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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893)

übergeführt, wo es die Stirnseite des Stiegenhauses ziert. In der Nähe des Restaurationsraumes befindet sich das schöne Grillparzerdenkmal von K. Kundmann mit Reliefs von Rud. Weyr.

An Dienstagen und Freitagen finden im Restaurationsgarten, der an diesen Tagen durch ein Gitternetz von dem übrigen getrennt ist, die beliebten Gartenfeste mit der Kapelle Strauß und einer Militärkapelle statt, mit prächtiger Beleuchtung, starkem Besuch und erhöhtem Eintrittspreis. Draußen vor dem Netze sammelt sich dann eine dichte Schar, welche sich den Genuß ihrer Lieblingsmusik auf billigere Weise verschafft und sich dabei noch das Vergnügen machen kann, die elegante Welt der drinnen Lustwandelnden neugierig anzustaunen.

Das Donauweibchen.  
  Im Stadtpark.

Manche Sitze der alten Adelsgeschlechter liegen heute noch inmitten von ausgedehnten Parkanlagen, die zum größten Theile, dank dem schönen Gemeinsinn lhrer Besitzer, dem Besuch des Publikums zugänglich sind. In erster Linie muß hier der Liechtensteinsche Hofgarten im neunten Bezirk genannt werden, in dessen vorderem Theile sich das einstmalige Sommerpalais mit der berühmten Liechtensteinschen Bildergalerie befindet. Viele von den adeligen Gartenpalästen sind aber im Laufe der Zeit in fremden Besitz übergegangen. So das Eßterhazypalais mit dem von ungezählten Kinderscharen wimmelnden Garten in den Besitz der Gemeinde. Beide bildeten im vorigen Jahrhundert den stolzen Sommersitz des allmächtigen Ministers Fürsten Kaunitz. Der einstmalige Fürst Rasumofskysche Garten auf der Landstraße ist vollständig in Bauplätze verwandelt, der Graf Schönbornsche Garten im achten Bezirk eine öffentliche städtische Anlage geworden.

Die grünen Oasen alle aufzuzählen, welche sich noch hier und da zwischen den neu erstehenden Häusergevierten erhalten haben und die oft mit rührender Liebe gepflegt werden, würde zu weit führen. Von bemerkenswerthen Anlagen seien nur noch erwähnt die Rothschildschen Gärten auf der hohen Warte und in der Theresianumgasse, der Springersche Garten in der Alleegasse, der Clam Gallas’sche, ehemals Dietrichsteinsche Garten in der Währingerstraße, der Garten des Allgemeinen Krankenhauses, der ausgedehnte prachtvolle Park der Landesirrenanstalt; ferner die öffentlichen Anlagen vor den k. k. Hofmuseen, dem neuen Rathhaus, auf dem Börsen-, Schiller-, Beethoven-, Maximilianplatz und endlich die Parkanlage auf der Türkenschanze, eine Schöpfung der jüngsten Zeit. Die Eröffnung dieses Parkes wurde zu einem denkwürdigen Merktag in der Geschichte der Stadt Wien, da der Kaiser bei dieser Gelegenheit die baldige Beseitigung der Linienwälle und die Schaffung Groß-Wiens verkündete.

Die Gärten und Anlagen, von denen wir bis jetzt gesprochen haben, genügen dem örtlichen Erholungsbedürfnisse der einzelnen Bezirke und Vorstädte und sind ein sehr werthvoller Ersatz für die Sommerfrische, welche die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung einer Großstadt entbehren muß. Aber außer dem Wienerwald, der füglich als ein Naturpark im großartigsten Stile gelten kann, besitzt Wien noch zwei große, herrliche Lustquellen, die zu gleicher Zeit Hunderttausenden Erquickung und mannigfache Zerstreuung bieten: den k. k. Lustpark zu Schönbrunn und den Prater.

Unmittelbar angrenzend an die südwestlichen Vororte Meidling, Gaudenzdorf, Sechshaus breitet sich der herrliche, in großartiger Vereinigung von Kunst und Natur prangende Park von Schönbrunn über ein sanft ansteigendes Hügelgelände aus. Das weithinschimmernde Schloß, nach den Plänen Fischers von Erlach unter Maria Theresia und Kaiser Josef II. erbaut, nimmt den untersten Theil des weitläufigen Geländes ein, an den sich ein großartiges Gartenparterre, mit Blumenbeeten, Bassins, Marmorgruppen geschmückt, anschließt.

Mächtige Baumwände, aus deren Nischen kostbare Marmorstatuen hervorblinken, begrenzen das Parterre zu beiden Seiten. Den Abschluß nach rückwärts bildet eine Anhöhe, an deren Fuß sich ein großes Bassin mit einer gewaltigen Marmorgruppe befindet: „Thetis, den Schutz Neptuns für die Fahrt des Achilles erbittend.“ Dahinter führt eine sanfte Anhöhe bis zur „Gloriette“, einem herrlichen, hellschimmernden Bau, von luftigen Säulenhallen flankiert und gekrönt mit einer barocken, aus Kriegstrophäen gebildeten Giebelgruppe. Von hier aus genießt man eine entzückende Fernsicht über Wien, das Wienthal und die südlichen Höhen des Wienerwaldes.

Rechts und links von dem genannten Parterre sind die eigentlichen Gartenanlagen mit großen schnurgeraden Alleen und anmuthiger Abwechslung von Baumgruppen, Hecken und freien springbrunnengeschmückten Plätzen. Die Nachahmung einer römischen Ruine in einem romantischen Walddickicht, ein auf vier großen, vergoldeten Schildkröten ruhender Obelisk, Springbrunnen mit Marmorgruppen bilden wirksame Abschlüsse der im Zopfstil gehaltenen, wie grüne Mauern stehenden Alleen. Ein sogenannter

Irrgarten mit mäandrisch verlaufenden Wegen ist ein beliebtes Ziel der Sonntagsbesucher. An schönen Sommertagen fluthet

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1893). Leipzig: Ernst Keil, 1893, Seite 456. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1893)_456.jpg&oldid=- (Version vom 21.7.2022)