungen sind neuerdings auch in Deutschland schon in Höhen von 600 bis 700 m beobachtet worden und sie beweisen wohl, daß die Heilsamkeit des Aufenthalts im Gebirgsklima nicht allein in der Reinheit der Gebirgsluft und im Bergsteigen zu suchen ist. Der verminderte Luftdruck scheint die Lebensthätigkeit einzelner Zellen besonders zu steigern, und da die Zellen den Kampf gegen unsere Feinde, die Bakterien, zum großen Theile führen, so erweisen sich die Einflüsse der Höhenluft vielleicht gerade aus diesem Grunde so heilsam gegen die wichtigste der bakteriellen Krankheiten, gegen die Lungenschwindsucht. *     

Geheimschriften. „Noth und Liebe macht Künstler und Diebe,“ sagt das Sprichwort – Noth und Liebe haben auch die Entstehung einer Kunst verursacht, die heutzutage, dank der sicheren Postverbindung, außer in diplomatischen Kreisen wenig mehr im Schwang ist, die Chiffrierkunst. Ihre ersten Anfänge reichen bis ins Alterthum zurück. Man kam allmählich auf die mannigfaltigsten Ideen, um Schriften für uneingeweihte Augen unlesbar zu machen. Das einfachste war, die Buchstaben durch andere oder durch Zahlen zu ersetzen. Dabei konnte man noch mittels veränderter Gruppierung der Buchstaben für die einzelnen Wörter die Lösung erschweren. Für „Schicket uns“ schrieb man z. B. unter Einsetzung je des folgenden Buchstabens und anderer Trennung der Wörter „TDI KDLFUV OT.“ Merkwürdig in seiner Einfachheit ist das System, nach welchem man das Alphabet in Gruppen von 4, 5 oder mehr Buchstaben ordnet und dann jede Gruppe, innerhalb der Gruppe wieder die einzelnen Buchstaben nummeriert. So wird „Abend“ zu „1 1 2 1 3 2 3 1 2 4“, wenn a g m p = Gruppe 1, a also = 11; wenn b i r d = Gruppe 2, b also = 21 und d = 24; wenn endlich n e v t = Gruppe 3, n also = 31 und e = 32 ist. Ein noch raffinierteres und dabei doch für den Eingeweihten leicht faßliches Verfahren, die Buchstaben durch Zahlen darzustellen finden die Leser im „Gartenlaubekalender“ für 1892 auseinandergesetzt. Auch mechanische Mittel wurden angewandt, ähnlich wie sie noch heute hier und da als Spielerei vorkommen, so z. B. Cartons, die an bestimmten Stellen durchlöchert waren; man legte den Carton aufs Papier, schrieb in die Lücken und füllte den Raum zwischen den so entstandenen Buchstaben oder Worten geschickt aus, so daß nur der Besitzer eines gleichen Cartons durch Auflegen dieses „Schlüssels“ das Kauderwelsch entziffern konnte. Heutzutage könnte man zwei besonders konstruierte Phonographen anwenden und sich die Staniolblättchen zusenden!

Die mechanischen Mittel leiden indessen an dem Uebelstand, daß sie leicht nachgemacht werden können und daß, wenn sie verloren gehen, auch der Adressat nichts mehr herausbringen kann. Eine Methode von größerer Sicherheit ist daher die folgende: man benutzt zwei ganz gleiche Bücher, namentlich Wörterbücher, und bestimmt jedes Wort, indem man sich dessen Seiten-, Zeilen- und Wortzahl in dem betreffenden Buche schreibt. Angenommen, ich will das Wort „groß“ übermitteln und dieses ist in dem Buche das 7. Wort auf Seite 23 in der 12. Zeile, so schreibe ich 7 X 12, 23 oder 7 oder 7, 12, 23; bei Telegrammen, wo die beiden ersteren Arten nicht wohl ausführbar sind und bei der dritten die Kommas leicht vergessen werden, wähle man etwa die Form: 7 XII 23. Gesetzt, es hätte jemand das Prinzip dieser Geheimschrift entdeckt, so weiß er doch noch lange nicht das der Sache zu Grunde liegende Buch, das herauszufinden nur auf Grund eines überaus günstigen Zufalls möglich wäre. Dieses System wurde auf die komplizierteste Weise vervollkommnet und so beinahe unbedingte Sicherheit gegen ein Entziffern erreicht. Aber auch damit war noch nicht allen Ansprüchen Genüge geleistet. Vielleicht wollen sich zwei etwas mittheilen, ohne daß überhaupt äußerlich an dem Schriftstuck etwas auffallen soll, was auf eine Geheimschrift hindeuten könnte. Einer willkürlichen, schrankenlosen Polizeigewalt gegenüber kann unter Umständen ein verdächtig erscheinendes Schriftstück oder Druckwerk, auch wenn sein Inhalt unbekannt bleibt, belastend genug sein, um unangenehme Folgen nach sich zu ziehen. Hier tritt nun die Chemie mit ihren Hilfsmitteln ein. Man kann zahlreiche chemische Substanzen zum Schreiben verwenden, die zunächst farblos sind und erst durch irgend eine Manipulation dunkel oder wenigstens sichtbar werden.

So bräunt sich z. B. durch Erwärmen alles, was mit Citronen- oder Apfelsaft oder mit Zuckerlösung geschrieben ist; mit verdünnter Eisenchloridlösung Geschriebenes wird durch Ueberschütten mit gelbem Blutlaugensalz blau. Das beste Mittel aber ist salzsaures Kobaltoxydul (Cobaltchlorür), ein an sich rosafarbenes, in verdünnter wässeriger Lösung jedoch farbloses Salz. Schreibt man damit auf gelbliches oder noch besser auf rosa gefärbtes Papier, so ist nichts zu sehen. Will man nun nicht ein unbeschriebenes Blatt absenden, was immerhin Verdacht erregen könnte, so schreibt man irgend eine gleichgültige Mittheilung mit gewöhnlicher Tinte und zwischen diese sichtbaren Zeilen mit dieser Lösung die geheime Nachricht. Der Empfänger braucht dann das Blatt nur zu erwärmen, so treten die Buchstaben in schöner blauer Farbe deutlich hervor, um dann – und das ist das besonders Günstige bei diesem Mittel – wieder zu verschwinden, wenn das Papier erkaltet. O. N.     

Giftige Gummiwaren. Ein Student Namens Bulowsky hat sich unter Leitung des Professors Erismann am hygieinischen Institut zu Moskau der mühsamen, aber dankenswerthen Arbeit unterzogen, die Giftigkeit der Gummiwaren zu prüfen, mit denen Kinder in dauernde Berührung kommen. Bulowsky untersuchte 36 Gegenstände, Saughütchen, Ringe und verschiedene Spielsachen, die zumeist aus russischen, doch auch aus deutschen und französischen Fabriken stammten. Aus den Ergebnissen der von der medizinischen Fakultät zu Moskau preisgekrönten Arbeit möge einiges den zahlreichen „Interessenten“, d. h. allen Müttern kleinerer Kinder, zur Beherzigung empfohlen sein:

1. Unschädlich sind schwarze Gummisachen, wenn sie auf Wasser schwimmen, sowie alle Gegenstände aus rothem und rotbraunem Gummi.

2. Alle grauen Gummisachen können schädlich werden, zumal wenn sie, wie Saughütchen, längere Zeit Flüssigkeiten, z. B. Milch und Speichel, ausgesetzt werden; sie enthalten mehr oder weniger Zinkoxyd.

3. Sehr gefährlich sind schwarze Gummisachen, die im Wasser untersinken; sie enthalten Blei, das bekanntlich ein äußerst gefährliches Gift ist.

4. Die Farben, mit denen Gummiwaren bemalt sind, enthalten öfter giftige Substanzen.

Praktisch ließen sich daraus folgende Lehren ziehen: man gebe den Kindern nur unbemalte Gummisachen in die Hand oder in den Mund; sie sollen aus rothem (rothbraunem) Gummi oder aus solchem schwarzen Gummi hergestellt sein, der in Wasser schwimmt. Grauer Gummi darf kleinen Kindern nicht gegeben werden. Schwarzer Gummi, der im Wasser untersinkt, ist am besten überhaupt zu entfernen aus einem Hause, in dem kleine Kinder sich befinden. H. E. K.     



Kleiner Briefkasten.

(Anfragen ohne vollständige Angabe von Namen und wohnung werden nicht berücksichtigt.)

Fr. Br. in Dortrecht. Doch, die Abnahme der eingeborenen Bevölkerung in Frankreich ist eine statistisch nachgewiesene Thatsache. Nach Otto Hübners geographisch-statistischen Tabellen, herausgegeben von Profefsor Juraschek (1892. Verlag von Heinr. Keller in Frankfurt a. M.), betrug im Jahre 1890 in Frankreich auf 10000 Einwohner die Zahl der Lebendgeborenen 219. die der Gestorbenen 229, was also eine Abnahme von 1 auf das Tausend oder 1‰ bedeutet. Nur durch die Einwanderung wird der Abmangel ausgeglichen, so daß thatsächlich noch eine geringe Zunahme der Gesamtbevölkerung herauskommt. Für den Zeitraum von 1886 bis 1891 betrug sie im ganzen 0,32%; in Deutschland während desselben Zeitraums 1,07% jährlich.

Th. P. in Basel. Das ist sehr wohl möglich! Ein Schuß aus Geschützen schwersten Kalibers, wie sie insbesondere für die Küstenbefestigung verwendet werden, kostet allemal ein kleines Vermögen. Im Jahre 1890 wurde aus den Kruppschen Werken ein Riesengeschütz nach Kronstadt geliefert, eine 34 cm-Kanone von 235 Tonnen Gesamtgewicht. Die Länge des Rohrs betrug 12,2 m, der größte Durchmesser 2 m. Bei dem in Gegenwart russischer Offiziere zu Meppen abgehaltenen Probeschießen durchschlug das 11/4 m lange. 1800 Pfund schwere Geschoß mit einer aus 700 Pfund Pulver bestehenden Ladung einen 50 cm starken Stahlpanzer und flog dann noch 1200 m weit. Ein einziger solcher Schuß kostet die runde Summe von 5000 bis 6000 Mark.


Inhalt: Schwertlilie. Roman von Sophie Junghans (11. Fortsetzung). S. 409. – Am Stammtisch. Bild. S. 409. – Das Theater während der französischen Revolution. Von F. A. von Winterfeld. S. 414. – Glockenklang. Gedicht von Richard Zoozmann. Mit Bild. S. 415. – Weltausstellungsbriefe aus Chicago. Von Rudolf Cronau. II. S. 416. Mit Abbildungen S. 412, 413, 416 und 417. – Das Kellnertrinkgeld. S. 418. – Aus dem Harz. S. 419. Mit Abbildungen S. 420 und 421. – Das Rechte. Novelle von Adelheid Weber (Schluß). S. 420. – Originalgestalten der heimischen Vogelwelt. Thiercharakterzeichnungen von Adolf und Karl Müller. 9. Philister und Plebejer. S. 424. Mit Abbildung S. 425. – Leibesübungen und Sportkünste. S. 427. – Blätter und Blüthen. Der letzte der Druiden. S. 427. – Blut und Gebirgsluft. S. 428. – Geheimschriften. S. 428. – Giftige Gummiwaren. S. 428. – Kleiner Briefkasten. S. 428.



Nicht zu übersehen! Mit der nächsten Nummer schließt das zweite Quartal dieses Jahrgangs der „Gartenlaube“; wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellung auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Postabonnenten machen wir noch besonders darauf aufmerksam, daß der Abonnementspreis von 1 Mark 60 Pf. bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs bei der Post aufgegeben werden, sich um 10 Pfennig erhöht.

Einzeln gewünschte Nummern der „Gartenlaube“ liefert auf Verlangen gegen Einsendung von 30 Pfennig in Briefmarken direkt franko die Verlagshandlung:

Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. 



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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